Berlin Kartellamt zwingt Wasserbetrieb zu radikaler Preissenkung

Wasser ist in Berlin zu teuer - jetzt greift das Kartellamt mit einer beispiellosen Aktion durch. Die Wettbewerbshüter zwingen den größten deutschen Wasserbetrieb, seine Preise um ein Sechstel zu senken. Die Verbraucher in der Hauptstadt könnten Hunderte Euro sparen.
Wasser: Kartellamt erzwingt niedrigere Preise

Wasser: Kartellamt erzwingt niedrigere Preise

Foto: Wolfgang Kumm/ dpa

Berlin - Berliner Bürger können sich auf sinkende Preise freuen: Das Bundeskartellamt hat angeordnet, dass der größte deutsche Wasseranbieter billiger werden muss. Um gut ein Sechstel müssen die Berliner Wasserbetriebe den Trinkwassertarif in diesem und in den kommenden Jahren reduzieren. Der Vorwurf: Das halbstaatliche Unternehmen habe den Preis missbräuchlich überhöht.

Konkret entschied das Kartellamt, dass der Netto-Tarif verglichen mit 2011 in diesem Jahr um 18 Prozent sinken muss, in den Jahren 2013 bis 2015 durchschnittlich um 17 Prozent. Das bezieht sich auf Durchschnittspreise ohne Steuern und Abgaben. Rechnet man die ein, ergibt sich laut Unternehmen eine Pro-Kopf-Entlastung von durchschnittlich 14,94 Euro im Jahr.

Umsetzen muss das Unternehmen das mit der Abschlussrechnung im Folgejahr - das heißt: Wenn, dann spüren die Kunden die Senkung des 2012er-Tarifs erst im nächsten Jahr, spätestens zum 31. Dezember 2013. Je nach Verbrauchsmenge könnten die Verbraucher Hunderte Euro sparen. Die Wasserbetriebe müssen dagegen bis 2015 auf Erlöse von 254 Millionen Euro verzichten.

Das dürfte auch den ohnehin klammen Berliner Landesaushalt treffen. Die Wasserbetriebe gehören zu 50,1 Prozent dem Land. Allein im laufenden Jahr sollen 123 Millionen Euro Gewinn in die Kasse des Berliner Finanzsenators fließen. In den kommenden Jahren sollte es eigentlich noch mehr werden: Das Land plant einen zusätzlichen Anteil von 24,9 Prozent vom Energieversorger RWE   zurückzukaufen. Der kolportierte Kaufpreis von mehr als 600 Millionen Euro soll unter anderem durch künftige Gewinne finanziert werden. Bei stark sinkenden Preisen dürfte das erheblich schwieriger werden.

Wasserwirtschaft fühlt sich nicht an Kartellrecht gebunden

Das Kartellamt hatte die Preise in Berlin mit jenen in Köln, München und Hamburg verglichen und die Verfügung schon in zwei Abmahnungen angekündigt. Der Beschluss fiel nun etwas geringer aus als erwartet, weil Personalkosten stärker berücksichtigt wurden. "Das Ergebnis dieses Verfahrens macht deutlich, wie wichtig eine konsequente Kontrolle der Kartellbehörden in der Wasserversorgung ist", sagte Kartellamtspräsident Andreas Mundt. Die Behörde behalte sich auch vor, die Unternehmen zu zwingen, missbräuchlich geforderte Wasserpreise für die Jahre 2009 bis 2011 zurückzuerstatten.

Die Wasserwirtschaft hält dagegen. Sie vertraut der Aufsicht der Kommunen, die die Satzungen kontrollieren, die den Gebühren zugrunde liegen. Private Unternehmen erheben dagegen Preise, und die unterliegen dem Kartellrecht. "An unserer grundsätzlichen Auffassung, dass das Bundeskartellrecht hier nicht anwendbar ist, ändert sich nichts", sagte Wasserbetriebe-Sprecher Stephan Natz. "Wir werden den Weg der rechtlichen Klärung gehen." Die Entscheidung läge dann beim zuständigen Oberlandesgericht Düsseldorf.

cte/dpa

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