
Steigende Beiträge So kommen Sie an die günstigste Krankenversicherung

Arztpraxis in Frankfurt (Oder) (Archivbild): Nur für Arbeitnehmer ändert sich etwas
Foto: Patrick Pleul/ picture-alliance/ dpaIm kommenden Jahr werden die Beiträge zur Krankenkasse ordentlich steigen, im Schnitt um 0,2 Prozent, hat gerade der Schätzerkreis beim Bundesversicherungsamt prognostiziert. Der Beitragssatz für die meisten der 54 Millionen Kassenmitglieder stiege dann von 15,5 auf 15,7 Prozent ihres Einkommens.
Für einen Durchschnittsverdiener mit 3000 Euro Bruttogehalt sind das monatlich sechs Euro oder 72 Euro im Jahr. Gutverdiener mit mehr als 4600 Euro brutto zahlen dann im Jahr gut 110 Euro mehr.
Wohlgemerkt: im Schnitt. Denn nicht alle Krankenkassen verlangen den gleichen Beitragssatz.
Beitragssteigerungen bei den Krankenkassen gab es schon in der Vergangenheit regelmäßig. Doch anders als früher tragen die Arbeitgeber nicht mehr ihren Anteil daran. Der ist inzwischen festgeschrieben, nämlich auf 7,3 Prozent des Einkommens ihrer Arbeitnehmer. Ebenfalls festgeschrieben sind 7,3 Prozent, die der Versicherte zahlt. Obendrauf kommt der Zusatzbeitrag, den ausschließlich der Versicherte zahlt, von zurzeit im Schnitt 0,9 Prozent. Macht zusammen 15,5 Prozent Beitrag.
Dieses Jahr erleben wir die erste Erhöhung in diesem neuen System: Die Krankenkassen können die höheren Kosten allein über den Zusatzbeitrag für Arbeitnehmer und Rentner refinanzieren. Im Gegensatz zu früher ändert sich nämlich für Arbeitgeber nichts.
Auch wenn jetzt die meisten Kassen etwas mehr verlangen sollten, die Zusatzbeiträge unterscheiden sich erheblich. Und so haben sehr viele Versicherte die Chance, ihre Beiträge unterm Strich deutlich zu senken, wenn sie zu einem preiswerteren Konkurrenten ihrer Krankenkasse wechseln.
Während die große Mehrheit der Kassenkunden heute 0,9 Prozent Zusatzbeitrag zahlt, gibt es viele Kassenpatienten, die heute nur 0,4 Prozent, und einige, die sogar überhaupt keinen Zusatzbeitrag zahlen müssen. Auch künftig wird es solche deutlich preiswerteren Kassen geben. Versicherte bei diesen Kassen behalten übers Jahr bis zu 500 Euro mehr im Portemonnaie.
Allerdings gibt es keinen bundesweiten Anbieter, der derzeit die Null anbietet. Die günstigste deutschlandweit operierende Kasse ist die Handelskrankenkasse (HKK) aus Bremen, die sich mit 0,4 Prozent begnügt. Das macht in Summe also 15 Prozent Beitrag.
In einigen Bundesländern, nämlich im Südwesten, im Rheinland und in Hamburg kommt man aktuell mit Betriebskrankenkassen wie der BKK Euregio und der Metzinger BKK ohne Zusatzbeitrag davon. Günstige Zusatzbeiträge mit 0,3 Prozent bieten unter anderem die AOK plus in Sachsen und Thüringen und die AOK Sachsen-Anhalt .
Was also tun?
Zunächst mal auf das Schreiben der Krankenkasse mit der Androhung der Beitragserhöhung warten. Die Kassen müssen die Erhöhung nämlich mindestens einen Monat vor dem ersten Einziehen ankündigen, also zum Beispiel Ende Dezember für das Januargehalt.
Dann gilt es, schnell zu reagieren und das Sonderkündigungsrecht zu nutzen. Denn Sie kommen frühestens zum Ende des übernächsten Monats aus der alten Krankenkasse raus. Schaffen Sie es in unserem Beispiel auch noch Ende Dezember, die neue Kasse zu finden, kommen Sie zum 1. März aus der alten Kasse heraus und müssen nur zwei Monate erhöhten Beitrag zahlen. Sind Sie langsamer, werden Sie drei Monate lang den neuen höheren Beitrag zahlen müssen . Die neue Kasse muss Sie übrigens aufnehmen, dazu sind gesetzliche Krankenkassen im Gegensatz zu privaten Krankenversicherern verpflichtet.
Beim schnellen Wechsel können Sie kaum etwas falsch machen, schließlich sind 95 Prozent der Leistungen bei allen Kassen gleich, so will es der Gesetzgeber. Und nach 18 Monaten können Sie die neue Kasse auch wieder verlassen, selbst wenn diese ihre Beiträge nicht erhöht.
Etwas schwieriger wird die Entscheidung, wenn Sie eigentlich mit den Leistungen Ihrer Kasse sehr zufrieden sind. Weil die Versicherung zum Beispiel mehr alternative Behandlungen finanziert oder einen überdurchschnittlichen Service bietet. Unter den teureren Kassen gibt es etliche, die für den höheren Preis tatsächlich ein sehr dichtes Geschäftsstellennetz und Betreuungsangebot bieten. Wenn Sie also Wert auf solchen persönlichen Kontakt oder gar auf einen persönlichen Betreuer legen, der Sie durch den Krankenkassendschungel begleitet, dann bleiben Sie einfach. Vielleicht möchten Sie sogar zu einer solchen Service-starken Kasse wechseln .
Kleine Anmerkung an die Adresse des Gesetzgebers anlässlich des ersten Erhöhungstestlaufs: Warum Kunden erst nach mehr als zwei Monaten aus der teurer werdenden Kasse herauskommen, diese aber schon im Folgemonat die Beiträge erhöhen und gleich kassieren kann, ist eigentlich nicht logisch, oder?

Micha Kirsten / Finanztip
Hermann-Josef Tenhagen, Jahrgang 1963, ist Chefredakteur von »Finanztip« und Geschäftsführer der Finanztip Verbraucherinformation GmbH. Der Geldratgeber ist Teil der Finanztip Stiftung. »Finanztip« refinanziert sich über sogenannte Affiliate-Links, nach deren Anklicken »Finanztip« bei entsprechenden Vertragsabschlüssen des Kunden, etwa nach Nutzung eines Vergleichsrechners, Provisionen erhält. Mehr dazu hier .
Tenhagen hat zuvor als Chefredakteur 15 Jahre lang die Zeitschrift »Finanztest« geführt. Nach seinem Studium der Politik und Volkswirtschaft begann er seine journalistische Karriere bei der »Tageszeitung«. Dort ist er heute ehrenamtlicher Aufsichtsrat der Genossenschaft. Auf SPIEGEL.de schreibt Tenhagen wöchentlich über den richtigen Umgang mit dem eigenen Geld.