
Geldanlage Warum Sie sich jetzt ein Wertpapierdepot zulegen sollten


Haben Sie sich auch etwas für 2023 vorgenommen? Eines der Projekte, die Sie unbedingt angehen sollten, ist, Ihre Geldanlagen auf den Prüfstand zu stellen. Weil es jetzt wieder Zinsen gibt – und richtig Inflation.
Deswegen brauchen Sie jetzt endlich ein Depot.
In den vergangenen zwei Monaten habe ich zahllose Interviews zum Thema Geldanlage in Zeiten der Inflation gegeben. Die Zinsen seien endlich zurück, was die Bürgerinnen und Bürger nun mit ihrem Ersparten machen sollen?
Eigentlich liegt schon in der Frage ein Fehler. Nämlich die Annahme, dass jetzt für Sparerinnen und Sparer alles anders und besser werde, wo doch die Zinsen zurück sind.
Die Zinsen sind zurück
Mit Verlaub, dem ist nicht so. Die Inflation und die aktuelle Zinssituation nutzen zwar den Bilanzen der Banken, Ihnen als Sparer nutzen sie deswegen noch lange nicht. Jahrelang gab es zwar praktisch keine Zinsen, viele Sparerinnen und Sparer mussten sogar kämpfen, damit sie den Banken keine Verwahrentgelte für das Geld auf ihren Konten zahlen mussten.
Gleichzeitig lag die Inflation aber bei zwei Prozent oder darunter. Das heißt: Geld, das unverzinst auf der Bank geparkt war, verlor jedes Jahr zwei Prozent an Wert. Das war unerfreulich. Deswegen lautete unsere Empfehlung bei »Finanztip«: Legen Sie einen Teil des Geldes, das Sie langfristig nicht brauchen, in einen marktbreiten, weltweiten Aktienindexfonds an. Solche Fondsanteile hortet man nicht zu Hause im Safe, sondern auf einem speziellen Konto für Wertpapiere – dem Depot .
Fünf Prozent Wertverlust statt zwei Prozent
Damals waren die Zeiten für Kontosparer noch vergleichsweise gut, denn ihr Erspartes verlor nur zwei Prozent an Kaufkraft im Jahr.
2022 lag die Inflation bei knapp acht Prozent – und auf den meisten Konten gab es immer noch keine Zinsen oder nur minimale. Wenn Sie richtig auf Draht waren, haben Sie im Herbst 2022 ein Festgeldkonto gefunden, das Ihnen für die kommenden drei Jahre jährlich drei Prozent Zinsen zahlt.
Acht Prozent Inflation, maximal drei Prozent Zinsen. Das ist eine richtig schlechte Kombination für Sparerinnen und Sparer, denn ihr Erspartes verliert – selbst wenn sie nach guten Zinsen gesucht haben – gerade rund fünf Prozent an Wert.
Mit Tagesgeldkonten hätten Sie seit 2004 sogar nur in einem einzigen Jahr ein Plus gemacht gegenüber der Inflation. Und das war im Krisenjahr 2009.
Langfristig die bessere Alternative: Depot
Deswegen sage ich Ihnen 2023 vielleicht noch eindringlicher als in den Jahren zuvor: Wenn Sie langfristig sparen wollen und kein Häuschen abzubezahlen haben, packen Sie Ihr Erspartes in ein Wertpapierdepot, erfreuen Sie sich an der langfristigen Wertentwicklung von Aktien und sitzen Sie die kurzfristigen Schwankungen an der Börse einfach aus.
Damit ein solches Depot sich für Anlegerinnen und den Anleger richtig lohnt, sollte es natürlich nicht viel kosten. Jeder Euro Kosten schmälert die Rendite . Gerade bei langfristigen Anlagen ist dieser Effekt besonders gut zu sehen. Stellen Sie sich vor, Sie hätten Wertpapiere für 5000 Euro gekauft und in Ihr Depot gelegt. Ihr Aktienindexfonds hätte dann in den vergangenen zehn Jahren im Schnitt sechs Prozent an Wert zugelegt. Aus 5000 Euro wären damit fast 9000 Euro geworden. Auf dem Tagesgeldkonto wären aus den 5000 Euro gerade mal 5500 bis 5800 Euro geworden.
Wenn der Kauf der Wertpapiere, also der Anteile des Aktienindexfonds, 25 Euro gekostet hätte und Sie für die Lagerung auf dem Konto jedes Jahr 45 Euro an Depotgebühren hätten zahlen müssen – ein normaler Wert bei Volksbanken, Sparkassen oder großen Privatbanken – dann wären aus den 5000 Euro auch mit Ihrem erfolgreichen Aktienindexfonds nur 8316 Euro geworden – fast 650 Euro weniger.
Was kostet ein Depot?
Es ist also wichtig, ein günstiges Depot zu haben, bei dem solche Kosten nach Möglichkeit nicht anfallen. Kostenlose Depots finden Sie zum einen bei einigen Direktbanken wie ING, Consors, Comdirect oder 1822direkt. Und zum anderen bei einer Reihe neuer Wertpapierbroker, im Fachjargon Neobroker. Dazu gehören Firmen wie Finanzen.net Zero, Justtrade, Scalable Capital, Trade Republic oder Flatex.
