
Heizkosten-Horror Darauf sollten Mieter achten - und darauf Vermieter

Die Zahl hat mich verblüfft. Glatte 77 Prozent aller Heizkostenabrechnungen in einem Panel, das wir gerade untersuchen ließen, wies Mängel oder Merkwürdigkeiten auf. 60 Prozent der Hausverwaltungen und Vermieter konnte auch mit Hilfe ihrer Dienstleister keine ordentliche Abrechnung für die Kosten des Warmwassers abliefern.
Einige Vermieter stellten Ihren Mietern Fernwärmeanschlüsse von einer Dimension in Rechnung, mit denen man auch das große Rathaus von Köpenick hätte heizen können, nicht bloß ein normales Mietshaus. Abrechnungen für Betriebsstrom waren darunter, die plausibel wären, wenn es im Haus auch ein Aquarium von der Größe des Heizungskellers gäbe. Ein Vermieter fiel sogar dadurch auf, dass er sich schlicht weigerte, seine Abrechnungen zur Verfügung zu stellen.
Solche Zahlen sind in einer Woche mit einem Meter Schnee und Katastrophenalarm in fünf bayerischen Landkreisen besonders ärgerlich. Und das aus gleich zwei Gründen. Erstens legen sie nahe, dass Millionen von Vermietern und Hausverwaltern das Geld Ihrer Mieter oder Wohnungsbesitzer verbrennen. Bei aktuell 11 Euro Heizkosten pro Quadratmeter und Jahr in Mehrfamilienhäusern geht es um Milliarden von Euro.
Zweitens sind die Abrechnungen immer noch oft so unzureichend aufbereitet, dass es für Mieter und Wohnungsbesitzer sehr schwer ist, gegen hohe Kosten und überzogene Verbräuche vorzugehen. Für 2017 hatte die gemeinnützige Organisation co2online auf der Basis zehntausender Datensätze unterschiedliche Heizkosten von gut 500 bis gut 1100 Euro gefunden - für eine 70-Quadratmeter-Wohnung.
Gute Abrechnungen sind im Interesse aller
Gute und verlässliche Abrechnungen sind bei Mehrfamilienhäusern besonders notwendig. Denn anders als beim Eigenheimbesitzer und Mietern mit Gasetagenheizung oder Nachtspeicherofen ist bei diesen Wohnverhältnissen die Verantwortung für Sparpotenziale nicht so eindeutig - ebenso wie die Möglichkeiten zur Abhilfe, wenn die Heizkosten zu hoch liegen. Sollten zuerst die Vermieter und Verwalter günstigere Tarife mit Lieferanten aushandeln und die Häuser energieeffizienter machen? Oder erst die Bewohner einen Pullover anziehen und die Teenager am Dauerduschen hindern? Am besten wirkt beides zusammen.
Gut die Hälfte aller 40 Millionen Wohnungen in Deutschland gehört zu solchen Mehrfamilienhäusern, 87 Prozent der Wohnungen werden zentral beheizt, mehr als die Hälfte davon mit Erdgas.
An sich sind die Voraussetzungen für erfolgreiches Sparen auch in Mehrfamilienhäusern besser als vor Jahren. In modernen Standardabrechnungen für Heizung und Warmwasser werden nicht mehr nur Zahlen genannt, sondern auch Vergleiche gezogen. Vergleiche zum Vorjahresverbrauch oder auch zum Durchschnittsverbrauch des Hauses.
Modernisierung der Heizung kann für Mieter günstiger sein als früher
Gaspreise können auch Vermieter und Hausverwaltungen heute im Internet vergleichen und preiswertere Anbieter wählen, was die Belastung der Mieter deutlich mindern würde. Vermieter und Hausverwaltungen als Großabnehmer zahlen ohnehin günstigere Preise als einzelne Haushaltskunden.
Selbst eine Modernisierung muss auch Mieter nicht mehr ganz so teuer kommen: Seit Anfang 2019 dürfen Modernisierungskosten nach Abschluss der Bauarbeiten nicht mehr zu elf sondern nur noch zu acht Prozent auf die Miete umgelegt werden, immer in Relation zur Quadratmeterzahl. Das ist angesichts der niedrigen Zinsen immer noch mehr als genug, damit auch der Vermieter auf seine Kosten kommt: Um zwei bis drei Euro pro Quadratmeter dürfen die Mieten nach der Modernisierung noch immer steigen .
