
Lebensmittelkontrolle: Kommen die Smileys?
Lebensmittelkontrollen Vorsicht, die Smileys kommen!
Hamburg - Andreas Bernard hat ihn schon. Weil das Restaurant seines Hotels Walhalla bei Lebensmittelkontrollen überdurchschnittlich gut abgeschnitten hat, darf der Osnabrücker Hotelier mit einem Smiley werben. "Hygieneprüfung mit Auszeichnung bestanden" steht neben dem grünen Gütesiegel. Bernard ist stolz auf den Smiley. Für ihn sei es wie ein kleines Diplom, sagt er.
Sein Hotel ist einer von bislang 324 Betrieben, die in Osnabrück den Lebensmittel-Smiley bekommen haben. Die Niedersachsen sind damit Vorreiter in Deutschland - neben Nordrhein-Westfalen und Berlin. Beim Umsatz spürt Bernard allerdings noch keine Vorteile durch die Auszeichnung, "die Leute kennen das einfach noch nicht", sagt er.
Doch das ändert sich womöglich bald: Das Smiley-System könnte bald bundesweit eingeführt werden. Am Donnerstag trifft sich Verbraucherministerin Ilse Aigner mit den zuständigen Kollegen der Bundesländer. Ziel: Verbraucher sollen künftig besser über Lebensmittelkontrollen informiert werden.
Streit gibt es nur noch darüber, wie diese Informationen aussehen sollen. Niedersachsen und Hamburg haben sich für ein einheitliches System ausgesprochen - mit Smileys wie in Osnabrück. Die CSU-Ministerin Aigner unterstützt diesen Vorstoß, überlässt es allerdings den Ländern, die Kriterien zu definieren. Es geht um Fragen wie: Sollen die Testergebnisse freiwillig oder verpflichtend veröffentlicht werden? Und müssen die Unternehmen auch negative Resultate anzeigen?
Verbraucherschützer fordern seit Jahren, ein System nach dänischem Vorbild zu installieren. Bei den Skandinaviern kann sich der Kunde im Supermarkt, in der Gaststätte oder der Fleischerei einen schnellen Überblick über die Hygiene verschaffen. Anders als in Osnabrück gibt es in Dänemark allerdings auch negative Smileys. Die Kunden sehen also schon am Eingang einer Kneipe oder einer Fleischerei, wenn es dort zuletzt Probleme mit der Hygiene gab.
Ob dies künftig auch in deutschen Betrieben umgesetzt wird, ist offen. Laut Aigner soll der Verbraucher aber künftig die Möglichkeit bekommen, gravierende Beanstandungen der Kontrolleure zu erfahren. Dies würden Negativ-Smileys garantieren.
Und sie könnten an vielen Betrieben kleben. Wie es um die Hygiene in der Lebensmittelbranche steht, zeigt das Beispiel Niedersachsen: Im vergangenen Jahr haben die Behörden hier 27.653 Lebensmittelkontrollen durchgeführt. Dabei gab es etwa bei einem Viertel der Unternehmen Beanstandungen, vor allem wegen allgemeiner Hygienemängel, aber auch wegen Problemen bei der Dokumentation und der Selbstkontrolle der Betriebe. In zehn Prozent der Fälle leiteten die niedersächsischen Behörden ein Ordnungswidrigkeitsverfahren ein, gegen 121 Betriebe sogar ein Strafverfahren. Diese härteste Maßnahme, die Geldstrafen und im Extremfall Betriebschließungen bedeutet, kann das Smiley-System sicherlich nicht ersetzen.
Dänen haben auf Lebensmittelskandale reagiert
Der Däne Poul Ottosen hält die Veröffentlichung von Hygienekontrollen dennoch für unverzichtbar. Als Staatssekretär im Verbraucherschutzministerium war er 2001 einer der Urheber des dänischen Systems. Zahlreiche Lebensmittelskandale hätten in Dänemark dazu geführt, dass die Menschen mehr darüber wissen wollten, was sie essen. Der Staat habe daher die Verantwortung für die Kontrollen von den Kommunen übernommen - und ein System mit vier Smileys eingeführt: Ein ganz lachendes Gesicht bedeutet "keine Beanstandung", ein dünneres Lächeln steht für "Ermahnung", ein neutraler Smiley für "Verfügung oder Verbot" und ein trauriger bedeutet "Strafverfügung". Wer viermal hintereinander top abschneidet, bekommt einen "Elite-Smiley" (siehe Fotostrecke).
Das System habe zwar nicht dazu geführt, dass es keine schwarzen Schafe mehr gebe, sagt Ottosen. Aber die Erfahrung sei, dass die Kontrollen insgesamt positiver ausfielen. So würden sich Unternehmen, die ohnehin in der oberen Liga spielen, noch mehr anstrengen, um die beste Bewertung zu bekommen. Der Kampf um die Einhaltung der Hygienevorschriften sei seitdem in den Führungsetagen der Firmen angekommen: "Sie tun alles, um einen lachenden Smiley zu bekommen."
Die Warnungen von Politikern und Wirtschaftsverbänden in Deutschland, eine negative Kennzeichnung könne die Existenz eines Betriebes gefährden, kennt Ottosen. Die gleiche Diskussion habe er vor zehn Jahren in Dänemark auch geführt. Natürlich sei ein Negativ-Smiley ein Problem für ein Unternehmen. Allerdings gebe es ja die Möglichkeit, umgehend eine weitere Kontrolle zu beantragen. Die Kosten dafür muss das Unternehmen allerdings selbst tragen.
Der Osnabrücker Hotelier Bernard lehnt die negativen Siegel nicht grundlegend ab. "Ich finde aber, für eine einzige negative Kontrolle sollte noch keiner einen weinenden Smiley bekommen." Jeder Gastwirt habe eine zweite Chance verdient.
Sein Lobbyverband, der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga), sieht das Vorhaben der Politik wesentlich kritischer. "Wir lehnen ein Smiley-System ab", sagte eine Sprecherin. Selbst wenn nur positive Bewertungen veröffentlicht würden, sehe man die Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen. "Die Behörden werden es kaum schaffen, alle Betriebe gleichzeitig zu testen." Der Dehoga will sich nun "in die politische Debatte einbringen". Und der bayerische Gesundheitsminister Markus Söder hat bereits angekündigt, er wolle den Verband an der Diskussion beteiligen.