
Heizung, Auto, Geldanlage Was Sie selbst für den Klimaschutz tun können


Als ich vor 26 Jahren am ersten Klimagipfel COP1 in Berlin teilnahm, lag die Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre bei knapp 360ppm, heute liegt sie bei 420. Jahrtausendelang lag sie unter 300. Die Apokalypse war in dieser Woche beim Klimagipfel in Glasgow deutlich an der Wand zu sehen.
Können wir noch was retten und wie können Sie Teil des Ganzen sein? Ich möchte aus einer solchen Klimawoche mit einem klaren persönlichen Plan herausgehen.
Ja wir können was retten. Ohne Optimismus kein Plan in schwierigen Zeiten. Es gibt tatsächlich ein paar einfache Schritte in die richtige Richtung – und ein paar aufwendigere. Und alle Schritte lohnen sich meistens nicht nur fürs Klima, sondern auch individuell, fürs Leben und den Geldbeutel.
Wahrscheinlich ginge noch viel mehr, wenn es politisch gewollt wäre. Der eher wirtschaftsnahe »Economist« rechnet vor , dass sich die installierte Photovoltaik derzeit weltweit in vier Jahren verdoppelt. Bei der Windenergie dauert das sechs Jahre.
Sogar Nachzügler Indien hat seine nachhaltigen Stromkapazitäten in den vergangenen fünf Jahren versechsfacht. Bis 2030 soll die Hälfte des indischen Stroms aus erneuerbaren Energiequellen stammen, versprach Ministerpräsident Narendra Modi in Glasgow. Dem »Economist« ist wichtig zu sagen, dass der Kapitalismus Klimaschutz nicht verhindere. Im Gegenteil: Er mache Klimaschutz möglich. Bei Strafe seines Untergangs.

Micha Kirsten / Finanztip
Hermann-Josef Tenhagen, Jahrgang 1963, ist Chefredakteur von »Finanztip«. Der Geld-Ratgeber ist Teil der gemeinnützigen Finanztip Stiftung. »Finanztip« refinanziert sich über sogenannte Affiliate-Links. Mehr dazu hier . Tenhagen hat zuvor als Chefredakteur 15 Jahre lang die Zeitschrift »Finanztest« geführt. Nach seinem Studium der Politik und Volkswirtschaft begann er seine journalistische Karriere bei der »Tageszeitung«. Dort ist er heute ehrenamtlicher Aufsichtsrat der Genossenschaft. Auf SPIEGEL.de schreibt Tenhagen wöchentlich über den richtigen Umgang mit dem eigenen Geld.
Mal schauen, was die kommende Bundesregierung möglich macht.
Also, was können wir tun? Wir können weniger fossile Energie verbrauchen, die Energie effizienter nutzen und das viele Geld auf unseren Konten vernünftig und gewinnbringend einsetzen.
Energiesparen im Haushalt
Im Haushalt geht es um den Strom und die Heizung und dann geht es natürlich um das leidige Thema Auto. Tatsächlich haben wir den privaten Stromverbrauch in deutschen Haushalten in den vergangenen Jahren wieder auf das Niveau von Anfang der Neunzigerjahre heruntergeschraubt. Beim Stromsparen seien im Schnitt aber immer noch 320 Euro im Jahr für die Haushaltskasse drin, sagt die gemeinnützige »CO₂ Online«. Sie sammelt Daten Hunderttausender Haushalte.
Tipps gibt es hier . Das reicht von Energiesparlampen und stromsparenden Waschmaschinen bis zu wertvollen Alltagstipps wie dem Abschalten der Warmwasserzirkulation.
Gleichzeitig haben wir durch Windräder und Solarmodule den Anteil an erneuerbarem Strom erhöht, an sonnigen Tagen auf über 100 Prozent des Verbrauchs. Erneuerbare Energien haben allein im Jahr 2019 in Deutschland beim Strom 159 Millionen Tonnen CO2-Emissionen (Äquivalente) eingespart.
Sparen kann fast jede und jeder. Fürs Investieren brauchen Sie ein paar Voraussetzungen. Ein eigenes oder ein gemietetes passendes Dach zum Beispiel. Mit einer Anlage für 10.000 Euro können Sie dort eine Menge Strom solar erzeugen. Für 400 Euro können Sie eigenen Solarstrom sogar mit einer kleinen Anlage auf dem eigenen Balkon gewinnen. Einzelne Amtsgerichte wie das in Stuttgart urteilen inzwischen, dass ihr Vermieter das genehmigen muss (AZ 37 C 2283/20). Und es gibt Portale , mit denen Sie den passenden Anbieter für Ihr Solardach finden.
