Hermann-Josef Tenhagen

Entlastung für Verbrauchende Was Ihnen die Gaspreisbremse ganz konkret einbringt

Hermann-Josef Tenhagen
Eine Kolumne von Hermann-Josef Tenhagen
Die Bundesregierung will eine Gaspreisbremse beschließen. Hier erfahren Sie, wie viele hundert Euro Sie dadurch schon in den kommenden Monaten sparen können.
Lieber ein bisschen runterdrehen: Eine zwei Grad niedrigere Wohnungstemperatur bringt rund zwölf Prozent Ersparnis

Lieber ein bisschen runterdrehen: Eine zwei Grad niedrigere Wohnungstemperatur bringt rund zwölf Prozent Ersparnis

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Piero Nigro / aal.photo / IMAGO

Seit Montag liegt der Plan der Gaskommission vor – und seither fragen sich Millionen Gaskunden, wie die geplanten 60 Milliarden Euro in den kommenden 20 Monaten bei ihnen ankommen .

Der Vorschlag scheint an sich klar, aber der Teufel steckt in den Details, die die Regierung jetzt regeln muss. Und mit Details tut sie sich schwer. Für Sie als Bürgerinnen oder Bürger gilt: Mit jeder gesparten Kilowattstunde (kWh) machen Sie sich ein Stück unabhängiger vom Geschick der Regierung. Auch ein gutes Verhältnis zum Vermieter kann in diesem Winter für finanzielle Entlastung sorgen.

Noch mal zu den Grundlagen: Rund die Hälfte der Bevölkerung heizt mit Gas, dieser Teil sowie alle Fernwärmekunden sollen zweimal Hilfe bekommen.

Einmal im Dezember, da sollen Gas- und Fernwärmekunden ihren Heizungsabschlag bezahlt bekommen. Dafür sollen sie aktiv nichts tun müssen.

Das zweite Mal ab März 2023. Dann sollen Preisnachlässe für einen großen Teil des verbrauchten Gases gelten. Privatkunden und kleine Unternehmen sollen 80 Prozent ihres bisherigen Gasverbrauchs für einen gedeckelten Preis von 12 Cent brutto pro Kilowattstunde bekommen – und nur für den Rest den tatsächlichen Preis ihres Gasversorgers zahlen. Das bedeutet für viele Kunden: Der Großteil des Gases wird für sie 2023 zwar doppelt so teuer wie 2021, aber nur noch halb so teuer wie in diesem Winter.

Manche Kunden werden aber nichts vom zweiten Teil der Entlastung haben: Nämlich all jene, denen bislang die ganz große Erhöhung erspart blieb. So zahlen zum Beispiel die Kunden der Berliner Gasag, die in der Grundversorgung sind, aktuell knapp unter 12 Cent .

Hier  können Sie nachrechnen, wie viel Sie im Monat und im Jahr durch die Gaspreisbremse sparen können.

Für Fernwärmekunden soll das Prinzip genauso funktionieren – die Preisbremse greift hier aber schon bei 9,5 Cent pro kWh .

Im Dezember sparen – detailliert

Schaut man in die Details des Plans der Gaskommission, wird es kompliziert. Wie soll das funktionieren mit dem Abschlag im Dezember, den die Kunden ja laut Plan nicht zu bezahlen brauchen?

Im ersten Schritt ist das Vorgehen ganz einfach: Der Gasanbieter kassiert in dem Monat seinen Abschlag einfach nicht und bekommt sein Geld stattdessen vom Staat.

Ist der Abschlag seit Monaten, genauer seit September, unverändert, ist der Plan eindeutig. Schwieriger wird es, wenn sich der Abschlag zuletzt erhöht hat, so wie es vielen Kunden ergangen ist. An der einen Stelle des Zwischenberichts heißt es eindeutig: »Die Versorger verzichten auf die Erhebung der Abschlagszahlung für Dezember.« Auf der Seite vorher steht allerdings, »erhalten die Gaskunden eine Einmalzahlung auf Basis des Verbrauchs, welcher der Abschlagszahlung aus September 2022 zugrunde gelegt wurde«.

Der Hintergrund des verschraubten Satzes: Die Kommission wollte verhindern, dass Verbraucher und Unternehmen ihre Abschläge kurzzeitig erhöhen, um im Dezember mehr Geld zu sparen. Das wäre attraktiv, weil am Ende ja ohnehin der reale Verbrauch bei der Jahresrechnung abgerechnet wird, die erhöhte Ersparnis vom Dezember also sehr schön durchschlägt.

