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Share Economy: Teilen statt Haben

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Share Economy Deutsche teilen nicht

Günstiger fahren mit Uber, origineller übernachten mit Airbnb - Anbieter der sogenannten Share Economy propagieren eine Kultur des Teilens. Doch eine Umfrage für SPIEGEL ONLINE zeigt: Die meisten Deutschen sind dazu nicht bereit.

Hamburg - New York geht gerade massiv gegen das Bettenportal Airbnb vor. Die Stadt soll durch kommerziellen Missbrauch der Plattform hohe Millionenbeträge an Hotelsteuern verloren haben; nun steuert sie gegen. Für Taxifahrer in Deutschland ist indes der Beförderungsdienst Uber zum Erzfeind geworden. Die Onlineplattform vermittelt Fahrgäste an private, meist günstigere Fahrer. Im Prinzip kann jeder, der einen Führerschein besitzt, mit Uber zum Chauffeur werden. Wer ohnehin mit dem Auto unterwegs ist, nimmt für ein wenig Geld jemanden mit und schont so noch die Umwelt.

Kommunen und alteingesessenen Betrieben bereiten Firmen der sogenannten Share Economy große Probleme, Verbraucher indes können durch sie bares Geld sparen. Entsprechend müssten eigentlich auch die Deutschen begeisterte Anhänger des Prinzips "Teilen und Tauschen" sein. Doch das stimmt nicht, wie eine Umfrage des GfK-Vereins  für SPIEGEL ONLINE zeigt. Von mehr als 2000 befragten Personen konnten 84 Prozent nicht einmal etwas mit den Begriffen Share Economy oder KoKonsum anfangen. Selbst unter den Jüngeren hatten mehr als 85 Prozent noch nichts davon gehört.

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Anhänger der Share Economy mögen nun sagen: Die Leute wissen zwar mit dem Begriff nichts anzufangen, aber sie nutzen die entsprechenden Angebote. Doch auch hier zeigt die Umfrage ein anderes Ergebnis. Zunächst wurde allen Befragten erklärt, was sich hinter Share Economy verbirgt: leihen statt kaufen, nutzen statt besitzen. Dann wurden den Teilnehmern entsprechende Angebote genannt. Immerhin 72,4 Prozent konnten mit den Beispielen etwas anfangen. Mehr als die Hälfte kennt Carsharing-Anbieter; Fahrdienste wie etwa Uber kennen nur knapp 39 Prozent.

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Aus der Gruppe derjenigen, die zumindest einen Anbieter kennen, haben 78,5 Prozent noch nie einen genutzt. Nur 21,5 Prozent sagten, dass sie schon einmal Nutzer eines Share-Economy-Angebots waren. Hier zeigen sich je nach Altersgruppe deutliche Unterschiede. Während für die Jüngeren offenbar Mobilitätsangebote besonders attraktiv sind, nutzten die älteren Befragten bevorzugt Übernachtungsplattformen.

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Ob und was die Deutschen tauschen, teilen, leihen oder verleihen, hängt vom Wohnort und damit wohl auch vom Angebot ab. So haben zum Beispiel Einwohner der Stadtstaaten Hamburg und Berlin Carsharing-Angebote deutlich mehr genutzt als Einwohner der großen Bundesländer.

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Zwar hat nicht einmal ein Viertel der Befragten jemals eine digitale Tauschbörse oder eine Mitfahrgelegenheit genutzt, doch die Versprechungen der Share Economy kommen gut an. Mehr als 77 Prozent aller Befragten finden, dass "Leihen statt kaufen" ein nachhaltiger Ansatz ist. Bei den Jüngeren ist die Zustimmung sogar noch höher.

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Doch wenn es darum geht, selbst etwas zu verleihen, dann flaut die Begeisterung ab. Nur 42,9 Prozent der Befragten möchten selbst zum Anbieter werden. Und nur 46 Prozent wären bereit, von ihren Mitmenschen etwas zu leihen oder zu mieten. Sind die Deutschen also ein Volk von Besitzfetischisten? Der internationale Vergleich fehle zwar, sagt Raimund Wildner, Geschäftsführer des GfK-Vereins. "Aber es ist schon so, dass die meisten es sich nicht vorstellen können, die Dinge nur zu nutzen und nicht zu besitzen."

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Allerdings gibt es beim Thema "Tauschen und Teilen" auch große Generationsunterschiede. Nur ein Drittel der Senioren würde anderen etwas über eine Share-Plattform ausleihen oder vermieten. Bei den 14- bis 29-Jährigen dagegen können sich das mehr als 61 Prozent der Befragten vorstellen.

Auch die persönlichen Einkommens- und Besitzverhältnisse haben laut der Umfrage einen Einfluss darauf, wie die Befragten das Prinzip "Tauschen und Teilen" finden. Während die Propheten der Share Economy gerne darauf verweisen, dass sich damit auch die weniger Wohlhabenden endlich etwas leisten können, zeigt die Umfrage genau das Gegenteil: Besonders angetan sind die Gutverdiener.

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"Es sind die Menschen mit höherem Einkommen, die die Angebote der Share Economy vermehrt kennen und sich vorstellen können, sich daran zu beteiligen", sagt Wildner. "Das liegt natürlich auch daran, dass diese Menschen Dinge zum Teilen anbieten können, die andere gar nicht haben, wie beispielsweise ein Ferienhaus oder ein Gästezimmer."

Ob das Prinzip "Tauschen und Teilen" sich durchsetzt? Nur 47 Prozent aller Befragten glauben, dass es ein erfolgreiches Modell der Zukunft sein wird. "Bei Share Economy handelt es sich derzeit noch um ein intellektuelles Großstadtphänomen, das in weiten Teilen Deutschlands noch in den Kinderschuhen steckt", sagt GfK-Verein-Geschäftsführer Wildner. Das wiederum dürfte die Taxifahrer beruhigen.

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