Sparen in unruhigen Zeiten Warum Aktienfonds immer noch sicherer sind als Gold

Börsenhändler in New York
Foto: Justin Lane/ dpaDreimal habe ich diese Woche schon mit Bekannten über ihre Aktienfonds diskutiert. Sie haben in den vergangenen Jahren sogenannte ETFs gekauft, häufig Indexfonds, die den internationalen Aktienindex MSCI abbilden. Und sie fragen sich, ob ihr Sparvorhaben in politisch unruhigen Zeiten wie diesen der richtige Schritt war.
Ich beruhige sie dann. Sparen mit Aktien ist ein langfristiges Projekt, 10 bis 15 Jahre sollten sie schon Zeit haben. Dann ist jedenfalls in der Vergangenheit aus dem Auf und Ab an der Börse regelmäßig eine schöne Rendite geworden - selbst in politisch unruhigen Zeiten.
Ob es wirklich sinnvoll ist, mehr Indexfonds zu kaufen, ist nicht die einzige Sorge, die diese Bekannten umtreibt.
- Der nächste Einwand, der dann regelmäßig kommt, lautet: Die Börsen stehen doch so hoch, sollte ich nicht lieber jetzt gleich aussteigen? Meine Antwort: Wenn sie das Geld demnächst brauchen, ist das eine gute Idee. Wenn sie das Ersparte in den kommenden zehn Jahren wahrscheinlich nicht brauchen, ist das eine Schnapsidee.
Tatsächlich sind die Börsen im Vergleich zum Tiefpunkt 2009 so gestiegen, dass mutige Anleger, die damals Aktien beziehungsweise Aktienfonds gekauft haben, sich heute über eine schöne Rendite freuen können. Betrachtet man nur die vergangenen fünf Jahre, waren beim MSCI World fast 15 Prozent Rendite pro Jahr drin. Doch zuvor, 2007 und 2008, waren die Börsenkurse auch ziemlich hoch. Und wer 2007 einen Indexfonds gekauft hat, sieht zwar jetzt, dass er keine Verluste mehr macht, aber eine riesige Rendite sieht er noch nicht. Das zeigt: Wer glaubt, kurzfristig den richtigen Einstieg oder Ausstiegszeitpunkt zu erwischen, betreibt Glücksspiel.
- Nächstes Argument: Aber in diesem weltweiten Aktienindex MSCI World sind doch 60 Prozent US-Aktien, kann das gut gehen? 60 Prozent US-Aktien sind in der Tat viel. Aber das spiegelt vor allem die Tatsache, dass Unternehmen in den USA ihr Geld von der Börse holen, nicht von der Bank und auch nicht als Familienbetrieb aus den Gewinnen früherer Jahre. Sollte es unter Präsident Donald Trump mit der US-Wirtschaft nach unten gehen, würden Firmen aus anderen Teilen der Welt im Index ein Gewicht bekommen.
- Auch diese Frage ist oft zu hören: Sollte ich wegen Trump nicht lieber einen europäischen Aktienfonds kaufen - also einen Indexfonds, der sich auf Europa konzentriert ? Das kann man machen. Der Stoxx Europe 600 etwa ist breit gestreut, er umfasst die 600 größten börsennotierten Firmen in Europa. Das fängt Schwankungen gut ab. Außerdem sind die im Index enthaltenen großen europäischen Konzerne von Nestlé über Siemens bis Santander auch sehr international orientiert, haben Standorte in aller Welt und exportieren weltmeisterlich. Über 15 Jahre hätte eine Anlage hier 4,2 Prozent pro Jahr gebracht, verglichen mit 4,7 Prozent beim MSCI World.
Ob der europäische Fonds auch mal besser läuft, hängt natürlich von den weiteren politischen Entwicklungen ab: den Austrittsverhandlungen der Briten mit der EU, dem Ergebnis der Wahlen in Frankreich und in den Niederlanden oder dem künftigen Erfolg der deutschen und europäischen Exportindustrie in den USA, in China oder Indien.

