Dezember-Zahlen Inflation in Deutschland sinkt auf 8,6 Prozent

Die Preise steigen weiter, aber etwas langsamer als zuvor: Im Dezember ist die Inflationsrate laut einer ersten Schätzung auf 8,6 Prozent gefallen. Bis zu einer Normalisierung könnte es laut Experten aber noch lange dauern.
Geldbörse mit Euromünzen: »So richtig durchatmen können wir noch nicht«

Geldbörse mit Euromünzen: »So richtig durchatmen können wir noch nicht«

Foto: Federico Gambarini / dpa

Der Anstieg der Inflation in Deutschland hat sich im Dezember 2022 auf hohem Niveau verlangsamt. Die Verbraucherpreise legten zum Vorjahresmonat um 8,6 Prozent zu, teilte das Statistische Bundesamt anhand von vorläufigen Daten mit. Im November hatte die Teuerungsrate 10,0 Prozent betragen, nachdem sie im Oktober mit 10,4 Prozent auf den höchsten Stand seit 1951 geklettert war.

Höhere Teuerungsraten schmälern die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern, diese können sich für einen Euro weniger leisten. Der finanzielle Spielraum der Menschen schrumpft, Einkommenszuwächse werden von der Inflation aufgezehrt.

Besonders stark verteuerte sich im Dezember als Folge des russischen Krieges gegen die Ukraine erneut Energie: Sie kostete durchschnittlich 24,4 Prozent mehr als im November 2021, nachdem es im November sogar plus 38,7 Prozent waren. Öl und in der Folge auch Benzin, Diesel und Heizöl kosteten zuletzt an den Weltmärkten deutlich weniger. Die Einmalzahlung zur Entlastung der privaten Haushalte für Erdgas und Fernwärme hatte dagegen nur einen leicht dämpfenden Effekt, da nicht alle von der Maßnahme profitieren. Nahrungsmittel verteuerten sich diesmal um 20,7 Prozent, Dienstleistungen um 3,9 Prozent.

Übers gesamte Jahr gesehen stiegen die deutschen Verbraucherpreise 2022 so stark wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Sie erhöhten sich laut den Statistikern um durchschnittlich 7,9 Prozent. Eine größeres Plus hat es im wiedervereinigten Deutschland noch nicht gegeben. 2021 hatte die Inflation noch bei 3,1 Prozent gelegen. Für das laufende Jahr sagen die meisten Experten eine leichte Entspannung voraus. Das Institut für Weltwirtschaft (IfW) etwa rechnet mit einem Rückgang auf 5,4 Prozent.

Ein bis zwei Jahre zur Preisstabilität?

»Das Schlimmste bei der Inflation haben wir wohl überstanden«, sagte der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding. »Aber so richtig durchatmen können wir noch nicht.« So habe sich in Nordrhein-Westfalen die sogenannte Kerninflation – bei der die Energie- und Lebensmittelpreise herausgerechnet werden – sogar beschleunigt, von 4,6 auf 4,9 Prozent. Das belege, dass mehr Unternehmen außerhalb des Energiesektors ihre hohen Strom-, Heiz- und Spritkosten auf die Verbraucher überwälzen.

»Abgesehen von Energie dürfte der Preisanstieg in diesem Jahr hartnäckig hoch bleiben«, prophezeite auch Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. »In einem Umfeld entankerter Inflationserwartungen dürften die Gewerkschaften deutlich höhere Lohnsteigerungen und die Unternehmen höhere Absatzpreise einfacher durchsetzen.« Auch Dekabank-Cheökonom Ulrich Kater erwartet eine langsame Normalisierung: »Bis wir wieder richtige Preisstabilität haben, wird es im besten Fall ein bis zwei Jahre dauern."

Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), sieht hingegen eine Kehrtwende erreicht. »Solange es keinen neuen, heftigen Energiepreisschock gibt, dürften wir auf absehbare Zeit in Deutschland nun keine zweistelligen Inflationsraten mehr sehen«, sagte er. Für das Gesamtjahr 2023 rechne er nur noch mit einer Inflation von rund 5 Prozent, wobei die Inflationsraten in der zweiten Jahreshälfte deutlich unter dieser Marke liegen dürften.

Mit Zinserhöhungen versucht die Europäische Zentralbank (EZB) seit Sommer 2022, die Inflation im Euroraum einzudämmen. Denn wenn Kredite teurer werden, bremst das die Nachfrage und kann so hohen Teuerungsraten entgegenwirken. Zugleich jedoch sind höhere Zinsen eine Bürde für die ohnehin durch Kriegsfolgen geschwächte Wirtschaft.

hej/dab/dpa/Reuters
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