Offen ist also: Was gilt, wenn sich der Abschlag vom September und Dezember in abgerechneter Menge und abgerechnetem Preis unterscheiden?

Wie sparen Mieter im Dezember?

Zweite Herausforderung: Wie kommt die Dezember-Ersparnis bei Mietern und Eigentümern einer Eigentümergemeinschaft an? Der Kommissionsbericht ist vom Ergebnis her eindeutig. »Die Gutschrift muss vom Vermieter auf die Wohnungen bzw. Mieter umgelegt werden.« Und weiter: »Der Verteilungsschlüssel ist analog zu dem Schlüssel, mit dem auch in der Vergangenheit die Gaskosten auf die Wohnungen verteilt wurden.« Eigentlich sollten also auch Mieter nichts tun müssen.

Tja, liebe Mieterinnen und Mieter, ich rate Ihnen aber: Schauen Sie trotzdem in ihre Heizkostenabrechnung . Wie viel von den Heizkosten sind tatsächlich für Gas und für die Fernwärme draufgegangen? Da stehen nämlich fast sicher auch die Kosten für die Wartung, für den Schornsteinfeger und die Ablesefirma drin. Und Ihr Vermieter muss dann ausrechnen, welcher Teil der Gesamtrechnung für den Brennstoff in Ihrem Dezemberabschlag steckt. Denn diesen Anteil müssen Sie zurückbekommen. Nicht umsonst überlassen die meisten Vermieter diese Detailarbeit den großen Ablesefirmen.

Heißt für Sie als Mieter oder Wohnungseigentümer in einer Eigentümergemeinschaft: Mit etwas Verve lässt sich herausfinden, wie viel von der Monatsrate für die Zentralheizung oder Fernwärme Ihnen zusteht, aber ganz einfach ist die Rechnung nicht. Und Sie sollten die Auszahlung anmahnen. Ihr Vermieter oder Verwalter ist aus ganz praktischen Erwägungen nämlich versucht, die Dezember-Rückzahlung auf den Termin der kommenden Nebenkostenabrechnung irgendwann 2023 zu verschieben. Versuchen Sie, sich das Geld jetzt zu holen.

Gaspreisbremse 2023 nach Plan

Noch komplizierter wird die Gaspreisbremse im kommenden Frühjahr. Nach den Plänen der Kommission setzt die Bremse am 1. März 2023 ein und endet frühestens am 30. April 2024. Wenn die Krise andauert, geht es länger.

80 Prozent des Gases sollen Sie in der Zeit preiswerter bekommen. 80 Prozent wovon? Hier ist der Kommissionsbericht wieder nur vermeintlich präzise: »Das Grundkontingent beträgt 80 Prozent des Verbrauchs, der der Abschlagzahlung aus September 2022 zugrunde gelegt wurde.« Hä?

Hier kommen zwei Überlegungen der Kommission zusammen. Zum einen sollen nur 80 Prozent des Gases zu einem günstigen Preis abgeben werden, weil auch im kommenden Jahr die dringende Notwendigkeit besteht, jede Menge Gas zu sparen. Die Überlegung der Kommission: Wenn die übrigen 20 Prozent des Verbrauchs elend teuer sind, steigt der Anreiz zur Einsparung.

Zum anderen sollen für die ganze Rechnung die Werte von September 2022 herangezogen werden, damit niemand auf die Idee kommt, seinen Gasverbrauch für das Subventionsmodell einfach höher anzugeben. Mit diesem Angabe-Trick wären 80 Prozent des angegebenen Verbrauchs vielleicht 100 Prozent vom Verbrauch im vergangenen Jahr. Und auch ohne Einsparung könnte der Kunde ab März 2023 sein komplettes Gas zu günstigeren Preisen beziehen.

Als Kunde sollten Sie aktuell annehmen, dass Sie 80 Prozent von dem, was Sie zuletzt verbraucht haben, im kommenden Jahr und auch im Winter 2023/2024 für die 12 Cent pro kWh bekommen können.

Ihre persönliche Rechnung

Ein Musterbeispiel: Sie haben mit Ihrer Familie vom Oktober 2021 bis zum September 2022 rund 16.000 kWh Gas verbraucht. Mit einem noch günstigen Tarif für 6 Cent/kWh. Dafür allein haben Sie übers Jahr etwa 960 Euro oder 80 Euro im Monat an Abschlag gezahlt. Insgesamt wäre der Abschlag (wegen des monatlichen Grundpreises) noch etwas höher, uns interessiert hier aber nur der Preis des Gases selbst.