Mieterverbände fordern schon seit Jahren eine Absenkung der Umlage, und könnten sich auch eine noch niedrigere vorstellen. Manche Immobilienmanager räumten schon 2012 öffentlich ein, dass die 11-Prozent-Umlage die Modernisierung für Mieter unnötig teuer mache und einzig ein Geschäft für Vermieter sei.
Allein, der Ausgangspunkt für alle Einsparanstrengungen sollte immer eine korrekte und belastbare Abrechnung sein - damit die Bewohner von Anfang an nicht zu viel zahlen und zweitens die richtigen Schlüsse ziehen für mögliche Verhaltensänderungen. Nur wer versteht, wieso die Rechnung für Warmwasser und Heizung so hoch ist, kann erfolgreich sparen und wird sich nicht gegen eine notwendige Modernisierung sperren.
Hier die wichtigsten Tipps für bessere und verlässlichere Abrechnungen und einige besonders erfolgversprechende Spartipps für Mieter und Bewohner von Eigentumswohnungen in Mehrfamilienhäusern:
- Bestehen Sie auf einer zeitnahen Abrechnung der Heizkosten. Diese muss spätestens ein Jahr nach Ende des Abrechnungszeitraums bei Ihnen eingegangen sein. Sonst erlischt der Anspruch des Vermieters auf eine Nachzahlung. Meist ist das Kalenderjahr der Abrechnungszeitraum, weshalb für viele gerade die Frist für die 2017er-Abrechnung zum Jahreswechsel ablief.
- Bestehen Sie auch auf einer verständlichen, korrekten und vollständigen Abrechnung. Prüfen Sie die Abrechnung selbst oder lassen Sie das vom Mieterverein machen. Oder lassen Sie sich von einem spezialisierten Dienstleister helfen - unsere Experten haben zwei identifiziert, die das gut machen. Wenn die Abrechnung unzureichend ist, widersprechen Sie der Abrechnung und bitten Sie bei Nachzahlungen bis zur Klärung um einen Zahlungsaufschub. Sie haben nach einer falschen Abrechnung ein Jahr Zeit für einen Widerspruch.
- Wenn für das Warmwasser keine Wärmemengenmessung erfolgt, können Sie nach §12 der Heizkostenverordnung die Warmwasserkosten in Ihrer Heizungsabrechnung pauschal um 15 Prozent kürzen .
- Falls Sie die Abrechnung nicht verstehen oder einzelne Kostenpunkte nicht glauben können, lassen Sie sich die Unterlagen aufschlüsseln und verlangen Sie Einsicht in die entsprechenden Belege.
- Wenn Ihre Hausverwaltung Gas oder Heizöl zu teuer einkauft, bitten Sie ihre Hausverwaltung, das zu ändern. Sie ist zu wirtschaftlichem Handeln verpflichtet.
- Nicht wechseln lässt sich der Fernwärmeanbieter. Doch die sogenannte Anschlussleistung des Mietshauses ist oft überdimensioniert. In den untersuchten Abrechnungen fanden wir für 14 Häuser ein hohes Sparpotential von im Schnitt 300 Euro für eine 100-Quadratmeter-Wohnung jedes Jahr. Fordern Sie also die Hausverwaltung auf, den Anschluss zu überprüfen.
Und hier die wichtigsten Hinweise für Vermieter und Hausverwaltungen .
- Erhalten Sie den Wert Ihrer Immobilie durch eine ordentliche Heizungsanlage und eine verlässliche Abrechnung der Heizkosten. Beheben Sie kleine Defekte an der Heizung sofort, es wäre ärgerlich, wenn die Heizung in einer Frostperiode ausfällt.
- Dämmen Sie Heizungsrohre im Keller und an für Mieter unzugänglichen Stellen und erneuern Sie Thermostatventile. Es spart insgesamt Kosten, erfreut auch die Mieter und sorgt für mehr Hausfrieden.
- Besprechen Sie mit Mietern vorab und in Ruhe notwendige energetische Modernisierungsmaßnahmen - wie eine neue Heizungsanlage oder umfangreiche Dämmarbeiten. Ihre Mieter haben Rechte und können notwendige Modernisierungen erschweren. Je aufschlussreicher ihre Heizkostenabrechnung, desto größer Ihre Überzeugungskraft .