Verdächtige Tiefkühlprodukte Pferdefleisch-Skandal erreicht Deutschland

Pferdefleisch-Verarbeitung in Rumänien: Lasagne-Lieferung nach Deutschland
Foto: Vadim Ghirda/ APBerlin - Im Pferdefleisch-Skandal gibt es einen ersten Verdacht in Deutschland. Das teilte ein Sprecher des Verbraucherministeriums in Nordrhein-Westfalen auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE mit. Demnach hat die Behörde am Dienstagabend erstmals Lieferlisten von der EU bekommen, aus denen klar hervorgehe, dass größere Mengen Tiefkühlprodukte in die Bundesrepublik geliefert worden sind, die falsch deklarierte Fleischprodukte enthalten könnten.
Die Lieferungen fanden demnach zwischen November 2012 und Januar 2013 statt. Ein Unternehmen aus Luxemburg und eine Firma aus Frankreich könnten falsch deklariertes Fleisch geliefert haben. Die verdächtigen Tiefkühlprodukte, unter anderem Lasagne, seien nicht nur nach Nordrhein-Westfalen gelangt, sondern auch in andere Regionen der Bundesrepublik. Sie seien nicht nur an Supermarktketten und Discounter geliefert worden, sondern auch an andere Lebensmittelunternehmen, die mit Tiefkühlprodukten handeln.
Das Landesumweltamt überprüfe nun die betroffenen Betriebe. Ob die betroffenen Tiefkühlprodukte tatsächlich Pferdefleisch enthalten, könne nur ein DNA-Test bestätigen. Die Ergebnisse erwarte man in drei bis fünf Tagen. Bei bisherigen amtlichen Untersuchungen waren die Proben stets negativ gewesen.
Am Montag hatte SPIEGEL ONLINE berichtet, dass der Lebensmitteldiscounter Kaiser's Tengelmann wegen Pferdefleischverdacht seine Tiefkühllasagne aus den Regalen genommen hat. "Aus vorsorgendem Verbraucherschutz", wie das Unternehmen betonte. Einen Nachweis, dass Pferdefleisch in der Lasagne verarbeitet wurde, gibt es nicht; das Produkt wird noch untersucht. Auch die Supermarktkette Real nahm einzelne Fertiggerichte vom Markt.
Das Fleisch läuft über mehrere Zwischenhändler
In den vergangenen Wochen waren in zahlreichen Ländern der EU Fertiggerichte entdeckt worden, in denen statt des angegebenen Rindfleischs auch Pferdefleisch verarbeitet worden war. Kernproblem des Skandals ist, dass das Fleisch über mehrere Zwischenhändler läuft, von denen jeder schummeln kann. Bessere Regeln im EU-Binnenmarkt könnten dieses Problem beheben.
Verbraucherministerin Ilse Aigner hat die Missstände scharf kritisiert. "Verbrauchertäuschung ist verboten", sagte die CSU-Politikerin.
Britische Behörden versprachen nach dem Fund von Pferdefleisch bei zwei Verarbeitungsbetrieben in England und Wales die restlose Aufklärung des Skandals. Der Betreiber eines Schlachthofs in Nordengland steht dort unter dem Verdacht, geschlachtete Pferde an einen Betrieb in Wales weitergegeben zu haben. Das Fleisch wurde vermutlich zu Burger-Frikadellen und Kebabs verarbeitet und als Rind verkauft.
In Großbritannien stößt der Skandal auf geteilte Reaktionen. Einerseits ist die Empörung groß. Andererseits melden britische Spezialfleischlieferanten einen rapiden Anstieg bei der Nachfrage nach Pferdefleisch, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Offenbar sind viele Verbraucher neugierig geworden - und wollen einmal ausprobieren, wie Pferdefleisch überhaupt schmeckt.