Entlastung für Verbraucher So funktioniert die Energiepreisbremse für Strom, Gas und Fernwärme

Ab heute sollen die Preisbremsen für Strom und Gas bei den Energiekosten für Entlastung sorgen. Wer profitiert davon – und was kostet das? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.
Die Flamme eines Gasherds: Geht ab jetzt etwas weniger ins Geld

Die Flamme eines Gasherds: Geht ab jetzt etwas weniger ins Geld

Foto: Frank Rumpenhorst / dpa

Millionen von Gas-, Strom- und Fernwärmekunden können aufatmen: Seit Mittwoch greifen die milliardenschweren staatlichen Preisbremsen zur Dämpfung der drastisch gestiegenen Energiekosten. Rückwirkend gibt es auch eine Entlastung für Januar und Februar. Die Bundesregierung hatte die Deckel im vergangenen Herbst beschlossen.

Finanziert werden die Preisbremsen aus einem bis zu 200 Milliarden Euro schweren »Abwehrschirm« des Bundes, einem über Schulden finanzierten Sondertopf. Wie viel die Bremsen am Ende kosten, hängt von der Entwicklung der Energiepreise ab. Zum Teil gibt es eine Gegenfinanzierung, weil krisenbedingte »Überschusserlöse« bei Stromerzeugern abgeschöpft werden. Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Warum kommen die Preisbremsen?

Die Bundesregierung hatte die Deckel im vergangenen Herbst angesichts der gestiegenen Energiepreise beschlossen – eine zuvor heftig umstrittene Gasumlage, die alle Gaskunden bezahlt hätten, war damit vom Tisch. Die Preisbremsen werden aus einem bis zu 200 Milliarden Euro schweren »Abwehrschirm« des Bundes bezahlt, das ist ein über Schulden finanzierter Sondertopf. Was die Bremsen den Staat am Ende kosten, hängt von der Entwicklung der Energiepreise ab. Zum Teil gibt es eine Gegenfinanzierung, weil krisenbedingte »Überschusserlöse« bei Stromerzeugern abgeschöpft werden.

Zwar sind die Großhandelspreise an den Märkten zuletzt wieder deutlich gesunken. Das Instrument der Gas- und Strompreisbremse seien aber weiter wichtig, um die Preise zu stabilisieren, erklärte das Bundeswirtschaftsministerium. Entwicklungen bei den Großhandelspreisen kämen immer erst nachgelagert beim Endkunden an.

Für Kritik sorgte, dass viele Versorger ihre Preise in den vergangenen Wochen und Monaten erhöht haben. Die Energiebranche verwies auf höhere Beschaffungskosten. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) wehrt sich gegen »pauschale Verdachtsäußerungen«. Beim Stadtwerkeverband VKU heißt es, die Energiepreise seien zwar im Großhandel gesunken, aber das aktuelle Preisniveau sei im Vergleich zum Vorkrisenniveau immer noch mindestens doppelt so hoch. Die Behörden hätten ausreichend Befugnisse, um missbräuchliches Verhalten zu untersuchen und zu ahnden.

Karsten Neuhoff, Leiter der Abteilung Klimapolitik im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin, sagte: »Die meisten Gasversorger haben das Gas bereits letztes Jahr – zu den damals noch viel höheren Preisen – eingekauft oder sie haben Langfristverträge, zum Beispiel mit Norwegen, die meist auf Preise des Vorjahres indexiert sind.« Diese spiegele sich in den Tarifen für Gaskunden.

Energiespartipps
Sei sparsam mit Warmwasser – das ist unkonkret. Besser: Stelle alle Einhandmischer auf Blau. Die meisten Menschen würden sie intuitiv in die Mittelposition bringen. So wird aber lauwarmes Wasser gemischt, dabei reicht für die meisten Gelegenheiten kaltes Wasser völlig aus, so Zink.

Sei sparsam mit Warmwasser – das ist unkonkret. Besser: Stelle alle Einhandmischer auf Blau. Die meisten Menschen würden sie intuitiv in die Mittelposition bringen. So wird aber lauwarmes Wasser gemischt, dabei reicht für die meisten Gelegenheiten kaltes Wasser völlig aus, so Zink.

