Preisspirale Inflationsrate erstmals seit 1992 bei mehr als fünf Prozent

Steigende Energiepreise treiben die Inflation weiter an, im November lag die Teuerungsrate so hoch wie seit 29 Jahren nicht mehr. Die Europäische Zentralbank bleibt dennoch entspannt.
Gemüseladen in Berlin

Gemüseladen in Berlin

Foto: Carsten Koall / picture alliance / dpa

Die deutsche Inflationsrate ist im November erstmals seit 1992 über die Fünfprozentmarke gestiegen. Waren und Dienstleistungen verteuerten sich um durchschnittlich 5,2 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt in einer ersten Schätzung mitteilte. Einen höheren Wert gab es zuletzt während des Booms nach der Wiedervereinigung im Juni 1992 mit 5,8 Prozent. Im Oktober hatte die Teuerung bei 4,5 Prozent gelegen.

Die Inflation wird seit Monaten angeheizt von steigenden Energiepreisen im Zuge der weltweiten Konjunkturerholung nach dem Beginn der Coronakrise. Haushaltsenergie verteuerte sich innerhalb eines Jahres um 22,1 Prozent. Der Anstieg beschleunigte sich damit, im Oktober waren die Energiepreise gegenüber dem Vorjahr um 18,6 Prozent gestiegen und im September um 14,3 Prozent.

Zudem schlägt die Rücknahme der temporären Mehrwertsteuersenkung inzwischen durch. Seit Januar 2021 gelten wieder die regulären Mehrwertsteuersätze, Waren und Dienstleistungen werden also tendenziell wieder teurer. Hinzu kommen Materialmangel und Lieferengpässe sowie die Einführung der CO₂-Abgabe Anfang 2021.

EZB bleibt gelassen

Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte sich am Montagmorgen dennoch gelassen gezeigt. Direktorin Isabel Schnabel sagte, dass sie von einem Höhepunkt der Inflationsentwicklung im November ausgehe und die Inflation im kommenden Jahr wieder allmählich zurückgehen werde. Demnach dürfte die Teuerungsrate im kommenden Jahr in Richtung zwei Prozent sinken, der Zielmarke der EZB.

Sondereffekte wie etwa die zeitweise Mehrwertsteuersenkung würden dann aus der Statistik fallen. »Auch die Energiepreise werden nicht mit dem gleichen Tempo weiter steigen«, sagte Schnabel. Die Lieferengpässe in der Wirtschaft dürften sich zudem auflösen.

Sollte sich die Inflation dauerhaft auf einem höheren Niveau als zwei Prozent festsetzen, werde die EZB reagieren. »Aber im Moment wäre es eben ein Fehler, die Zinsen frühzeitig zu erhöhen und damit den Aufschwung zu bremsen, denn das würde im Wesentlichen zu einer erhöhten Arbeitslosigkeit führen und würde an der aktuell sehr, sehr hohen Inflation gar nichts mehr ändern können«, sagte Schnabel.

hba/Reuters/dpa
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