Wenn Sie dann auch noch ihr Auto selbst solar-elektrisch laden und mit einem Akku (Stromspeicher) den selbst erzeugten Strom für die Heizung speichern können, wird das Ganze eine runde Sache. 70 Prozent Selbstversorgung sind drin. Sollte Elon Musk mit seiner Tesla-Fabrik demnächst Hunderttausende Akku-Speicher für den Eigenverbrauch preiswerter anbieten, wird das auch für mehr Haushalte wirtschaftlich attraktiv.
Die eigene Fotovoltaikanlage ist auch eine gute Investition, weil wir in Zukunft individuell für unsere Wärmepumpen zum Heizen und das E-Auto auf dem Lande wieder deutlich mehr Strom brauchen werden.
Apropos Zukunft. Beim Strom sind wir schon ganz gut. Was wir noch nicht in der Breite geschafft haben, ist Heizenergie CO2-frei zu bekommen und natürlich die Transportfrage zu lösen.
Fangen wir mit dem Verkehr an: Tatsächlich ist es so, dass auch die Emissionen aus dem Verkehr in Deutschland bis 2009 gefallen waren. Seither sind CSU-Politiker Verkehrsminister gewesen und bis 2019 stiegen die Emissionen aus dem Verkehr wieder an. Auch weil die Politik zugelassen hat, dass wir beim Spritverbrauch und Schadstoffausstoß von der Autoindustrie schamlos ausgetrickst wurden.
Besser fahren – oder aufs E-Auto umsteigen
Dabei gelten im Verkehr die gleichen Lösungsmuster. Ein einfacher Lösungsansatz stammt sogar vom ADAC. In einem famosen Video des Bayerischen Rundfunk zeigt der ADAC-Ingenieur, wie ein Autofahrer seinen Spritverbrauch auf dem Weg vom Umland zur Arbeit in München mit demselben Auto nur durch angepasste Fahrweise um ein Viertel verringern kann – und dabei nicht langsamer ist.
Noch weniger Sprit brauchen Sie natürlich, wenn der öffentliche Verkehr so ausgebaut wird, dass in Städten gar kein privates Auto mehr notwendig ist und auf dem Land ein E-Auto seinen spritsparenden Dienst tut.
Ein solches E-Auto ist heute günstig zu beschaffen. 240.000 E-Autos wurden in diesem Jahr in Deutschland bislang zugelassen. In meiner Redaktion fahren schon zwei Kolleginnen elektrisch. Die Preise fallen, die aktuelle Förderung ist mit 9000 Euro großzügig. Der weltgrößte E-Auto-Produzent China und europäische Niedriglohnhersteller wie Rumänien drängen auf den deutschen Markt. Und ein sehr preiswertes E-Auto, der Dacia Spring, kostet nach Abzug der Förderung gerade noch 11.000 Euro.
Wenn Sie der Idee für den nächsten Neuwagen noch nicht trauen – Stichwort: zu wenig Ladestationen, nicht ausgereifte Ladetechnologie – leasen oder leihen Sie das erste E-Auto einfach.
Weniger Verbrauch beim Heizen
Kommen wir zu den etwas aufwendigeren Schritten im Wärmebereich. Auch hier können Sie zunächst mal mit einfachen Mitteln Ihren Bedarf senken und viel Geld einsparen – durch richtiges Lüften und die richtige Einstellung der Heizung und der Heizkörper zum Beispiel.
Und es geht noch viel mehr. Dafür müssen Sie sich aber mit der Technik vertraut machen, gut beraten lassen und eigenes Geld in die Hand nehmen – neben der beachtlichen staatlichen Förderung. Aktuell modernisieren wir in Deutschland nur ein Prozent der Wohnungen pro Jahr. Wollen wir die von der letzten Regierung schon vereinbarten Klimaziele erreichen, müssten es aber drei Prozent sein. Geld für Ihre Modernisierung steht zur Verfügung, wer seine Ölheizung rauswirft und eine moderne Heizung etwa mit Wärmepumpe einbaut, bekommt 45 Prozent der Kosten fürs Rauswerfen und Einbauen bezahlt. Wer keine Eigenmittel hat, kann über die Hausbank einen KfW-Kredit aufnehmen und zahlt nur 55 Prozent der Summe zurück.
