Kritik an Preispolitik Ramsauer droht Benzin-Giganten mit Gesetz

Den großen Ölkonzernen stehen möglicherweise harte Zeiten bevor: Verkehrsminister Peter Ramsauer will die Benzinpreispolitik der Multis gesetzlich einschränken - und für Autofahrer transparenter machen. Als Vorbild dient ein australisches Modell.
Kunde an Tankstelle (in München): "Willkürliche Preismanipulation"

Kunde an Tankstelle (in München): "Willkürliche Preismanipulation"

Foto: Getty Images

Berlin - Die jüngst veröffentlichte Tankstellenstudie des Bundeskartellamts könnte Folgen für die Treibstoffwirtschaft haben: Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) will gegen die Ölmultis vorgehen - und ihre bisherige Preispolitik bei Benzin und Diesel gesetzlich einschränken. Der Staat müsse versuchen, die Verbraucher vor "willkürlicher Preismanipulation marktbeherrschender Ölfirmen" zu schützen, sagte Ramsauer der "Bild"-Zeitung.

Die Studie des Kartellamts hatte ergeben, dass die Marktverhältnisse zu überhöhten Benzinpreisen führen. Die Konzerne sprächen ihre Preise zwar nicht ab, verstünden sich aber auch ohne Worte, beschieden die Wettbewerbshüter. Allerdings kann das Kartellamt keine wirksamen Strafen verhängen und verweist daher auf die Politik.

Dem Ruf kommt Ramsauer nun nach. Der Minister unterstützt einen Vorschlag der Behörde, das sogenannte australische Modell einzuführen. Die Regelung schreibt vor, dass höhere Kraftstoffpreise vorher angekündigt werden und dann 24 Stunden lang gültig bleiben müssen. "Wenn ein Ölmulti den höheren Preis vorher ankündigen muss und ihn dann 24 Stunden nicht mehr verändern darf, wissen die Autofahrer, woran sie sind", sagte der CSU-Politiker der Zeitung. "Der Domino-Effekt, einer erhöht mehrfach pro Tag, und die anderen ziehen nach, wäre durchbrochen."

Dreieinhalb Jahre hatte das Kartellamt Hunderte Tankstellen überwacht - in Hamburg, Köln, Leipzig und München, und war dabei zu diesen Ergebnissen gekommen:

  • Die Preise sind höher als sie sein müssten.
  • Fünf Konzerne (Aral, Shell  , Jet, Esso und Total  ) kontrollieren rund 70 Prozent des Markts.
  • Die Tankstellenbetreiber vermeiden einen Wettbewerb, um sich gegenseitig nicht zu schaden.

Ob Ramsauer sich mit seiner Forderung durchsetzen kann, ist allerdings offen. Die Zuständigkeit liegt beim Bundeswirtschaftsminister. Experten äußerten sich zudem zurückhaltend zu den Vorwürfen der Wettbewerbshüter. "Es wäre eher besorgniserregend, wenn die Tankstellen die Preise der Konkurrenz nicht beobachten würden und ihre eigenen Preise völlig losgelöst davon festlegten", sagte der Vorsitzende der Monopolkommission, Justus Haucap, der "Welt am Sonntag". "Die Tatsache, dass man Konkurrenzpreise beobachtet und auf diese reagiert, sagt erst einmal gar nichts." Die Kommission ist ein Expertengremium, das im Auftrag der Bundesregierung wettbewerbspolitische Einschätzungen trifft.

Auch der frühere Vorsitzende der Monopolkommission, Wernhard Möschel, zeigt sich skeptisch: "Die Vorwürfe des Kartellamts sind ziemlicher Unfug. Auf die Preise der Konkurrenz zu achten, ist ganz normales wettbewerbliches Verhalten", wird er in der "WamS" zitiert. Jürgen Basedow, Direktor des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg und Haucaps Vorgänger an der Spitze der Monopolkommission, sagte: "Dass ein Unternehmen, auch ein marktbeherrschendes, die Preise seiner Konkurrenten beobachtet und auf Veränderungen reagiert, ist völlig normal und kein Missbrauch. Da die Tankstellenketten ihre Preise groß an der Straße aushängen, ist es ohnehin kein Kunststück, einen Überblick über das Verhalten der Konkurrenz zu gewinnen."

yes/AFP/Reuters/dpa
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