
Sharing Community: Pump dir meine Pumpe
Teilen statt kaufen So klappt's auch mit dem Nachbarn
Eine Bohrmaschine bohrt in ihrem Leben durchschnittlich rund 13 Minuten - den Rest der Zeit liegt sie im Schrank. Da könnte man sie doch mal dem Nachbarn leihen. Dann muss der sich nicht auch noch eine anschaffen.
Um die Idee des gegenseitigen Ausleihens von Dingen, die man nicht täglich braucht, zu fördern, geht es bei der Sharing Community mit dem schönen Namen "Pumpipumpe".
Als Kommunikationsmittel dient dabei kein Nutzeraccount auf einer Webplattform, sondern der eigene Briefkasten. Mit kleinen Piktogramm-Aufklebern teilt man darauf seinen Nachbarn mit, welche Dinge man ihnen leihen würde. 46 handgestaltete Motive hat Pumpipumpe im Angebot: von der Fahrradpumpe über diverse Küchen- und Haushaltsutensilien bis zur Discokugel und dem W-Lan-Anschluss. Natürlich dürfen Fondueset und Racletteöfchen nicht fehlen - die drei Macher des Projekts kommen schließlich aus Bern.
Wer seinen Nachbarn etwas ausborgen möchte, kann die Aufkleber über die Website www.pumpipumpe.ch bestellen. In Deutschland und der Schweiz werden sie kostenlos versendet.
Mehr teilen, weniger kaufen
Ob Bücher, Kleidung, Lebensmittel oder der Schlafplatz auf dem Sofa, fast alles lässt sich inzwischen - meist über das Internet - tauschen und teilen. Doch während es bei manchen Plattformen wie der Wohnraumbörse Airbnb oder dem Taxikonkurrenten Uber letztlich doch darum geht, Geld zu verdienen, und sich vor allem Investoren über die hohen Nutzerzahlen freuen, soll bei Pumpipumpe niemand reich werden.
"Wir arbeiten nicht profitorientiert", sagt Lisa Ochsenbein, die Pumpipumpe gemeinsam mit der Illustratorin Sabine Hirsig und dem Designstrategen Ivan Mele gegründet hat. "Uns geht es um ein bewussteres Konsumverhalten." Mehr teilen, weniger kaufen.
Der zweite wichtige Aspekt ist das Soziale. "Wir wollen die Leute lokal vernetzen", sagt die Produktdesignerin. Während man bei Sharing-Plattformen im Internet aufwendig Accounts anlegen und Fotos hochladen muss, sollte Pumpipumpe möglichst simpel, lokal und generationenübergreifend sein.

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Als das Designkollektiv im Herbst 2012 die Pumpipumpe-Website ins Netz stellte, war das Projekt nur als kleines Experiment in ihrer Berner Nachbarschaft geplant. Doch die Idee schien vielen zu gefallen, schnell wurden Ochsenbein, Hirsig und Mele von begeisterten Anfragen überhäuft. Aus der gesamten Schweiz, aus Deutschland, sogar aus Frankreich, Russland, Japan und Brasilien wurden Sticker angefordert.
Funktioniert das überhaupt?
Rund 6000 Aufklebersets seien inzwischen über die Website bestellt und verschickt worden, so Ochsenbein. Zusätzlich liegen die Aufkleber auch in manchen Läden aus.
Der Erfolg habe sie selbst überrascht, sagt die 29-Jährige. Anfangs hätten sie und ihre Mitstreiter die Aufkleber noch selbst gedruckt und ausgeschnitten, dank Crowdfunding konnten sie eine erste professionelle Stickerproduktion finanzieren. Den kostenlosen Versand in der Schweiz und Deutschland übernehmen lokale Partner, die das Projekt fördern wollen. Ansonsten finanziert sich Pumpipumpe durch Spenden, Sponsoren und Preisgelder. Unter anderem gewannen Ochsenbein & Co. im vergangenen Jahr den Bundespreis Ecodesign in der Kategorie Nachwuchs.
Die drei Schweizer hoffen, dass Pumpipumpe sich weiter verbreitet und wollen ihre Aufkleber gerne auch in mehr Länder kostenlos verschicken. "So müssen die Leute, die beim Projekt mitmachen, nicht dafür bezahlen, ihre Dinge kostenlos zu verleihen.", sagt Ochsenbein. "Deshalb sind wir kontinuierlich auf der Suche nach neuen Partnern und Sponsoren."
Pumpipumpe?
Wie gut ihre Aufkleber in den Treppenhäusern der Welt funktionieren, wissen Ochsenbein und ihre Kollegen nicht genau. Sie sind auf einzelne Rückmeldungen der Nutzer angewiesen. Die seien in der Regel sehr positiv. Nur selten beklage jemand, dass nach einem halben Jahr noch immer niemand geklingelt habe.
Ihre allererste Aufgabe erfüllen die Aufkleber laut Ochsenbein ohnehin in jedem Fall: Sie senden eine freundliche Botschaft aus. So könnten die Sticker eine erste Eisschmelze im Nachbarschaftsverhältnis auslösen.
Das Spannende an dem Offline-Ansatz sei eben auch, dass man nicht nur die üblichen Verdächtigen erreicht, die sich sowieso für einen nachhaltigen Lebensstil interessieren. "Die Briefkastenfläche spricht die direkte Umgebung an", sagt Ochsenbein. Den konsumkritischen Studenten genauso wie die Büroangestellte und die Oma aus dem ersten Stock.
Und der Name Pumpipumpe? Der sei damals sehr spontan entstanden. Er besteht aus dem Wort Pumpi, einer in der Schweiz gebräuchlichen Bezeichnung für die Fahrradpumpe, und dem Wort pumpen, also leihen. "Wenn wir gewusst hätten, dass das Projekt auf so viel Resonanz stößt", sagt Ochsenbein, "hätten wir wahrscheinlich etwas länger über einen Namen nachgedacht."