Vermögen weltweit Mehr Reichtum, weniger Reiche

Nie war das weltweite Vermögen so groß wie heute. Doch entgegen allen Vorurteilen ist das Geld breiter verteilt als noch zur Jahrtausendwende: Laut einer Studie wächst die Mittelschicht, die Zahl der Wohlhabenden sinkt hingegen.
Model in Genf: Die Schweiz führt die Wohlstandsstatistik an

Model in Genf: Die Schweiz führt die Wohlstandsstatistik an

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Hamburg - Es ist das höchste Wachstum seit zehn Jahren: Das Vermögen privater Haushalte ist 2013 weltweit auf 118 Billionen Euro gestiegen. Das sind rund zehn Prozent mehr als im Jahr zuvor und 27 Prozent mehr als 2007. Damals begann die weltweite Finanzkrise. Angesichts der Zahlen, die die Allianz in ihrer Vermögensstudie "Global Wealth Report"  präsentiert, scheint die Krise überwunden. Vor allem die gute Entwicklung an den Aktienmärkten trug zum Vermögenswachstum bei.

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In Deutschland besitzt jeder Bürger im Schnitt ein Netto-Geldvermögen von 44.280 Euro. Damit kommt die Bundesrepublik im weltweiten Ranking auf Platz 16. Spitzenreiter ist die Schweiz, gefolgt von den USA. Das weltweite durchschnittliche Netto-Geldvermögen pro Kopf lag 2013 bei 17.700 Euro.

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Für den Bericht wurde die Vermögens- und Schuldenlage privater Haushalte in mehr als 50 Ländern analysiert. Dabei sind die Autoren auch der Frage nachgegangen, ob die Ungleichheit bei der Vermögensverteilung zugenommen hat. Ihr Fazit: Von zunehmender Ungleichheit könne keine Rede sein, denn die Mittelschicht wachse - und damit die Zahl der Menschen, die am weltweiten Wohlstand teilhaben.

Fast eine halbe Milliarde Menschen ist demnach in den vergangenen 13 Jahren in die globale Vermögensmittelklasse aufgestiegen. Zwischen 2012 und 2013 waren es 60 Millionen. Zur Mittelklasse zählt in der Allianz-Definition, wer ein Vermögen zwischen 5300 und 31.800 Euro besitzt. Im vergangenen Jahr waren das laut Allianz weltweit 912 Millionen Menschen.

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Allerdings setzt sich ein Teil der neuen Mittelschicht auch aus Absteigern zusammen. Denn die Zahl der wohlhabenden Menschen ist geschrumpft. Die meisten Absteiger aus der Oberschicht gab es in den USA, Japan, Frankreich und Italien. Seit der Jahrtausendwende sind laut der Studie 65 Millionen Menschen aus der sogenannten Vermögensoberklasse herausgefallen. Zu den Wohlhabenden mit mehr als 31.800 Euro Vermögen gehörten 2013 weltweit noch 439 Millionen Menschen.

Die große Mehrheit gehört aber der Vermögensunterklasse an, besitzt also weniger als 5300 Euro. 3,55 Milliarden Menschen fallen in diese Gruppe. Deren Zahl hat sich seit der Jahrtausendwende kaum geändert. Denn obwohl 491 Millionen Menschen innerhalb der vergangenen 13 Jahre in die Mittelklasse aufgestiegen sind, sorgt das globale Bevölkerungswachstum dafür, dass die Größe der Unterklasse konstant bleibt. Deutlich geschrumpft ist sie in Entwicklungsländern in Asien, Lateinamerika und Osteuropa. Allein in China schafften es seit dem Jahr 2000 mehr als 300 Millionen Menschen, in die Mittelklasse aufzusteigen.

