Entscheidung des EU-Parlaments Vegane Wurst darf auch weiter so heißen

Ein Veggie-Regal in einem Supermarkt in Brüssel: Die Veggie-Wurst wird weiterhin so heißen
Foto: Francisco Seco / APDas Europaparlament hat einen Gesetzentwurf abgelehnt, demzufolge pflanzliche Fleischersatzprodukte nicht mehr mit Bezeichnungen wie "Steak", "Wurst" oder "Burger" benannt werden dürfen. Auch ein Kompromissentwurf, der eine deutlichere Kennzeichnung der Ersatzprodukte mit dem Vermerk "ohne Fleisch" vorschlug, fiel durch.
Regeln für Milchalternativen jetzt noch strenger
Während die pflanzliche Pelle der Tofu-Wurst unberührt bleibt, soll es der Entscheidung des EU-Parlaments zufolge aber Änderungen bei anderen Produkten geben: Der Gesetzentwurf für strengere Regeln für Milchalternativen bekam eine Mehrheit von 386 zu 290 Stimmen. Bezeichnungen wie "Mandelmilch" sind in der EU bereits verboten. Der Europäische Gerichtshof urteilte 2017, dass als Milch nur Erzeugnisse bezeichnet werden dürfen, die aus der "normalen Eutersekretion" von Tieren gewonnen werden. Das Gleiche gilt für die Bezeichnungen von Milchfolgeprodukten als "Käse" oder "Butter".
Der Gesetzentwurf sieht nun vor, dass auch beschreibende Ausdrücke wie "à la", "Typ" oder "Nachahmung" nicht zugelassen werden sollen.
Marco Contiero, EU-Direktor für Agrarpolitik bei der Umweltorganisation Greenpeace, nannte die Entscheidung für verschärfte Regeln für Milchersatzprodukte "schmachvoll". Der Europäische Verbraucherverband (BEUC) schloss sich der Kritik an. Die Hoffnung liege nun darauf, dass sich der Gesetzesvorschlag bei den Verhandlungen mit dem EU-Rat nicht durchsetzen könne, teilte BEUC-Lebensmittelexpertin Camille Perrin mit. Der Verband lobte indes die Entscheidung gegen das Verbot von Fleischbezeichnungen für Veggie-Produkte. Damit sei das EU-Parlament dem gesunden Menschenverstand gefolgt, so der Verband.
FDP-Politiker und Grünenpolitiker sehen keine Verwechslungsgefahr
Zuvor hatten Politiker der FDP und der Grünen betont, dass sie keine Verwechslungsgefahr sähen. "Wir halten die ganze Debatte für völlig überflüssig", sagte der FDP-Europaabgeordnete Jan-Christoph Oetjen der Nachrichtenagentur dpa. "Wir sind überzeugt, dass sich der Bürger selbst ein Bild machen kann." Schließlich wisse der Verbraucher auch, dass man Scheuermilch nicht trinken könne. Er kündigte an, dass die FDP gegen die entsprechenden Änderungsanträge stimmen werde.
Vor allem Landwirtschaftsverbände hatten vorab massiv Werbung für das Verbot der Fleischbezeichnungen für Ersatzprodukte gemacht. Der EU-Landwirtschaftsverband (Copa-Cogeca) teilte mit, dass mit der Zulassung von Fleischbezeichnungen für pflanzenbasierte Alternativen ein Präzedenzfall geschaffen worden sei. Er sprach von einem Schaden für Landwirte und Konsumenten, die durch die unklaren Bezeichnungen verwirrt würden.
Bauernverband: Fleisch muss Fleisch bleiben
Der Deutsche Bauernverband (DBV) forderte "ehrliche" Produktnamen für Ersatzprodukte. Dass für die pflanzlichen Alternativen Fleischbenennungen gewählt würden, bezeichnete DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken Anfang Oktober als "merkwürdige Form von Trittbrettfahrerei". Krüsken: "Ein Marketing, mit dem das Original erst in Verruf gebracht und dann in der Bezeichnung kopiert wird, ist unlauter."
The #meatdenomination debate has been dominating the headlines over the past weeks. And while it might not the most important #CAP issue on the table it still remains relevant for EU farmers as it does for plant based industry.
— COPA-COGECA (@COPACOGECA) October 20, 2020
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Our arguments: https://t.co/3nmVEOwpjb pic.twitter.com/wlSz3RhL1h
Es gehe nicht darum, den Veggie-Markt auszubremsen, sagte der Vorsitzende des Agrarausschusses des Europaparlaments, Norbert Lins. Der CDU-Politiker forderte jedoch Klarheit bei den Bezeichnungen. "Wir wollen die Bezeichnung 'reiner' Fleischprodukte schützen, während das Ersatzprodukt für Fleischzubereitungen das 'Veggie-Label' führen sollte."
Grüneneuropapolitiker Martin Häusling sah kein Risiko der Verwirrung für Konsumenten an den Kühlregalen. Er glaube nicht, dass es bei Veggie-Burgern und Burgern aus Fleisch zu Verwechslungen kommen könnte. Häusling befürchtet eher, dass das EU-Parlament Gefahr laufe, damit in einer "zweiten Gurkenverordnung" zu enden. Die berühmt-berüchtigte - und mittlerweile wieder aufgehobene - Verordnung zur erlaubten Krümmung von Gurken wird von Kritikern gern als Beispiel für eine Überregulierung aus Brüssel genannt.
In Deutschland sind Fleischbezeichnungen für Pflanzenprodukte derzeit möglich. Voraussetzung dafür ist der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission zufolge, dass es eine Ähnlichkeit der Produkte gibt. Diese kann durch verschiedene Kriterien wie Verwendungszweck, Konsistenz oder Mundgefühl gegeben sein.