Illustrationen: Noa Gunter / DER SPIEGEL
Die Debatte um Robert Habecks Duschgewohnheiten kam nicht gut an. Allerdings wüsste man gern konkret, was energiebewusstes Duschen eigentlich bringt. Der Duschrechner nordrhein-westfälischen Verbraucherzentrale (hier kommen Sie direkt dorthin) hilft. Dort sieht man, wie viel Geld sich sparen lässt – selbst wenn man sich nicht unter eiskaltes Wasser stellt. Im Beispiel: Wer das Wasser auf 36 statt 38 Grad erwärmt und statt 8 Minuten nur 7 Minuten duscht, spart aufs Jahr gerechnet 100 Euro.

Die Debatte um Robert Habecks Duschgewohnheiten kam nicht gut an. Allerdings wüsste man gern konkret, was energiebewusstes Duschen eigentlich bringt. Der Duschrechner nordrhein-westfälischen Verbraucherzentrale (hier kommen Sie direkt dorthin) hilft. Dort sieht man, wie viel Geld sich sparen lässt – selbst wenn man sich nicht unter eiskaltes Wasser stellt. Im Beispiel: Wer das Wasser auf 36 statt 38 Grad erwärmt und statt 8 Minuten nur 7 Minuten duscht, spart aufs Jahr gerechnet 100 Euro.

Illustrationen: Noa Gunter / DER SPIEGEL
Überheizte Räume kosten Energie, jedes Grad weniger spart sechs Prozent. Wie stellt man Heizkörper entsprechend ein? Kürzlich kursierte auf Twitter das Kurzvideo von einem Thermostat, auf dessen Skala jemand die Fotos von Politikern angebracht hatte: Wer die Heizung auf »4« aufdreht, macht dem Gazprom-Lobbyisten Gerhard Schröder eine Freude, auf »5« lacht sich Putin ins Fäustchen. Helfen können auch elektronische Thermostate: »20 Grad« ist immer noch konkreter als »2«.

Überheizte Räume kosten Energie, jedes Grad weniger spart sechs Prozent. Wie stellt man Heizkörper entsprechend ein? Kürzlich kursierte auf Twitter das Kurzvideo von einem Thermostat, auf dessen Skala jemand die Fotos von Politikern angebracht hatte:
Wer die Heizung auf »4« aufdreht, macht dem Gazprom-Lobbyisten Gerhard Schröder eine Freude, auf »5« lacht sich Putin ins Fäustchen. Helfen können auch elektronische Thermostate: »20 Grad« ist immer noch konkreter als »2«.

Illustrationen: Noa Gunter / DER SPIEGEL
Wer gut heizen will, muss richtig lüften. Das ist nicht neu, aber weil viele Menschen beim Wort »Stoßlüften« inzwischen an Corona denken, kann man ruhig mal daran erinnern. Denn es spart viel Heizenergie, wenn man im Winter zwei- oder dreimal am Tag mit weit geöffnetem Fenster kurz durchlüftet, statt die Fenster stundenlang zu kippen.

Wer gut heizen will, muss richtig lüften. Das ist nicht neu, aber weil viele Menschen beim Wort »Stoßlüften« inzwischen an Corona denken, kann man ruhig mal daran erinnern. Denn es spart viel Heizenergie, wenn man im Winter zwei- oder dreimal am Tag mit weit geöffnetem Fenster kurz durchlüftet, statt die Fenster stundenlang zu kippen.

Illustrationen: Noa Gunter / DER SPIEGEL
Auch wer wenig Strom verbraucht, spart indirekt Gas, ein Teil der Stromversorgung in Deutschland wird in Gaskraftwerken sichergestellt. Steckerleisten und Zeitschaltuhren sind probate Hilfsmittel zum Stromsparen, denn man kann damit die vielen Elektronikgeräte zuverlässig vom Netz trennen, die ausgeschaltet noch Strom ziehen. Unter Stromspar-Check.de gibt die Caritas dazu individuelle Beratung. Und das Beste: Teilweise bekommt man diese kleinen Hilfsmittel dort kostenlos.

