Allein in Deutschland Forscher beziffern Umweltschäden auf 670 Milliarden Euro

Waldsterben in Niedersachsen
Foto: Martin Wagner / imago images/Martin WagnerKlimawandel, Luftverschmutzung, Überdüngung und Plastikmüll: Jedes Jahr entstehen der Gesellschaft durch Umwelt- und Gesundheitsschäden Kosten, für die die Verursacher nur selten zur Kasse gebeten werden. Diese Kosten belaufen sich laut einer Schätzung des Ariadne-Konsortiums aus mehr als 25 Forschungspartnern auf jährlich mehr als 13 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung. Die Studie schlägt auch einen Mechanismus vor, um dem entgegenzuwirken: Durch eine gezielte Besteuerung könnten Anreize für schonenderes Wirtschaften gesetzt werden. Der Staat könnte so jährlich zwischen 348 und 564 Milliarden Euro Steuergelder mehr einnehmen.
#Umweltsteuern könnten 348-564 Mrd€ zusätzlich mobilisieren - und damit Haushalte an anderer Stelle entlasten. Optionen zur nachhaltigen Steuerreform @MCC_Berlin @unipotsdam @Hertie_Sustain @PIK_Klima @DIW_Berlin @BTU_CS @RWI_Leibniz @FraunhoferISI https://t.co/dFCRcZfvSm
— Kopernikus-Projekt Ariadne zur Energiewende (@AriadneProjekt) June 1, 2021
»Durch eine konsequent auf Umweltschäden ausgerichtete Besteuerung könnte der Staat damit 44 bis 71 Prozent des gesamten heutigen Steueraufkommens zusätzlich mobilisieren«, erklärte Christina Roolfs vom Berliner Klimaforschungsinstitut MCC am Dienstag. Andere Steuern könnten somit abgesenkt werden, um die Steuerzahler zu entlasten. »Durch Steuersenkungen, direkte Rückerstattungen an die Menschen oder gezielte Transfers für besonders betroffene Haushalte hat die Politik viel Handlungsspielraum, um eine derartige Steuerreform sozial gerecht ausgestalten«, sagte Roolfs weiter.
Vorbild in der Schweiz
Ein Beispiel für einen solchen Mechanismus wäre etwa die Einführung einer CO₂-Steuer, wie sie bereits in Ländern wie der Schweiz praktiziert wird. Ziel einer Umweltbesteuerung sei es nicht, Menschen zu bevormunden, betonte Maik Heinemann von der Universität Potsdam, die ebenfalls am Ariadne-Projekt beteiligt ist. »Sinn der Sache ist, in den Preisen abzubilden, welche Schäden für Dritte mit der Produktion und Nutzung von Verkehrsmitteln oder Gütern verbunden sind«.
Denn die Kosten durch Umweltschäden für die Gesellschaft sind laut der Studie hoch: Auf jährlich zwischen 13 und 19 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts werden sie geschätzt. Getragen werden diese Kosten demnach letztlich von der Gesellschaft als Ganzes. Insgesamt kommen die Experten auf Kosten zwischen 455 Milliarden und 671 Milliarden Euro.
Die Expertinnen und Experten betonen in ihrer Studie vier Handlungsfelder: Die CO₂-Preise im Emissionshandel müssten so weit angehoben werden, dass sie die tatsächlichen Kosten der durch den Klimawandel verursachten Schäden widerspiegeln. Auch in der Landwirtschaft müssten Umweltfolgen wie Treibhausgase und Stickstoffausstoß einberechnet werden. Die Stromsteuer müsste gezielter auf den Klimaschutz ausgerichtet werden. Für den Verkehr fordern die Experten eine Mautgebühr, mit der Infrastruktur, Nahverkehr und andere Steuerentlastungen finanziert werden sollen.
Durch eine gezieltere Besteuerung der gesellschaftlichen Kosten verschiedenster Produktions- und Lebensweisen erhoffen sich die Forscher einen Anreiz für Unternehmen, klimafreundlich zu produzieren. Auch Verbraucher könnten so beim Einkauf die ökologischen Folgen des eigenen Konsums besser mit einkalkulieren. »Letztlich erhöht dies unterm Strich den Wohlstand aller«, erklärte Heinemann.