837 Pfund zusätzlich pro Jahr Plus 17,5 Prozent – Lebensmittelpreise in Großbritannien steigen so stark wie noch nie

Im März haben sich die Preise für Lebensmittel in Großbritannien offenbar im Rekordtempo verteuert. Zugleich müssen sich die Briten wohl länger auf leere Gemüseregale einstellen, warnen Branchenvertreter.
Gemüseregal in London: »Es besteht die reale Gefahr, dass leere Regale alltäglich werden«

Gemüseregal in London: »Es besteht die reale Gefahr, dass leere Regale alltäglich werden«

Foto: Daniel Leal / AFP

Vor allem Eier, Milch und Käse kosten deutlich mehr: Die Lebensmittelpreise in Großbritannien sind nach Branchenangaben im März mit 17,5 Prozent so stark gestiegen wie noch nie, wie das Marktforschungsunternehmen Kantar mitteilt.

Demnach müssen britische Haushalte nun mit zusätzlichen 837 Pfund (rund 953 Euro) auf ihren jährlichen Einkaufsrechnungen rechnen, wenn sie ihr Einkaufsverhalten nicht ändern, um Kosten zu senken. »Das ist eine weitere schlechte Nachricht für die britische Bevölkerung, die nun schon den neunten Monat in Folge mit einer zweistelligen Inflation bei Lebensmitteln zu kämpfen hat«, sagte Kantar-Experte Fraser McKevitt.

Im Februar war die Inflation in Großbritannien überraschend auf 10,4 Prozent gestiegen. Die Bank von England (BoE) hat im Kampf gegen die hohe Teuerung den Leitzins elfmal in Folge erhöht. Erst vorige Woche hob die Londoner Notenbank den geldpolitischen Schlüsselsatz um einen Viertelprozentpunkt auf 4,25 Prozent an.

Preistreiber der Inflation sind höhere Kosten in Kneipen und Restaurants sowie die Knappheit von Salaten, die in den vergangenen Wochen für Schlagzeilen sorgte. Die Preise für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke stiegen im Februar um 18 Prozent und damit so stark wie seit 1977 nicht mehr.

Die steigenden Lebensmittelpreise trieben die Gesamtinflation in britischen Geschäften im März auf den höchsten Stand seit mindestens 18 Jahren, wie aus Daten des Handelsverbands BRC und der Marktforscher NielsenIQ hervorging.

Bauernverband: Leere Regale könnten zum Alltag werden

Die Briten müssen sich womöglich auf anhaltende Engpässe bei frischem Gemüse einstellen, da steigende Kosten die heimische Produktion bremsen. Verbraucherinnen und Verbraucher bekamen zuletzt den Mangel etwa bei Tomaten, Gurken und Paprika zu spüren.

Zum einen sorgten Ernteausfälle in Nordafrika für ein geringeres Angebot. Zum anderen führte die Inflation dazu, dass Käufer in der Industrie mehr Geld für weniger Ware aus wichtigen Märkten wie Spanien ausgaben. Regierungsdaten zeigen, dass Großbritannien im Januar 2023 nur gut 266.000 Tonnen Gemüse importierte – dies ist die geringste Menge für einen Januar seit 2010, als die Bevölkerung noch sieben Prozent kleiner war.

Erschwerend kommt hinzu, dass die britische Produktion von Salatzutaten in diesem Jahr voraussichtlich ein Rekordtief erreichen wird. Denn die im Zuge des Ukrainekriegs verteuerte Energie hält britische Erzeuger davon ab, Pflanzen in Gewächshäusern anzubauen. Viele Lebensmittel-Einzelhändler kaufen derweil weniger ein und nehmen einen Gewinneinbruch in Kauf. Denn sie wissen, dass ihre Kunden sich nicht so viel leisten können.

Der Chef des britischen Erzeugerverbands, Jack Ward, sagte, die Zukunft der Produzenten von frischen Lebensmitteln sei bedroht. »Es gibt eine Grenze dafür, wie lange die Erzeuger noch mit Verlust produzieren können.« Auch der Bauernverband NFU äußerte sich skeptisch. »Es besteht die reale Gefahr, dass leere Regale alltäglich werden«, warnte NFU-Präsidentin Minette Batters.

mic/Reuters
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