Hermann-Josef Tenhagen

Ausfüllhilfe So erledigen Sie Ihre Grundsteuererklärung, ohne zu verzweifeln

Hermann-Josef Tenhagen
Eine Kolumne von Hermann-Josef Tenhagen
36 Millionen Erklärungen zur Grundsteuer müssen abgegeben werden, bisher ist nur ein Bruchteil geschafft. Warum? Weil viele an der Bürokratie scheitern. Auch unserem Kolumnisten ging es so – bis er die Lösung fand.
Neubausiedlung: Die Formulare sind erst mal unverständlich geblieben

Neubausiedlung: Die Formulare sind erst mal unverständlich geblieben

Foto: Hans Blossey / IMAGO

Ich oute mich: Als Sohn eines Landwirts habe ich in den vergangenen Jahrzehnten einige Grundstücke in Vorpommern gekauft. Und für die muss ich aktuell – wie Millionen andere auch – eine Grundsteuererklärung abgeben. Und zwar mit Elster. Eigentlich kein Problem, dachte ich. Bin ja nicht gerade unerfahren.

Zwei Stunden und fünf vergebliche Anrufe beim Finanzamt später war ich fertig – mit den Nerven. Die Formulare sind (mir) erst mal unverständlich geblieben, die Fehlermeldungen gingen nicht weg und auf telefonischer Suche nach Hilfe vom Finanzamt Greifswald begrüßte mich fünfmal freundlich der Telefonautomat, nur um mich direkt und kommentarlos wieder aus der Leitung zu werfen.

Und so kam es, dass ich auch als Chefredakteur auf unsere Website gegangen bin und zur Ausfüllhilfe  meines »Finanztip«-Kollegen Jörg gegriffen habe.

Und das empfehle ich Ihnen auch.

Meine Vorbereitung für die Grundsteuererklärung

Doch der Reihe nach:

Für alle 36 Millionen Grundstücke in Deutschland will die Finanzverwaltung aktuell solche Grundsteuererklärungen. Damit soll die Grundsteuer ab 2025 fairer erhoben werden – Auslöser ist ein großer Rüffel der Verfassungsrichter  an die Politik vor nunmehr vier Jahren. Und weil die Verwaltung zwar viele Daten hat, aber die oft alt sind, und sie selbst nicht digital genug ist, um die Daten zusammenzuführen, sollen wir Bürgerinnen und Bürger nun die Digitalisierung erledigen.

Anfang Juni hatte ich mir die entsprechenden Aktivierungsdaten für mein Elster beim Finanzamt besorgt. Die kamen auch recht zügig per Post. Damals hatte ich mir auch die offiziellen sogenannten Flurstückdaten für meine Grundstücke zurechtgelegt. Dazu den notariellen Kaufvertrag, die Zeichnungen zur Lage der Grundstücke und zur Größe des einen Hauses. Die Flurstückdaten konnte ich schon herunterladen.

Flurstücke

Flurstücke

Tatsächlich hatte mein Kollege da schon fünf gesonderte Anleitungen für Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen und Niedersachsen gemacht, weil die Grundsteuererklärung in diesen Ländern anders funktioniert als im sogenannten Bundesmodell. Das greift wiederum in den anderen elf Bundesländern – und für die gibt es dann noch eine sechste Anleitung: insgesamt 75 Seiten.

Ich probierte es aber erst mal ganz allein. Ich rief die Elster-Seite auf und klickte auf »Jetzt einloggen«. Mit Zertifikatsdatei und Passwort war's einfach. Ich war drin. Und hab auch das richtige Formular (»Grundsteuer für andere Bundesländer«) gefunden, das jetzt ausgefüllt werden musste. Und dann später an das für das Grundstück zuständige Finanzamt geschickt werden muss, auch wenn das nicht das Finanzamt ist, das für Sie an Ihrem Wohnsitz zuständig ist.

Doch dann schon das erste Problem: Ich habe begonnen, den Hauptvordruck auszufüllen, ohne gleich die richtige Anlage anzukreuzen. Das sorgte später für Probleme, in denen ich mich verhedderte.

Anleitung: So geht es einfach

Folgen wir also nun der Anleitung meines Kollegen: Kreuzen Sie gleich die richtige Anlage mit an, für die meisten die »Anlage Grundstück (GW2)«.

»Anlage Grundstück (GW2)« mit ankreuzen

»Anlage Grundstück (GW2)« mit ankreuzen

Als Nächstes können Sie auf acht einzelnen Seiten im Hauptvordruck die Daten zu jedem einzelnen Grundstück eintragen, für das Sie jeweils Grundsteuer bezahlen. Sie sollten sich dabei nicht vom Behördendeutsch irritieren lassen.

Es geht erst mal nur darum, ob es sich um ein bebautes oder nicht bebautes Grundstück handelt und unter welcher Adresse das Grundstück zu finden ist. Wenn Sie keine Adresse für das Grundstück haben, weil es zum Beispiel keine Hausnummer gibt, halb so wild.

Das Grundbuchblatt

Was Sie aber in jedem Fall brauchen, ist Ihr Grundbuchblatt, entweder aus dem notariellen Kaufvertrag oder der Landkarte und den Daten einfach aus dem Netz. Die Flurstückinformationen sind dort von öffentlichen Stellen anonym und kostenlos zu bekommen, zum Beispiel hier . (Nur für die Auskunft, wer der Eigentümer ist, müssen Sie ein berechtigtes Interesse nachweisen.)