Im Oktober hat Ihr Anbieter nun den Preis fürs Gas auf 18 Cent/kWh verdreifacht. Das ist nicht einmal besonders teuer, die Gaspreise laufen aktuell weit auseinander. Die Stadtwerke Cottbus zum Beispiel wollen 31,3 Cent pro kWh in der Grundversorgung  – ein Mondpreis.

Von Oktober bis Februar verbrauchen Sie normalerweise ungefähr zwei Drittel (68 Prozent) ihres Gases, die müssen Sie noch komplett zum neuen Vertragspreis von 18 Cent bezahlen. Wenn Sie nicht selbst die Zähler ablesen, wird die Berechnung dabei standardmäßig nach der Gradtagszahlentabelle vorgenommen.

Im Rest des Abrechnungsjahres – vom März 2023 bis September 2023 – verbrauchen Sie etwa ein Drittel (32 Prozent) des jährlichen Gasverbrauchs. Davon bekommen Sie 80 Prozent zum gedeckelten Preis, also 25,5 Prozent Ihres gesamten Jahresverbrauchs.

Ihre Musterrechnung sieht dann so aus: Sie haben einen Verbrauch von 16.000 kWh. Für gut ein Viertel zahlen Sie den gedeckelten Preis – und damit für drei Viertel den vollen Preis. Das kostet Sie also: 490 Euro für den gedeckelten Teil plus 2145 für den ungedeckelten. Insgesamt zahlen Sie also 2635 Euro. Ersparnis gegenüber der vollen Rechnung: 245 Euro.

Moment, wir erinnern uns: Im Dezember hat der Staat ja Ihre Gasrechnung bezahlt. Allerdings nicht den tatsächlichen Abschlag von 240 Euro, sondern den September-Abschlag – und der lag noch bei 80 Euro. Damit bleibt eine Gasrechnung von 2555 Euro. Endgültige Ersparnis also 325 Euro.

Mit dem Staat im nächsten Winter sparen

Im Jahr darauf, also ab Oktober 2023, würden Sie 80 Prozent des Jahresverbrauchs für 12 Cent pro kWh bekommen und nur noch für 3200 kWh die teuren 18 Cent bezahlen müssen. Ihre Rechnung läge dann bei 2110 Euro, die Ersparnis bei rund 770 Euro. Diese Rechnung ist allerdings mit Vorsicht zu genießen – denn es könnte gut sein, dass die Gaspreisbremse nur bis April 2024 bleibt.

Nur zum Vergleich: Wer im teuren Cottbus heizt, muss ohne staatliche Hilfen 5008 Euro für die 16.000 kWh Gas bezahlen. Mit der geplanten staatlichen Hilfe im Dezember und ab März liegen Sie bei 4000 Euro. Ersparnis 1000 Euro. Und im Jahr darauf schrumpft die Rechnung auf fast die Hälfte.

Selbst erfolgreich sparen

Das Modell der Kommission soll Verbrauchern auch einen Anreiz zum Sparen bieten, habe ich oben geschrieben. Zwei Grad weniger Raumtemperatur bringen bereits rund zwölf Prozent Ersparnis. Außerdem: Möbelstücke von den Heizkörpern wegräumen und die Zwischenräume entstauben. Weiteres Potenzial bietet sich beim Duschen: Ein Sparduschkopf, kombiniert mit einer kürzeren Duschzeit – und schon könnten Sie die 20-Prozent-Einsparmarke knacken .

Schaffen Sie das tatsächlich, die 20 Prozent einzusparen, die die Regierung gern von Ihnen möchte, damit das Gas nicht so knapp wird und die Unternehmen weiter produzieren können, bringt das Ihrem Säckel richtig viel Geld. In unserem ersten Beispiel mit 18 Cent Gaspreis und 16.000 kWh Verbrauch bringt Gassparen im Jahr dann 576 Euro ein – 48 Euro im Monat. Ist das Gas so teuer wie in Cottbus, sind im Jahr 1000 Euro zusätzliche Ersparnis drin, 85 Euro im Monat.

Ganz wichtig dabei: Wenn Sie von Anfang an ernsthaft sparen, sollten Sie Ihren Anbieter jetzt sofort informieren und die Abschlagszahlungen gleich entsprechend heruntersetzen. Dann haben Sie die 48 oder 85 Euro jeden Monat übrig. Aber dann auch am Ball bleiben und wirklich sparen. Sonst wird das ganze zur Milchmädchenrechnung.

Viel Erfolg.

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