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In den meisten der untersuchten Länder habe sich die Vermögensverteilung in den vergangenen zehn Jahren kaum verändert oder sogar verbessert, schreiben die Autoren der Studie. Es gebe aber auch Länder, in denen die Ungleichheit zugenommen habe. So sei in Russland und Indien der Vermögensanteil der reichsten zehn Prozent noch einmal deutlich gestiegen. Diese Entwicklung sei auch deutlich in Ländern zu beobachten, die wirtschaftliche Krisen durchlaufen - etwa in Frankreich, Italien und Griechenland. Aber auch in den USA und Irland, die den Tiefpunkt der Wirtschaftskrise wohl hinter sich haben. Die Erklärung der Studienautoren: Krisenbedingte Rückschläge beim Vermögensaufbau scheinen vor allem die kleinen und mittleren Vermögen zu treffen, nicht so sehr die großen.

Deutschland gehört laut der Studie im internationalen Vergleich noch immer zu den Ländern, in denen das Vermögen ungleich verteilt ist. Das habe sich seit der Jahrtausendwende kaum verändert, schreiben die Autoren. Sie führen das auf die lange Teilung des Landes in Ost und West zurück.

Niedrigzinsen kosten deutsche Sparer 23 Milliarden Euro

Viele deutsche Sparer fürchten angesichts niedriger Zinsen im Euroraum um ihr Geld. Derzeit liegen die Sparzinsen meist unter der Inflationsrate und Sparer verlieren real Geld. Auch der Finanzkonzern Allianz   hat Probleme, sein Vermögen ohne hohes Risiko gewinnbringend anzulegen. Entsprechend kritisch beleuchtet die Studie die Folgen der Niedrigzinsen im Euroraum.

Dazu kalkulierten die Autoren die Zinsgewinne und -verluste seit 2010 und zogen die Durchschnittszinsen der Vorkrisenjahre 2003 bis 2008 als Vergleich heran. Demnach gehören die Deutschen neben den Belgiern und Slowaken zu den Verlierern der lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Von 2010 bis einschließlich 2014 macht jeder deutsche Sparer demnach einen Zinsverlust von etwa 280 Euro. Das sind auf Deutschland hochgerechnet 23 Milliarden Euro. Der Grund: Die Deutschen setzen vor allem auf Tages- und Festgeldkonten, bekommen aber kaum noch Zinsen darauf.

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Im Gegenzug sinken zwar auch die Zinsen für Bankkredite. Doch weil private Haushalte in Deutschland kaum verschuldet sind, profitieren sie davon viel weniger als Menschen in Portugal, Spanien, Griechenland und Irland. In diesen vier Ländern liegt der Zinsgewinn pro Kopf bei 1000 Euro und mehr. Mit mehr als 1700 Euro pro Kopf sind überraschend die Finnen die größten Profiteure der EZB-Politik. Den Studienautoren zufolge liegt das vor allem am rapiden Fallen der Kreditzinsen, etwa bei der Baufinanzierung.

Aktien bringen die höchste Rendite

Doch trotz mickriger Zinsen im Euroraum - das rasante globale Vermögenswachstum zeigt, dass sich durchaus noch etwas verdienen lässt. Der Vermögensbericht ist auch der Frage nachgegangen, mit welcher Anlageform sich zuletzt die höchste Rendite erzielen ließ. Demnach konnten sich erneut Aktionäre über den höchsten Zuwachs freuen. In Wertpapiere investiertes Vermögen wuchs im Schnitt um 16,5 Prozent. Wer auf Versicherungen und Pensionen setzte, erzielte im Schnitt ein Plus von 7,2 Prozent. Am schlechtesten schnitten Bankeinlagen ab - also Sparbuch, Festgeld- oder Tagesgeldkonto. Hier lag die Zuwachsrate bei 5,5 Prozent.

Dem Allianz Global Wealth Report liegen die Daten aus 53 Ländern zugrunde. Diese Länderauswahl deckt den Autoren zufolge knapp 91 Prozent des weltweiten BIP und 69 Prozent der Weltbevölkerung ab.
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