Micha Kirsten / Finanztip
Hermann-Josef Tenhagen, Jahrgang 1963, ist Chefredakteur von »Finanztip« und Geschäftsführer der Finanztip Verbraucherinformation GmbH. Der Geldratgeber ist Teil der Finanztip Stiftung. »Finanztip« refinanziert sich über sogenannte Affiliate-Links, nach deren Anklicken »Finanztip« bei entsprechenden Vertragsabschlüssen des Kunden, etwa nach Nutzung eines Vergleichsrechners, Provisionen erhält. Mehr dazu hier .
Tenhagen hat zuvor als Chefredakteur 15 Jahre lang die Zeitschrift »Finanztest« geführt. Nach seinem Studium der Politik und Volkswirtschaft begann er seine journalistische Karriere bei der »Tageszeitung«. Dort ist er heute ehrenamtlicher Aufsichtsrat der Genossenschaft. Auf SPIEGEL.de schreibt Tenhagen wöchentlich über den richtigen Umgang mit dem eigenen Geld.
Eine weitere Einschränkung muss man außerdem machen: Verglichen mit den USA gibt es hierzulande mehr erfolgreiche Unternehmen, die nicht an die Börse gehen. Das fängt bei Bosch an. Dazu gehört aber auch die Großtischlerei im münsterländischen Vreden, die diese Woche die neuen Schreibtische für Apple-Chef Tim Cook präsentierte und die Ausstattung für dessen Ladenlokale baut. Und die Farbenfabrik Keim aus der Nähe von Augsburg, die das Weiße Haus über Jahre in neuem Glanz erscheinen ließ .
Wen aber nicht stört, dass nicht alle erfolgreichen Unternehmen an den europäischen Börsen zu finden sind, kann sich unter den besten günstigen europäischen Fonds beruhigt umsehen und investieren.
- Doch trotz meiner Argumente sind die Fragenden dann noch immer nicht zufrieden. Es gibt doch allein an der Börse in Frankfurt mehr als tausend Indexfonds, sagen sie. Sind darunter nicht vielleicht welche, die für die drohenden Krisen besser geeignet sind als so breit gestreute wie der MSCI World oder der Stoxx Europe 600? Eher nicht, denn viele der spezialisierten Fonds kosten mehr Gebühren als die breiten internationalen oder europäischen Indexfonds , und praktisch alle von ihnen bilden nur einen schmaleren Teil des internationalen Aktienmarkts ab.
Und schwer verständlich sind manche der Fondskonzepte außerdem. An dieser neuen Vielfalt verdienen vor allem die Fondsgesellschaften, die eine unüberschaubare Zahl solcher Produkte mit teils zweifelhafter Qualität auf den Markt gebracht haben. Davon sollte man lieber die Finger lassen.
- Letzte in Deutschland unvermeidliche Frage: Oder sollte ich doch lieber Gold und Bitcoins, alte Autos, expressionistische Gemälde oder Briefmarken kaufen? Von mir gibt es eine solche Empfehlung nicht. Solche Anlagen sind entweder reine Wetten oder nur geeignet für Menschen, die schon alle anderen Anlageformen ausgeschöpft haben und ihrem Hobby auch als Geldanlage frönen. Die Rendite bei Gold und ähnlichen Investments ist unsicher. Und damit nichts für normale Anleger.
Dann lege ich mich halt wieder schlafen, sagt einer der Bekannten. Eigentlich keine schlechte Idee, antworte ich. Das Sparen mit Indexfonds ist genau darauf ausgerichtet: Anlegen und sich schlafen legen. Weil die internationalen Aktienfonds das Ersparte so breit weltweit verteilen, kann man kurzfristig ruhiger schlummern und sich langfristig doch über einen schönen Ertrag freuen.
Und in der Zeit, in der man wach ist, könnte man sich zum Beispiel etwas ausgeschlafener und intensiver mit der Politik hierzulande beschäftigen. Das täte in politisch unruhigen Zeiten wie in diesem Wahljahr der Demokratie gut.