Mit den Daten können Sie dann die eigentlich einfachen Fragen zum Flurstück beantworten. Kreis und Gemeinde kennen Sie sicher. Dann geht es um die Gemarkung – auf dem Land der Ort oder Ortsteil, in der Stadt das Wohngebiet. Dann geht es um die Flur, einen Teil des Areals. Und schließlich das Flurstück (die meisten würden »Grundstück« sagen). Und natürlich um die Größe des Grundstücks in Quadratmetern.

Zähler und Nenner

Dann passiert etwas Irritierendes. Sie werden nach Zähler und Nenner Ihres Flurstücks gefragt. Oft hat es aber einfach nur eine Nummer: 17, 8 oder 77. Hat Ihr Flurstück die Nummer 8, tragen Sie nur im Zähler eine 8 ein und lassen das Feld für den Nenner einfach leer – auch wenn ein Bruch mit einer Zahl im Zähler ohne eine im Nenner mathematisch nicht sinnvoll ist.

Hat Ihr Flurstück hingegen die Nummer 12/1 tragen Sie im Zähler die 12 ein und im Nenner die 1. Die gleiche Herausforderung kommt in den Eingabefeldern 17 und 18 auf Sie zu. (Achtung: Diese Zahlen können in den fünf anderen Bundesländern anders sein.) Im besten Behördendeutsch wird nämlich nach dem »zur wirtschaftlichen Einheit gehörender Anteil: Zähler/Nenner« gefragt. Wenn zum Beispiel nur ein Einfamilienhaus auf dem Grundstück steht, müssen Sie jeweils die 1 eintragen.

Schwieriger wird es, wenn Ihnen eine Eigentumswohnung mit Teilgrundstück gehört. Dann müssen Sie hier die krummen Daten Ihres Anteils, etwa 543 für Ihren Anteil im Zähler und 10.000 für das Gesamtgrundstück im Nenner eintragen. Und dann müssen Sie auch noch rechnen. Wenn nämlich das Grundstück 5000 Quadratmeter groß wäre, wären 543/10.000 davon 271,5 Quadratmeter. Die Zahl runden Sie auf 271 ab und tragen sie nicht etwa gleich in der Zeile darüber in Eingabefeld 16 unter Fläche, sondern erst später in der »Anlage Grundstück (GW2)« in Zeile 4 ein. Denn in der Zeile darüber muss ausdrücklich die gesamte Fläche des Grundstücks stehen – und nicht bloß Ihr Anteil.

Ihr Eigentumsanteil – wieder mit Zähler und Nenner in anderer Bedeutung – ist ebenfalls eine wichtige Kategorie – in Zeile 30 des Hauptvordrucks. Hier ist von »Anteil an der wirtschaftlichen Einheit (Grundstück / Betrieb der Land- und Forstwirtschaft)« die Rede. Dabei geht es nur darum, ob Sie hier die Erklärung für das ganze Grundstück abgeben, weil Ihnen das Haus auf dem Grundstück allein gehört.

Es könnte aber auch sein, dass Ihnen das Grundstück mit dem Ehemann, Ex-Ehemann oder den Geschwistern zusammen gehört. Entsprechend geben Sie die Daten ein. Für Sie im Zähler die 1, und wenn es Ihnen allein gehört auch im Nenner. Gehört es Ihnen mit dem Gatten, steht im Nenner eine 2, gehört es Ihnen mit zwei Geschwistern eine 3 – und so weiter.

Spannend: Nur einer von Ihnen kann die Erklärung für das Grundstück abgeben. Sie sollten also vorher besprechen, wem die Bürokratie am leichtesten fällt.

Sie merken schon, ganz einfach ist es nicht. Und das war bisher nur der Hauptvordruck, die »Anlage Grundstück (GW2)« musste ich ja auch noch ausfüllen. Wäre ich nur weniger stolz gewesen und hätte ich mir gleich die Ausfüllhilfe herausgesucht, anstatt mir solche Details selbst zu erarbeiten!

Anderen Steuerbürgerinnen und Steuerbürgern wird es genauso ergangen sein. Und mancher hat womöglich dann erst mal wütend den Rechner zugeklappt .

Das Bundesfinanzministerium hat jedenfalls mitgeteilt, dass in dem ersten der vier Monate zum Ausfüllen der Erklärung gerade mal 2,9 Millionen der 36 Millionen Erklärungen eingetrudelt sind. Also nur jede zwölfte Erklärung wurde abgegeben.

Steuerberaterinnen, Bankmitarbeiter und auch Ortsbeiräte werden aktuell bestürmt mit Anfragen, ob sie bei der Arbeit an der Grundsteuererklärung behilflich sein können. Landwirtschaftskammern helfen Bauern mit ihren Grundstücksfragen, Handwerkskammern den Handwerkern. Kinder ihren Eltern, die nicht so digital sind .

Wenn Sie einen komplizierteren Fall haben, dann ist es auch sinnvoll, sich beraten zu lassen. Und sich möglichst bald einen Termin für die sicher nicht immer kostenlose Beratung zu sichern. Es gibt im Vordruck der Grundsteuererklärung sogar eine Extraseite, auf der Sie beim Ausfüllen Ihre helfende Hand benennen können.

Genauso wie ich Ihnen meine anfängliche Pleite gebeichtet habe, sage ich Ihnen aber auch, für Ihr Einfamilienhaus oder Ihre Eigentumswohnung brauchen Sie diese Hilfe von anderen nicht. Das können Sie selbst. Mit meiner Lieblings-Ausfüllhilfe  – passend für alle Bundesländer.

Viel Erfolg.

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