Schwieriger ist die Situation hier für die Hälfte der Menschen, die in Deutschland zur Miete wohnen – vor allem die Jüngeren. Die können solche Entscheidungen über die richtige Heizung nämlich nicht selbst treffen und ihre jeweiligen Vermieter haben aktuell wenig unmittelbares wirtschaftliches Interesse an einer solchen Modernisierung. Die Heizkosten können einfach auf die Miete umgelegt werden. Und ob viele Mieter in der aktuell angespannten Wohnungssituation wegen der Heizung umziehen, wie das FDP-Generalsekretär Volker Wissing vorschwebt , da habe ich meine Zweifel.
Geld nachhaltig anlegen
Womit wir dann bei dem Bereich wären, der vielen als Erstes einfällt, der aber auch nicht ganz einfach ist. Krötenwanderung haben harte Ökos das früher genannt. Können wir nicht einen Teil unserer 2700 Milliarden Euro, die hierzulande auf tagesfälligen Konten liegen und für die wir bislang untätigen Banken zum Teil Verwahrentgelte zahlen sollen, für den ökologischen Umbau einsetzen?
Können wir, und wahrscheinlich können wir das langfristig auch sehr rentabel. Die einfachste Lösung sind nachhaltigere Indexfonds. Meine Kollegen bei »Finanztip« empfehlen zwei Fonds der UBS, die eine nachhaltige Auswahl aus dem Weltaktienindex (MSCI World Socially Responsible Index (SRI)) nachbauen und einen Fonds von IShares, der das Gleiche mit einer nachhaltigen Auswahl aus einem weltweiten Index zum Nachbau heranzieht (Dow Jones Sustainability Index World Enlarged).
Solche Fonds reduzieren die ökologischen Kosten ihrer Aktienanlage deutlich. Im Fachjargon heißt das ökonomische Emissionsintensität und misst die Verringerung des CO2-Ausstoßes pro Milliarde Euro Bruttowertschöpfung. Und das ging schon in der Vergangenheit ohne Renditeeinbußen. Sieben bis acht Prozent jährliche Rendite waren in den vergangenen Jahrzehnten im Schnitt drin, wenn Sie einen solchen Fonds 15 Jahre gehalten haben. Die jährlichen Kosten lagen bei 0,2 Prozent. Bei sieben Prozent jährlicher Rendite werden aus 50.000 Euro nach 15 Jahren 138.000 Euro, knapp 4000 Euro gehen durch die Kosten von der Rendite wieder ab. Und Verluste mussten sie auf einer so langen Strecke nicht mehr fürchten.
Wenn Sie wollen, können Sie natürlich auch einen tiefgrünen gemanagten Ökofonds für die eigene Anlage wählen. Die Renditen waren in den vergangenen Jahren bei Fonds wie Ökovision Classic von Ökoworld oder Erste WWF Stock Environment der Erste Bank vielversprechend. Die Fonds gibt es seit mehr als 20 Jahren. Sie müssen aber trotzdem regelmäßig nach dem Erfolg ihres Fondsmanagements schauen.
Wenn Sie davon ausgehen, dass Ihre Fondsmanager überdurchschnittlich gut sind und tatsächlich im Schnitt acht Prozent im Jahr erwirtschaften, gehen davon rund zwei Prozent Kosten ab. Das Management kostet Sie hier also 38.000 der mal erwirtschafteten 158.000 Euro. Dafür sollten Sie den eigenen ökologischen und finanziellen Erfolg schon regelmäßig mit dem der konkurrierenden Produkte vergleichen und im Zweifel auch mal wechseln.
Haben Sie jetzt eine Idee? Gehen Sie alle drei Bereiche an und profitieren Sie beim Klimaschutz.
Passen Sie ihren Energieverbrauch zu Hause und im Auto an. Tun Sie, was auf der Hand liegt und sparen Sie dabei.
Wenn Sie eine eigene Immobilie haben, planen Sie den ökologischen Umbau, statt das Geld auf dem Tagesgeldkonto verschimmeln zu lassen. Es gibt jede Menge staatliche Förderung und günstige Kredite für den letzten Schritt. Wenn Sie Vermieter sind, beziehen sie ihre Mieter mit ein. Wenn Sie Mieterin sind, sprechen Sie mit ihrer Vermieterin.
Klimaschutz ist eine globale Aufgabe. Global verantwortlich handeln können sie am besten mit Ihrem Geld. Eigener Haushalt, eigenes Auto, eigene Immobilie, das bleibt alles in Deutschland. Beim Geldanlegen sollten Sie schon deswegen global unterwegs bleiben. Bei wenig Zeit und Muße einfach mit einem ökologischeren Indexfonds, bei mehr Zeit und hohem eigenen Interesse gern auch in aktiv gemanagten Fonds oder sogar Einzelaktien – die aber bitte nur als Beimischung, denn Einzelaktien sind im Allgemeinen viel riskanter als Fonds.