
Strom und Gas Wie Sie das Beste aus den Preisbremsen rausholen


Der Winter wird für Gas- und Fernwärmekunden teuer. Derzeit sorgt die Dezember-Soforthilfe zwar für etwas Entlastung, die richtige Einsparstrategie für 2023 planen Sie aber am besten schon jetzt. Die Taktik ist eigentlich ganz einfach: Gas, Fernwärme und Strom sparen, bis es in der Kasse klingelt. 20 Prozent Einsparung schaffen viele von Ihnen locker, noch mehr Sparen lohnt zusätzlich.
Mit der Gas- und Strompreisbremse haben sich die Ökonominnen und Ökonomen der Expertenkommission ein feines Modell ausgedacht: Wer besonders viel spart, soll dafür auch besonders belohnt werden und sogar mehr Geld für jede eingesparte Kilowattstunde zurückbekommen, als er oder sie beim Verbrauchen bezahlt hätte – bei der Heizung und beim Strom. Am Donnerstag will der Bundestag das Paket beschließen.
Die Strompreisbremse
Jeder Haushalt verbraucht Strom; das Energiesparpotenzial ist also groß. Wie die Strompreisbremse funktioniert, verdeutlicht am besten ein Beispiel: Sagen wir, Ihr Haushalt hat im vergangenen Jahr 2000 Kilowattstunden Strom verbraucht. Im November hat der Stromanbieter den Preis erhöht, von 30 auf 50 Cent brutto pro Kilowattstunde. Ohne Strompreisbremse würde der Stromverbrauch damit im kommenden Jahr 1000 Euro kosten. Vor der Preiserhöhung waren es noch 600 Euro im Jahr.
Die Strompreisbremse sorgt dafür, dass 80 Prozent Ihres bisherigen Stromverbrauchs nur 40 Cent brutto kosten dürfen. In unserem Beispiel macht das 640 Euro (1600 Kilowattstunden mal 40 Cent). Die restlichen 20 Prozent des Verbrauchs kosten immer noch 50 Cent, wie im Vertrag mit dem Energieversorger festgelegt. Das macht weitere 200 Euro. Durch die Strompreisbremse liegt die Jahresrechnung damit bei 840 Euro statt bei 1000 Euro.
Sparen Sie aber 20 Prozent Ihres Verbrauchs ein, müssen Sie überhaupt keinen Strom zum aktuell teuren Preis kaufen – in unserem Beispiel fallen so 200 Euro Kosten weg. Damit beträgt die Gesamtrechnung nur noch 640 Euro, nicht viel mehr als vor dem Ukrainekrieg.
Noch mehr zu sparen, lohnt sich. Denn: Auch für jede weitere gesparte Kilowattstunde bekommt unser Beispielhaushalt 50 Cent gutgeschrieben. Schafft die Familie es also, ihren Stromverbrauch um 30 Prozent zu reduzieren, bekommt sie bei der Abrechnung 300 Euro erstattet. Die Gesamtrechnung schrumpft so von 840 auf 540 Euro – das sind immerhin 60 Euro weniger als im Jahr vor der Energiepreisrally.
Die Gaspreisbremse
Dasselbe Modell gilt auch für Gaskunden. Nehmen wir an, im vergangenen Jahr hat Ihr Haushalt 20.000 Kilowattstunden Gas verbraucht und der Gasanbieter hat im November den Preis von 10 auf 30 Cent brutto pro Kilowattstunde erhöht. Damit würde der Verbrauch ohne Gaspreisbremse im kommenden Jahr 6000 Euro kosten (vorher 2000 Euro).
Die Gaspreisbremse sorgt 2023 dafür, dass Gaskunden für 80 Prozent Ihres bisherigen Verbrauchs nur 12 Cent brutto zahlen. Das macht für unseren Beispielhaushalt 1920 Euro (16.000 Kilowattstunden mal 12 Cent). Die restlichen 4000 Kilowattstunden kosten immer noch 30 Cent, macht weitere 1200 Euro. Auf der Jahresabrechnung stehen damit 3120 Euro. Ohne Gaspreisbremse wären es 6000 Euro.
Spart der Haushalt 20 Prozent Gas ein, fallen die 1200 Euro weg. Die Gesamtrechnung beträgt dann nur noch 1920 Euro, also weniger als vor dem Krieg.
Schaffen Sie es, den Verbrauch noch stärker zu reduzieren, bekommen Sie für jede gesparte Kilowattstunde bei der Abrechnung den hohen Vertragspreis Ihres Energieversorgers erstattet (in unserem Beispiel 30 Cent), auch wenn das Gas Sie dank des Preisdeckels nur 12 Cent gekostet hätte.
Sehr eifrige Energiesparer profitieren also besonders. Super, oder?
So schätzen Sie Ihr Einsparpotenzial
Nun zur Gretchenfrage: Kann ich tatsächlich 20 oder gar 30 Prozent beim Strom oder bei Gas und Fernwärme einsparen?