Auch wer wenig Strom verbraucht, spart indirekt Gas, ein Teil der Stromversorgung in Deutschland wird in Gaskraftwerken sichergestellt. Steckerleisten und Zeitschaltuhren sind probate Hilfsmittel zum Stromsparen, denn man kann damit die vielen Elektronikgeräte zuverlässig vom Netz trennen, die ausgeschaltet noch Strom ziehen. Unter Stromspar-Check.de gibt die Caritas dazu individuelle Beratung. Und das Beste: Teilweise bekommt man diese kleinen Hilfsmittel dort kostenlos.

Illustrationen: Noa Gunter / DER SPIEGEL
Ein Beispiel aus der Abteilung Kleinvieh: Beim Kochen spart viel Energie, wer einen Deckel auf den Topf setzt. Klar, bei manchen Speisen geht das nicht, Nudeln etwa werden im offenen Topf gekocht. Aber selbst hier kann man das Wasser mit Deckel zum Kochen bringen. Man nimmt ihn dann erst ab, wenn die Nudeln dazukommen.

Ein Beispiel aus der Abteilung Kleinvieh: Beim Kochen spart viel Energie, wer einen Deckel auf den Topf setzt. Klar, bei manchen Speisen geht das nicht, Nudeln etwa werden im offenen Topf gekocht. Aber selbst hier kann man das Wasser mit Deckel zum Kochen bringen. Man nimmt ihn dann erst ab, wenn die Nudeln dazukommen.

Illustrationen: Noa Gunter / DER SPIEGEL
Mehrschichtige Fenster sind eine gute Wärmedämmung – wer keine hat, kann seine alten Fenster mit einer Isolierfolie ausrüsten, die im Baumarkt angeboten wird. Die hessische Landes-Energieagentur rechnet vor, dass sich bei einfach verglasten Scheiben pro Quadratmeter 25 Euro im Jahr damit sparen lassen. Und zeigt hier Schritt für Schritt, wie es geht.

Mehrschichtige Fenster sind eine gute Wärmedämmung – wer keine hat, kann seine alten Fenster mit einer Isolierfolie ausrüsten, die im Baumarkt angeboten wird. Die hessische Landes-Energieagentur rechnet vor, dass sich bei einfach verglasten Scheiben pro Quadratmeter 25 Euro im Jahr damit sparen lassen. Und zeigt hier Schritt für Schritt, wie es geht.

Illustrationen: Noa Gunter / DER SPIEGEL

Wie funktionieren die Energiepreisbremsen?

Für industrielle Großverbraucher gelten die Deckel schon. Für private Haushalte, kleine und mittlere Unternehmen wird der Gaspreis von Anfang März an auf zwölf Cent brutto pro Kilowattstunde begrenzt. Das gilt für 80 Prozent des im September prognostizierten Jahresverbrauchs. Wer also mehr als zwölf Cent zahlt, für den sinken die monatlichen Abschläge.

Für jede über die 80 Prozent hinausgehende Kilowattstunde müssen Kunden den festgelegten Arbeitspreis des jeweiligen Tarifs zahlen. Das soll einen Anreiz geben zum Energiesparen: Je weniger Gas man nutzt, desto geringer ist der Verbrauch, der über der Preisbremse liegt – und desto weniger zahlt man. Die Botschaft ist auch: Die Energiekrise ist noch nicht vorbei.

Der Strompreis für private Verbraucher sowie kleine und mittlere Firmen wird bei 40 Cent pro Kilowattstunde brutto begrenzt. Auch hier gilt dies für einen Bedarf von 80 Prozent des prognostizierten Verbrauchs. Auch Fernwärmekunden werden entlastet. Hier liegt der gedeckelte Preis bei 9,5 Cent je Kilowattstunde.

Die Preisbremsen laufen nach derzeitigen Regelungen am 31. Dezember 2023 aus. Eine Verlängerung maximal bis zum 30. April 2024 ist im Gesetz angelegt, hängt aber nach Angaben des Wirtschaftsministeriums von europäischen Vorgaben ab.

