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Fotostrecke: Chemie in Outdoor-Kleidung

Foto: Marcus Meyer / Greenpeace

Belastete Outdoor-Kleidung Zurück zur Chemie

Die Hersteller von Outdoor-Kleidung werben gerne mit unberührter Natur. Die wetterfesten High-Tech-Klamotten enthalten allerdings eine ganze Reihe von Chemikalien, die Umwelt und Gesundheit belasten können, wie eine Greenpeace-Untersuchung zeigt.

Hamburg - "Draußen Zuhause" - der Slogan der Outdoor-Firma Jack Wolfskin zeigt beispielhaft, wie naturverbunden sich die Markenhersteller geben. Die High-Tech-Materialien für Jacken und Hosen, mit denen Polar-Expeditionen ausgestattet werden können, sind mittlerweile auch in Großstädten weit verbreitet - als Schutz gegen Herbstwind oder Sommerregen.

Die unschöne Kehrseite der Outdoor-Mode sind die Chemikalien, die verarbeitet werden, um die Spezialtextilien wetterfest und atmungsaktiv zu machen. Sie lassen sich einer Greenpeace-Studie zufolge  in der Markenkleidung von Adidas über Patagonia bis The North Face nachweisen.

Konkret geht es um sogenannte perfluorierte und polyfluorierte Kohlenwasserstoffe (PFC), äußerst persistente chemische Verbindungen. Das bedeutet, diese Stoffe werden in der Umwelt nur über extrem lange Zeiträume abgebaut. PFC kommen in der Natur nicht vor und werden schon seit mehr als 50 Jahren hergestellt. Mittlerweise hat man diese Chemikalien weltweit nachgewiesen, laut Greenpeace vom Schnee in den Alpen bis in die Tiefsee - sogar das Blut von arktischen Eisbären und der Dung von Pinguinen aus Feuerland sind demnach mit PFC belastet.

PFC werden nicht über die Haut aufgenommen, das Tragen der Outdoor-Jacken und Hosen ist also streng genommen nicht gesundheitsschädlich. Greenpeace kritisiert aber, dass die Hersteller sich nicht ausreichend um Alternativen bemühen - obwohl die meisten entsprechende Initiativen unterstützen oder selbst initiiert haben. Über die Umwelt können die Stoffe, über Nahrung, Trinkwasser und die Luft zudem auch in den menschlichen Organismus gelangen. Es gebe aktuelle Studien, die einen Zusammenhang der Stoffe mit verminderter Fruchtbarkeit, Schilddrüsenerkrankungen und Immunstörungen herstellen.

Auch die Greenpeace-Jacke ist belastet

Die von Greenpeace untersuchten Hersteller setzen PFC für Beschichtungen oder Membrane wie beispielsweise Gore-Tex ein. Die Umweltschutzorganisation hat 14 Outdoor-Kleidungsstücke von Markenherstellern gekauft und in zwei unabhängigen Labors auf eine ganze Reihe von Schadstoffen untersuchen lassen - auch eine von der Firma Zimtstern für Greenpeace hergestellte Jacke. Die wichtigsten Ergebnisse: In den Produkten von The North Face, Patagonia, Jack Wolfskin, Kaikkialla und Marmot fanden die Tester bedenkliche Konzentrationen der giftigen Perfluoroktansäure (PFOA). In den Jacken von Mammut und Vaude stellten sie zudem hohe Konzentrationen von Fluortelomeralkoholen fest.

Selbst in der Jacke der Greenpeace-Aktivisten konnten die Labore PFC nachweisen, obwohl in der Produktion auf den Einsatz von Fluorchemie eigentlich verzichtet wird, ebenso war es bei dem Produkt von Fjällräven. Woher die Verunreinigungen kommen ist unbekannt, offenbar lassen sich Kontaminationen nur schwer vermeiden, folgert Greenpeace.

Schon im vergangenen Jahr hatten die Umweltschützer darauf hingewiesen, dass PFC bei der Produktion für namhafte Textilmarken in chinesische Flüsse gelangen. Nach Meinung der Umweltschützer müssten auch geringfügige Kontaminationen bei der Herstellung vermieden werden - und die Outdoor-Firmen dafür sowohl mit Materiallieferanten, als auch mit der chemischen Industrie zusammenarbeiten und genau kontrollieren, welche Substanzen in der Produktion eingesetzt werden.

Hersteller gehen auf Kritik ein

Keines der getesteten Kleidungsstücke überschritt gesetzliche Grenzwerte - allerdings liegt das auch daran, dass für viele PFC gar keine Regelungen existieren. Allerdings wiesen die Labore vor allem in einem Kinder-Regenponcho der Firma Northland und einer Kinderjacke von Seven Summits eine hohe Konzentration giftiger Weichmacher nach, die das Hormonsystem stark beeinflussen und zu Unfruchtbarkeit und Übergewicht führen.