Beim Strom ist Ihr Einsparpotenzial recht einfach abzuschätzen. Haben Sie bisher eher großzügig alle Lampen brennen lassen und alte Haushaltsgeräte sowie einen großen alten Flachbildfernseher am Start gehabt – dann sollten Einsparungen von 20 Prozent oder mehr locker drin sein, wenn Sie Ihre Gewohnheiten ändern und moderne Geräte anschaffen. Weitere Stromspartipps finden Sie hier . Ob Ihre Sparbemühungen fruchten, können Sie schon nach einem Monat am Stromzähler sehen. Angenommen, Sie haben zuletzt 2000 Kilowattstunden (kWh) im Jahr verbraucht, dann sind das im Schnitt 166 kWh im Monat. Im Winter verbrauchen Sie mehr, also etwa 180 kWh. Wenn Ihr Verbrauch im Januar bei 150 kWh liegt, sind Sie auf einem guten Weg.
Beim Gas ist es leider nicht ganz so einfach. Erstens hat ein Großteil der mit Gas heizenden Haushalte keinen eigenen Zähler, die Zentralheizung läuft über den Vermieter oder bei Eigentumswohnungen über die Eigentümergemeinschaft. Ob Ihre Sparmaßnahmen wirken, können Sie dann nur schwer nachvollziehen.
Zweitens gibt es für alle Gaskunden eine gewichtige Unbekannte: das Wetter. Bekommen wir einen kalten Winter, steigt Ihr Gasverbrauch ordentlich, und Sie können ihn durch Einsparungen vielleicht gerade so auf das Vorjahresniveau drücken. Welche Sparmaßnahmen im Einzelnen helfen können, lesen Sie hier .
Bekommen wir einen milden Winter, ist Ihr Einsparpotenzial beim Gas deutlich größer als beim Strom. Unser Finanztip-Energieredakteur Benjamin hat in seiner Wohnung 50 Prozent Einsparungen gegenüber dem Vormieter erreicht. Was hilft: Lesen Sie, wenn möglich, regelmäßig den Zähler ab. Im Januar und Februar verheizen Sie normalerweise ein Drittel des Jahresbedarfs. Ende Februar sollten Sie also abschätzen können, ob Sie auf einem guten Weg sind.
Was schon jetzt Ihrem Portemonnaie hilft
Strompreisbremse und Gaspreisbremse werden gerade erst verabschiedet. Achten Sie darauf, ob Ihr Anbieter die Wirkung schon berücksichtigt hat , wenn Sie in den kommenden Wochen ein Schreiben mit Vorschlägen für eine angepasste Abschlagszahlung bekommen. Die Anbieter sollen den Abschlag eigentlich automatisch nach unten korrigieren.
Beide Preisbremsen sollen ab März gelten, aber rückwirkend schon für den Januar und Februar greifen. Auch das sollte Ihr Anbieter berücksichtigen – und Ihnen im März entsprechend viel erstatten.
Und wenn Sie so lange nicht warten wollen? Dann habe ich zwei Tipps für Sie.
Tipp 1: Wenn Sie eine drastische Erhöhung des Strom- oder Gaspreises bekommen haben, prüfen Sie zum Beispiel mit unserem Finanztip-Rechner, ob es ein günstigeres Angebot für Strom oder für Gas gibt. Schauen Sie besonders darauf, ob die Grundversorgung für Sie derzeit am preiswertesten ist. Ein vergleichsweise günstiger Vertrag mindert Ihr Risiko auf eine hohe Rechnung. Auch mit Strom- oder Gaspreisbremse.
Tipp 2: Prüfen Sie, ob Sie realistische Aussichten haben, Ihren Verbrauch deutlich zu senken. Dann können Sie Ihre Abschlagzahlung mindern. Der Abschlag, den Ihnen der Energieanbieter schickt, ist ein Vorschlag. Haben Sie Ihre Hauselektrik getauscht, einen Kamin eingebaut und die dicken Wintersocken schon an, sollten Sie den Abschlag reduzieren und das Geld gar nicht erst ausgeben. Sie können sich dabei auf $ 41b Absatz 3 Satz 2 des Energiewirtschaftsgesetzes berufen. Kontrollieren Sie dann regelmäßig die Zählerstände, damit Sie im Plan bleiben, und nicht letztendlich nachzahlen müssen.
Strategie für Zocker
Derzeit kursiert außerdem der strategische Tipp, sich jetzt einen Anbieter zu suchen, der besonders teuer ist. Die Idee: Wenn Sie als Einsparkönigin oder -könig Ihren Verbrauch um mehr als 20 Prozent gesenkt haben, bekommen Sie mit einem teuren Vertrag besonders viel Geld zurück .
Der Gedanke stimmt.
Wenn Sie bei einem Stromverbrauch von 2000 Kilowattstunden 30 Prozent Einsparung schaffen und Ihr Strompreis bei 60 Cent pro kWh liegt, bezahlen Sie am Ende des Jahres 20 Euro weniger als bei einem mittelteuren Anbieter mit 50 Cent pro kWh.
Aber diese Strategie funktioniert nur, wenn Sie trotz Homeoffice und kaltem Winter wirklich die Einsparziele übertreffen. Und auch nur, wenn das Bundeskartellamt Ihren besonders teuren Anbieter nicht zurückpfeift, weil seine Preise zu hoch und nicht nachvollziehbar sind. Solche Kontrollmöglichkeiten hat das Bundeswirtschaftsministerium diese Woche angekündigt.
Für die Teuer-Strategie gilt also oft: no risk, no fun. Rechnen Sie vorher. Und wenn Sie kein Spieler sind, lassen Sie's bleiben.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Fassung wurde die mögliche Ersparnis im letzten Beispiel falsch angegeben. Wir haben den Fehler korrigiert.