Genauso wichtig, oder vielleicht sogar noch wichtiger, ist die Kostenfrage, wenn Sie beginnen, regelmäßig mit Indexfonds zu sparen. Stellen Sie sich vor, Sie kaufen zusätzlich zu Ihrer Einmalanlage von 5000 Euro jeden Monat für 200 Euro neue Anteile an dem Aktienindexfonds. Über zehn Jahre haben Sie dann weitere 24.000 Euro in den Fonds gesteckt – sofern der Kauf ohne Nebenkosten möglich ist. Das ist zum Beispiel bei der Direktbank ING der Fall und auch bei Neobrokern wie Scalable oder Trade Republic.
Bei klassischen Banken zahlen Sie bei solchen Sparplänen dagegen jeden Monat fünf Euro Kaufgebühren. Insgesamt sind das dann 600 Euro Gebühren. Wegen des Zinseszinseffekts über den Zeitraum verlieren Sie aber mehr als 800 Euro.
Nur wegen Ihres nicht besonders preiswerten Depots hätten Sie in zehn Jahren mit Ihrer Anlage von 5000 Euro und dem Sparplan zusammen über 1400 Euro verloren. Auf Ihrem Konto sind insgesamt 40.197 Euro statt 41.607 Euro. Und ich habe keineswegs Annahmen für ein besonders teures Modell getroffen.
Bei manchen Banken werden nämlich neben den Kaufkosten prozentual Verwaltungsgebühren für den Wert des Depots erhoben. Was sich harmlos anhört, schlägt richtig rein. Ein halbes Prozent Verwaltungsgebühr kostet die Sparerin oder den Sparer in unserem Beispiel nach zehn Jahren schon 200 Euro jährlich.
Depot eröffnen ganz einfach
Bleiben zwei Fragen. Erstens: Ist es kompliziert, ein Depot einzurichten ?
Nein, das ist es nicht. Wenn Sie das Depot bei einer Direktbank eröffnen, bei der Sie schon ein Konto haben, dann geht das Einrichten schnell und leicht. Ihr Depot funktioniert ähnlich wie ein weiteres Onlinekonto.
Wenn Sie zu einer Bank gehen, die Sie noch nicht kennt, müssen Sie die gleichen Schritte durchlaufen, wie beim Eröffnen eines Kontos. Zusätzlich zum Papierkram müssen Sie Ihre Identität nachweisen per Video-Ident-Verfahren – am Computer oder Handy oder über das Post-Ident-Verfahren in einer Postfiliale. Das kann einige Tage dauern.
In jedem Fall gehört zum Depot ein Verrechnungskonto. Entweder bei der Direktbank, bei der Sie das Depot eröffnen, oder – falls Sie sich für einen Neobroker entschieden haben – bei einer vom Neobroker ausgesuchten Bank. Vom Verrechnungskonto kaufen Sie die Wertpapiere, bezahlen sie und dorthin gehen auch mögliche Dividenden . Meine Kollegen bei »Finanztip« empfehlen natürlich nur Depots, bei denen dieses dazugehörige Konto nichts kostet.
Auf das Verrechnungskonto überweisen Sie normalerweise von Ihrem Girokonto das Geld für die Wertpapiergeschäfte. Dieses Ursprungskonto heißt im Fachjargon dann Referenzkonto.
Wie sicher ist das Geld in dem Depot?
Nun zur zweiten offenen Frage: Ist das Vermögen im Depot sicher? Ja, das Depot ist geschützt. Selbst wenn der Broker oder die Bank Pleite gehen sollten, blieben die Gelder auf dem Verrechnungskonto und im Depot sicher. Das Geld auf dem Konto ist Teil der gesetzlichen Einlagensicherung – und Ihre Wertpapiere werden getrennt vom Vermögen der Depotbank verwahrt. Was natürlich nicht heißt, dass die Anteile in Ihrem Depot nicht den normalen Börsenschwankungen unterworfen wären.
Der Wert Ihres Depots schwankt mit den Entwicklungen an der Börse . Je länger Sie dabeibleiben, desto weniger wichtig werden diese Schwankungen. Langfristig geht es seit Jahrzehnten bergauf. Und je breiter Sie anlegen, also je mehr unterschiedliche Aktien aus unterschiedlichen Ländern Sie in Ihrem Depot haben, desto kleiner ist das Risiko einzelner fauler Äpfel. In einem breit gestreuten Aktienfonds stecken 1500 Aktiengesellschaften aus über 20 Ländern.
In den vergangenen Jahrzehnten haben Anleger mit marktbreiten internationalen Aktienfonds nach 15 Jahren noch nie Geld verloren und im Schnitt sieben bis neun Prozent Rendite pro Jahr erzielt. Eben über die lange Frist regelmäßig deutlich mehr als die Inflationsrate.
Es gibt zwar keine Garantie dafür, dass das immer so bleibt, aber die Logik der breiten Streuung über Tausende unterschiedliche Unternehmen aus mehreren Dutzend Ländern mildert das Börsen-Auf-und-Ab deutlich. In den vergangenen 40 Jahren hat dies immer funktioniert. Das heißt, Anleger haben so ihr Vermögen real vermehrt. Das können Sie auch.
Am Berliner Ensemble, dem großen alten Theater, das Bertolt Brecht einst gegründet hat, steht derzeit der richtige Spruch zum Jahresbeginn : Ändern Sie die Welt, sie braucht es.
Fangen Sie mit Ihrer persönlichen Welt an. Lassen Sie Ihr Geld nicht verschimmeln. Als Nächstes können Sie es dann für Ihre Ziele einsetzen.