SPIEGEL ONLINE hat die Hersteller darum gebeten, zu den Testergebnissen Stellung zu beziehen. Bis auf The North Face und Kaikialla haben das alle getan - und sie gehen sehr offen mit dem Problem PFC um. Die meisten verweisen darauf, dass die Ergebnisse unter den gesetzlichen Grenzwerten liegen - zeigen sich aber trotzdem betroffen. Die Unternehmen sind sich des Problems bewusst und verweisen darauf, dass sie sich an der Initiative "Zero Discharge of Hazardous Chemicals" (ZDHC) beteiligen, die das Ziel hat, die Freisetzung dieser Chemikalien bis 2020 zu vermeiden.

Tatsächlich pflegen die Markenhersteller ein Image, das auf Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit setzt. Der Greenpeace-Test zeigt aber, dass die zahlreichen Standards den Einsatz von PFC bisher nicht vollständig ausschließen. Das mittelständische Familienunternehmen Vaude erklärt dazu sehr offen, dass sich eine wasser-, öl- und schmutzabweisende Oberfläche ohne PFC nicht so herstellen lasse, dass sie die "Erwartungshaltung der Kunden an die Funktionalität" befriedige.

Gleichzeitig verweist Vaude darauf, dass es eine PFC-freie Membran verwendet, nämlich "Sympatex", obwohl sich andere "aufgrund der hohen Marketing-Präsenz des größten PTFE-Membran-Herstellers leider erheblich besser verkaufen ließen". Gemeint ist der Markenname GoreTex. Der Kunde hat es also schon im Laden in der Hand, die schädlichen Chemikalien zu vermeiden.

PFC in Outdoor-Kleidung, die in Deutschland gekauft wurde

Material Pro-duktions-land PFOAμg/m2 PFCA (Summe)μg/m2 PFS (Sum.)μg/m2 FTA (Sum.)μg/m2 8:2 FTOHμg/m2 FTOH (Sum.)μg/m2
Greenpeace Jacket, Germany China 0,27 0,70 n.d. 1,4 n.d. n.d.
Jack Wolfskin, Boys Jacket Indonesien 2,01 5,11 n.d. 10,1 n.d. n.d.
Vaude, Outdoor Jacket, Kids China 0,58 2,78 n.d. n.d. 230 418,5
Vaude, Jacket Women Vietnam 0,24 1,21 n.d. 19,5 n.d. n.d.
The North Face, Women Jacket China 1,58 3,37 n.d. 23,8 n.d. n.d.
Mountain Equipment, Women Jacket Ukraine 0,20 0,58 n.d. 6,1 n.d. n.d.
Marmot, Boys rain Pants China 2,31 6,29 n.d. 25,6 n.d. n.d.
Fjällräven, Women Jacket China 0,29 1,17 n.d. 20,8 n.d. 52,0
Patagonia, Outdoor-Jacket China 2,16 8,48 n.d. 65,0 30 123,0
Adidas, Outdoor-Jacket China 0,29 1,04 n.d. 5,6 n.d. 99,0
Quelle: Greenpeace

PFC in Outdoor-Kleidung, die in Österreich (AT) und der Schweiz (CH) gekauft wurde

Material Pro-duktions-land PFOAμg/m2 PFCA (Summe)μg/m2 PFS (Sum.)μg/m2 FTA (Sum.)μg/m2 8:2 FTOHμg/m2 FTOH (Sum.)μg/m2
Northland, Child Poncho China 0,45 1,20 n.d. n.d. n.d. 17,6
Seven Summits, Children Jacket China 0,30 0,66 n.d. n.d. 40,6 40,6
Mammut, Women Jacket China 0,65 5,39 n.d. 57,2 78,1 464,2
Kaikkialla, Women Jacket China 4,98 10,96 n.d. 78,3 87,8 175,5
Quelle: Greenpeace

Ergebnisse weitere Schadstoffe

Marke Produkt-bezeichnung Nonylphenolethoxylate 1)mg/kg Phthalate (Summe) 2)mg/kg Antimonmg/kg
In Deutschland gekauft
Zimtstern / Greenpeace Leichte Regenjacke, Frauen 15 3
Jack Wolfskin Cloud Stream Jacket (Kinder/Boys) 9
Vaude Kids Escape Jacket 13 3 30
Vaude Escape Bike Jacket III (Frauen) 10 10
North Face Sutherland Jacket (Frauen) 5 40
Mountain Equipment WMNS Firefox-Jacket 11
Marmot Boy's Torrey Pant #64310 5
Fjällräven Eco-Trail Jacket Women (Trekking) 19 (NP; 8) 16 120
Patagonia Piolet Jacket Lady Black (Modell 2012) 4 35
Adidas Terrex Feather Jacket Women 20 (NP; 8) 16*
In Österreich gekauft
Northland Basic Child Rain Poncho 5700 10
Seven Summits Tamina Kinder Regenjacke 320 270
In der Schweiz gekauft
Mammut Fujiyama Jacket Women 88* 1
Kaikkialla Annuka Jacket Womens XS 9 22* 2
Quelle: Greenpeace
1) Die Bestimmungsgrenze für Nonylphenolethoxylate (NPE) liegt mit der angewendeten Methode bei 5 mg/kg, für Nonylphenol (NP) bei 3 mg/kg.
2) In den mit * gekennzeichneten Proben wurde der Plastisolaufdruck untersucht.
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