Auswertung zu Immobilienkrediten Haus- und Wohnungskäufer müssen sich immer mehr Geld leihen
Die Deutschen nehmen häufiger höhere Kredite auf, um den Bau oder Kauf von Immobilien zu finanzieren. Das zeigen neue Daten des Finanzierungsvermittlers Dr. Klein, die dem SPIEGEL exklusiv vorliegen. Demnach stieg die durchschnittliche Kreditsumme bei Erstfinanzierungen im Jahr 2017 um 5,7 Prozent auf 272.478 Euro. Ein Jahr zuvor waren es noch 257.795 Euro.
Dr. Klein ist ein Finanzierungsvermittler, der Banken und Immobilienkäufer zusammenbringt. Die Daten für 2017 basieren auf etwa 90.000 Erstfinanzierungen.
Das Unternehmen schlüsselt die Ergebnisse auch nach Bundesländern auf. Demnach waren die Kreditsummen im vergangenen Jahr in Hamburg erneut am höchsten. Im Schnitt liehen sich die Hausbauer und Wohnungskäufer dort mehr als 353.000 Euro, etwa 12.000 Euro mehr als noch im Jahr davor.
Obwohl die Hypothekenzinsen weiter auf historisch niedrigem Niveau liegen, sind solche Summen für Normalverdiener kaum mehr zu stemmen. "Viele Hamburger und vor allem junge Familien haben es zunehmend schwerer, ein bezahlbares Eigenheim zu finden," sagt Frank Lösche von Dr. Klein in Hamburg. "Immer mehr Interessenten weichen daher auf Städte im Umland wie Norderstedt oder Kaltenkirchen aus."
Hinter Hamburg folgen in der Rangliste der Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg und Berlin. In der Hauptstadt lag der Durchschnittskredit 2017 bei etwa 307.000 Euro - etwa 29.000 Euro höher als ein Jahr zuvor. Das passt zu den Ergebnissen anderer Studien, wonach auch die Kaufpreise in Berlin zuletzt besonders stark zugelegt haben.
Die niedrigsten Kredite wurden in den ostdeutschen Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Sachsen-Anhalt aufgenommen.
In allen Bundesländern stiegen die Durchschnittssummen im Vergleich zum Vorjahr an. In Sachsen-Anhalt lag die durchschnittliche Kreditsumme mit knapp 192.000 Euro dabei fast zehn Prozent höher als im Vorjahr. Dennoch sind die Summen weit von Bundesländern wie Hamburg oder Bayern entfernt, wie die Grafik zeigt.
Erklären lassen sich die hohen Unterschiede zwischen den Bundesländern vor allem durch das Stadt-Land-Gefälle. In und um Metropolen wie München (Bayern), Hamburg, Stuttgart (Baden-Württemberg), Frankfurt am Main (Hessen) oder Berlin sind die Immobilienpreise seit jeher höher als in ländlichen Gegenden - und in den vergangenen zehn Jahren noch mal besonders stark gestiegen.
Immobilienkäufer sind jünger als vor zehn Jahren
Die unterschiedlichen Preise zwischen den Bundesländern spiegeln sich auch beim Alter der Käufer und Hausbauer wider. In den Stadtstaaten Berlin und Hamburg waren die Immobilienerwerber 2017 im Schnitt 41 Jahre alt, in Sachsen-Anhalt vier Jahre jünger.
Eine mögliche Erklärung: Dort, wo es teuer ist, müssen die potenziellen Immobilienkäufer ein paar Jahre länger Eigenkapital ansparen, um sich ein Haus oder eine Wohnung leisten zu können (Was Sie bei der Immobilienfinanzierung beachten sollten, lesen Sie hier.).
Vergleicht man die Zahlen zum Altersschnitt 2017 mit Daten von 2007 - also zehn Jahren zuvor -, wird zudem deutlich, dass die Immobilienkäufer insgesamt immer jünger werden. Damals waren die Kreditnehmer laut Dr. Klein zum Beispiel in Berlin im Schnitt 50 Jahre alt, also neun Jahre älter als heute. In Hamburg hat sich das Kaufalter immerhin sieben Jahre nach vorne verschoben. Die Experten von Dr. Klein erklären diesen Trend mit der anhaltenden Niedrigzinsphase und dem dadurch ausgelösten Boom beim Immobilienkauf, von dem der Finanzierungsvermittler auch selbst profitiert.
Tatsächlich scheint dieser Boom bei jungen Menschen ungebrochen: Bei einer Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut Civey kürzlich für SPIEGEL ONLINE durchgeführt hat, gaben mehr als 34 Prozent der 30- bis 39-Jährigen an, in den nächsten fünf Jahren eine Immobilie kaufen zu wollen.
Im Video: Teures Wohnen in Europa - 510 Euro für 9,75 Quadratmeter