Was bedeutet das für die Verbraucher?

Verbraucher müssten sich um nichts kümmern, heißt es zum Beispiel bei Vattenfall oder E.on. Die Abschlagszahlung wird entsprechend verringert, die Kunden werden informiert. Mieter sollen die Entlastung in der Regel über die Heizkostenabrechnung erhalten, die dann im kommenden Jahr kommt.

VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing sagte, alle Unternehmen arbeiteten seit Monaten gemeinsam mit ihren IT-Dienstleistern mit Hochdruck an einer fristgerechten Umsetzung der Preisbremsen. Viele Kundinnen und Kunden hätten von ihren Energieversorgern bereits Informationsschreiben mit detaillierten Angaben zu Entlastungen erhalten. »Selbst, wenn es zu ungewollten Verzögerungen bei der Umsetzung der Energiepreisbremsen kommen sollte: Alle Verbraucherinnen und Verbraucher werden ihre Entlastungen bekommen.«

BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae sagte, die Gesetze zu den Energiepreisbremsen seien so komplex geraten, dass ihre praktische Umsetzung eine »Mammutaufgabe« sei. IT-Systeme für über 40 Millionen Haushalte sowie für Tausende Firmen müssten umgestellt werden. Die Umsetzung der Entlastungen über die Energieversorger sei ein absolutes Novum. Die Energiebranche habe in einer Ausnahmesituation die Abwicklung der Entlastungen zugewiesen bekommen – weil der Staat derzeit keine rechtssichere und praktikable Grundlage habe, mit denen er solche Preisbremsen oder finanziellen Hilfen direkt an die Bürger auszahlen kann. Das müsse sich schleunigst ändern.

Wie hoch ist die Entlastung?

Wie hoch die Entlastung ausfällt, richtet sich nach dem jeweiligen Verbrauch und Tarif. Bei vielen Versorgern gibt es im Internet Entlastungsrechner, mit denen die individuelle Entlastung ausgerechnet werden kann. Nach Berechnungen des Vergleichsportals Verivox wird eine Familie, die im örtlichen Grundversorgungstarif ist, im Bundesdurchschnitt um rund 718 Euro bei Gas und um rund 216 Euro bei Strom entlastet – bei einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden Gas und 4000 Kilowattstunden Strom.

Der bundesweite Neukundenpreis liege bei 35,9 Cent/kWh beim Strom und 11,2 Cent beim Gas. Haushalte könnten durch einen Wechsel in einen günstigen Tarif die Preisbremsen unnötig machen. Das sei aber nicht immer möglich, so Verivox-Energieexperte Thorsten Storck. »Wer beispielsweise im vergangenen Jahr einen Vertrag zu hohen Preisen mit längerer Laufzeit abgeschlossen hat, muss erst das Ende der Vertragslaufzeit abwarten. Daher sind die Preisbremsen immer noch wichtig.«

»Preisbremsen immer noch wichtig.«

Thorsten Storck, Energieexperte bei Verivox

Die Energiepreise entwickelten sich für Verbraucherinnen und Verbraucher derzeit positiv, sagte der Energieexperte des Vergleichsportals Check24, Steffen Suttner. Erwartet werde, dass die Preise für Neukunden in den kommenden Wochen weiter sinken. »Dann werden auch die Preisbremsen weniger gebraucht.« Die Entwicklung bleibe allerdings abhängig von den weltpolitischen Ereignissen sowie den Füllständen der Gasspeicher.

Was ist mit Öl und Pellets?

Der Bund hat auch eine Härtefallregel angekündigt für private Verbraucher, die andere Heizmittel verwenden, also etwa Öl oder Pellets – Voraussetzung sind massive Preissprünge. Seit Wochen aber verhandeln Bund und Länder über die Einzelheiten. Der Bund will bis zu 1,8 Milliarden Euro zur Verfügung stellen, die Länder sollen sich um die Anträge und Auszahlung kümmern.

mic/dpa-AFX
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