Lufthansa Entschuldigung, mit wem fliege ich hier eigentlich?

Häufige Verspätungen, verpeiltes Personal, unklare Zuständigkeiten - früher waren das unverkennbare Merkmale der Deutschen Bahn. Inzwischen charakterisieren sie ein anderes Verkehrsunternehmen viel besser.
Lufthansa-Logo: Gerupfter Kranich

Lufthansa-Logo: Gerupfter Kranich

Foto: LISI NIESNER/ REUTERS

Die Schlange vor dem Schalter ist nicht besonders lang. Dennoch warte ich bereits seit 20 Minuten. Warum? Weil sowohl der Economy- als auch der Business-Schalter der Lufthansa von ein und derselben Dame bemannt werden. Jedes Mal, wenn ein Vielflieger auftaucht, steht sie auf. "Sorry, den muss ich zuerst."

Als ich mein Gepäck endlich aufgeben darf, bemerke ich, dass die Dame eine Uniform von Germanwings trägt, obwohl dies ein knallgelber Lufthansaschalter ist. Mit wem fliege ich hier eigentlich? Egal, Hauptsache er oder sie bringt mich nach Hause.

Ich haste zum Gate. Dort sehe ich, dass ich mich nicht hätte beeilen müssen. Das Boarding für LH 1985 von Köln nach München hat noch nicht begonnen, obwohl es schon Zeit wäre. Deshalb suche ich nach etwas zu lesen. Aber es ist Sonntagvormittag, und es hat sich offenbar noch niemand bemüht, Zeitungen auszulegen.

Blinder Passagier, blindes Personal

Dann vielleicht einen Pappbecher mit Automatenkaffee? Gab es bei der Lufthansa früher. Am Kölner Terminal 1 gibt es jedoch nur Beton und eine trostlose Sitzecke. Wie ich später herausfinden werde, offeriert die Airline Getränke ausschließlich in Frankfurt und München. Wer anderswo startet, muss sich ein Getränk einpacken.

Wir steigen ein. Der Flieger ist überbucht, weil der darauffolgende Flug gecancelt wurde. Nachdem ich Platz genommen habe, passiert erst einmal nichts. Irgendwann beginnt eine nervöse Stewardess, den Gang auf- und abzulaufen, mit einem Handzähler, der vernehmlich klickt.

"Guten Morgen, hier spricht Ihr Kapitän. Wir haben eine Person zu viel an Bord. Wir können erst starten, wenn dieser Passagier ausgestiegen ist."

Unruhe macht sich breit. Ich muss lachen.

"Was ist?", fragt mein Nachbar.

"Ich hatte vor einigen Wochen schon so einen überbuchten Flug, auch in Köln. Da hat es eine Viertelstunde gedauert, bis sie den Typen gefunden hatten", sage ich.

Diesmal dauert es deutlich länger. Die Stewardessen rennen ratlos hin und her, mit Papierausdrucken in der Hand. Sie fragen einzelne Leute, wie sie heißen, lassen sich Tickets zeigen. Das Ganze folgt keiner erkennbaren Systematik. Inzwischen haben wir fast eine Stunde Verspätung.

Mir fällt auf, dass die Stewardessen keine blau-gelben Uniformen tragen. Es handelt sich jedoch auch nicht um die brombeerfarbenen von Germanwings. Mit wem fliege ich hier eigentlich? Mein Blick fällt auf die Safetycard in der Sitztasche. Darauf steht: Augsburg Airways.

Irgendwann erklärt der Kapitän, wir könnten starten. Aussteigen musste niemand. Der angesäuerte Kapitän weist darauf hin, dass da ein Fehler passiert sei. Den habe, darauf legt er Wert, das Bodenpersonal zu verantworten.

Mit über einer Stunde Verspätung landen wir.

Die Plätze gewechselt

Einige Wochen später muss ich nach Frankfurt. Ich nehme den Zug. Das Ticket buche ich mit meiner neuen Bahncard-Kreditkarte. Anders als bei der Lufthansa-Kreditkarte muss ich für die Kreditkartenbuchung diesmal keine Extragebühr zahlen. Außerdem kann ich meine Bahn-Bonuspunkte für ein Upgrade in die erste Klasse nutzen.

Das geht bei Miles & More theoretisch auch, nach mehreren Entwertungen und Prämienverteuerungen haben die Kranichpunkte inzwischen jedoch eine ähnliche Kaufkraft wie das südsudanesische Pfund. Das Bahnbonus-System hingegen ist der Schweizer Franken unter den Loyalty-Programmen. Mehrfach im Jahr kann ich es mir leisten, von der zweiten in die erste Klasse umzusteigen.

Die Anzeigetafel im Münchner Hauptbahnhof sagt, mein Zug werde pünktlich sein. Weil ich noch Zeit habe, besuche ich die Bahn-Lounge, dank Upgrade den separaten Erste-Klasse-Bereich. Kaum habe ich mich hingesetzt, fragt mich eine Kellnerin, ob ich etwas trinken möchte.

"Einen schwarzen Tee, bitte."

Kurz darauf bringt man mir ein ganzes Teeservice: Porzellankännchen, Designertasse, Ablage für den Teefilter, Milch, Zitrone, brauner Kandis. So etwas gibt es bei der Lufthansa höchstens in der Senatorenlounge.

Als ich etwas später in einem sehr bequemen Ledersessel gen Frankfurt rase, dämmert es mir: Jahrelang habe ich mich über die Bahn aufgeregt. Aber zumindest in seinen guten Momenten bekommt der Staatskonzern inzwischen ein Serviceerlebnis hin, das um Längen besser ist als das, was die Lufthansa abliefert.

Häufige Verspätungen, verpeiltes Personal, unpersönlicher Service, unklare Zuständigkeiten - früher waren das unverkennbare Merkmale der Deutschen Bahn. Nun charakterisieren sie die Lufthansa viel besser - oder vielmehr jene Unternehmen, denen man sich tatsächlich anvertraut, wenn man glaubt, einen Lufthansa-Flug gebucht zu haben.

Hatten auch Sie ein besonderes Serviceerlebnis? Dann schreiben Sie an warteschleife@spiegel.de .

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren