Unwirksame Klauseln Ex-Allianz-Kunden dürfen auf Nachzahlung hoffen

Es ist ein Urteil mit Sprengkraft: Das Oberlandesgericht Stuttgart hat etliche Vertragsklauseln aus Lebens- und Rentenversicherungen der Allianz für unwirksam erklärt. Frühere Kunden könnten nun pro Vertrag rund 500 Euro Nachzahlung bekommen - den Konzern würde dies zwei Milliarden Euro kosten.
Hauptverwaltung der Allianz: Schlappe vor Oberlandesgericht

Hauptverwaltung der Allianz: Schlappe vor Oberlandesgericht

Foto: Allianz Deutschland AG

Stuttgart - Große Teile von Lebens- und Rentenversicherungsverträgen der Allianz   sind nach Ansicht des Oberlandesgerichts Stuttgart intransparent und aus diesem Grund unwirksam. Es geht um zu geringe Rückkaufswerte und zu Unrecht einbehaltene Stornoabzüge, die die Allianz Lebensversicherungs-AG vom 1. Juli 2001 bis Ende 2007 verwendet hat.

Die Verbraucherzentralen hatten gegen den Konzern geklagt und recht bekommen. Sie schätzen die Ansprüche der Verbraucher auf rund zwei Milliarden Euro. "Wer zwischen Juli 2001 und Ende 2007 eine Lebens- oder Rentenversicherung bei der Allianz abgeschlossen und seither gekündigt oder beitragsfrei gestellt hat, sollte seine Ansprüche sofort anmelden", sagt Edda Castelló von der Verbraucherzentrale Hamburg. Zu diesem Zweck haben die Verbraucherschützer einen Musterbrief ins Netz gestellt .

Die Verbraucherzentrale hatte im Namen von 80 Kunden geklagt, die ihre Lebensversicherung vorzeitig beendet und dafür einen zu geringen Rückkaufswert erhalten hatten. Dieser muss demnach neu berechnet werden. Außerdem ist laut Urteil ein Stornoabzug nicht zulässig.

In Deutschland gibt es nach Schätzungen der Verbraucherzentralen rund 90 Millionen Lebens- und Rentenversicherungen. Auf die Allianz entfallen bei einem Marktanteil von 17 Prozent und einer Stornoquote von zuletzt 3,8 Prozent für den entsprechenden Zeitraum knapp vier Millionen Verträge. Pro Vertrag gehen die Verbraucherzentralen von einer Nachzahlung von 500 Euro aus - damit würde auf die Versicherung eine Summe von zwei Milliarden Euro zukommen.

Allianz will Beschwerde beim BGH einreichen

Die Allianz reagierte verhalten auf das Urteil. Sie gehe davon aus, dass die Klauseln den Transparenzanforderungen des Bundesgerichtshofs (BGH) genügen, teilte sie mit. Die allgemeinen Versicherungsbedingungen hätte man nach früheren Urteilen des BGH entsprechend überarbeitet.

Derzeit kann die Allianz das Urteil allerdings nicht anfechten. Das Oberlandesgericht hat die Revision zum BGH nicht zugelassen. Dagegen will die Allianz nun Beschwerde einlegen. Bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung werden keine Nachzahlungen geleistet.

Sollte der BGH im Ergebnis die bisher ergangenen Entscheidungen bestätigen, werde die Allianz "selbstverständlich die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf unsere Versicherungsverträge überprüfen und die gegebenenfalls erforderlichen Schritte unternehmen", erklärte das Unternehmen.

Aktenzeichen: 2 U 138/10

dis/dapd
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