Kosten für Privatkunden Mehr als 60 Banken verlangen Negativzinsen

Kontoabrechnung: Zahl der Institute mit Negativzinsen hat sich vervierfacht
Foto: Daniel Karmann/ dpaImmer mehr Banken und Sparkassen geben Negativzinsen an einen Teil der Privatkunden weiter. Das geht aus Daten des Vergleichsportals Verivox hervor. Seit der jüngsten Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) vor knapp sechs Monaten hat sich die Zahl der Institute demnach auf mindestens 61 mehr als vervierfacht. Allein in diesem Jahr haben Verivox zufolge 35 Institute Negativzinsen für Guthaben vor allem auf dem Tagesgeldkonto eingeführt.
Damit sind solche Banken aber immer noch in der Minderheit: Das Vergleichsportal hat die im Internet veröffentlichten Preisaushänge von rund 800 Banken und Sparkassen ausgewertet. Im Fokus stehen dabei Tagesgeldkonten. Da einige Institute individuelle Vereinbarungen mit vermögenden Kunden träfen, dürften insgesamt mehr als 61 Geldhäuser Negativzinsen verlangen, sagte Verivox-Manager Maier. Hinzu kämen sechs Finanzhäuser, bei denen das üblicherweise kostenfreie Tagesgeldkonto Gebühren koste. Dadurch entstünden faktisch Negativzinsen.
Die EZB hatte Mitte September 2019 den Strafzins auf 0,5 Prozent erhöht, den Finanzinstitute zahlen müssen, wenn sie Geld bei der Notenbank parken. Damit wollen die Währungshüter Anreize für die Kreditvergabe schaffen, um die Konjunktur anzukurbeln. Auch wenn es inzwischen höhere Freibeträge gibt, sind die Strafzinsen eine Milliardenbelastung für die Branche. Daten der Bundesbank zufolge haben Kreditinstitute von Mitte Dezember 2018 bis Mitte Dezember 2019 rund 2,4 Milliarden Euro Zinsen auf bei der Zentralbank gebunkertes Geld bezahlt.
Verbraucherschützer bezweifeln Notwendigkeit von Negativzinsen
An Firmenkunden geben Banken die Kosten schon länger weiter. Zunehmend trifft es aber auch Privatkunden, zum Teil auch schon bei geringeren Summen. Verivox zufolge räumen zehn Institute Kunden weniger als 100.000 Euro Freibetrag auf dem Tagesgeldkonto ein, zwei davon erheben den Negativzins auf das gesamte Guthaben.
Verbraucherschützern zufolge sind Negativzinsen grundsätzlich verboten. Sie seien bei Bestands- und Neukunden nur zulässig, wenn das Verwahrentgelt explizit mit den Kunden vereinbart worden sei. "Es reicht nicht, lediglich die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu ändern", sagte Dorothea Mohn, Leiterin des Finanzmarktteams beim Verbraucherzentrale Bundesverband. Betroffene sollten bei Zweifelsfragen die Verbraucherzentralen kontaktieren.
Grundsätzlich sehen Verbraucherschützer Negativzinsen bei "gängigen" Summen auf Spar- oder Girokonten kritisch. "Aus unserer Sicht ist das wirtschaftlich nicht erforderlich. Die Banken verdienen nach wie vor gut", sagte Mohn. Betroffene Kunden sollten über einen Wechsel des Kreditinstitutes nachdenken.
Verbände wie der Genossenschaftsverband erwarten allerdings keine Negativzinsen auf breiter Front. Die Volks- und Raiffeisenbanken nähmen den "Schutz des Spargedankens" sehr ernst, sagte jüngst Verbandschef Ingmar Rega. "Es wird viel mehr über die Weitergabe von Negativzinsen diskutiert als über den ausbleibenden Vermögensaufbau für die Altersvorsorge der Menschen", sagte Rega.