Preisdebatte Das kosten Lebensmittel in Deutschland wirklich

Nach dem Gipfeltreffen im Kanzleramt will Regierungschefin Merkel weiterhin keine Mindestpreise für Lebensmittel. Bleibt Deutschland damit das Land des Preisdumpings? Und wie billig sind Nahrungsmittel hier wirklich?
Eine Verkäuferin greift in die Fleischtheke eines Supermarkts. Durchschnittlich knapp 60 Kilogramm Fleisch isst jeder Deutsche im Jahr.

Eine Verkäuferin greift in die Fleischtheke eines Supermarkts. Durchschnittlich knapp 60 Kilogramm Fleisch isst jeder Deutsche im Jahr.

Foto: Sina Schuldt / DPA

Deutschland, das Land des Lebensmittelpreis-Dumpings? Seit Wochen protestieren Bauern gegen den Preisdruck der Handelsketten Aldi, Lidl, Rewe oder Edeka. Auch Landwirtschaftsministerin Klöckner nannte die Discounter-Fleischpreise "unanständig". Während die Grünen nach gesetzlichen Mindestpreisen rufen, sprach sich Kanzlerin Merkel nach dem Gipfeltreffen im Kanzleramt mit Deutschlands größten Lebensmittelhändlern gegen eine solche Regulierung aus. Und verwies auf bereits heute geltende gesetzliche Regeln, die Verkaufspreise unterhalb des Produktionspreises verbieten. Die entsprechende EU-Verordnung gegen unlauteren Wettbewerb müsse die Bundesregierung in diesem Jahr möglichst weit vorantreiben.

Doch wie hoch sind die Lebensmittelpreise in Deutschland wirklich? Ein Blick in die Daten der europäischen Statistikbehörde Eurostat zeigt: Sie sind im EU-Vergleich weder besonders billig noch besonders teuer - sondern einfach Durchschnitt.

Teuer sind die Lebensmittel dagegen in Österreich und Dänemark: Ein vergleichbarer Warenkorb kostet dort etwa 26,6 Prozent mehr als im EU-Durchschnitt, während er in Deutschland nur 2,4 Prozent teurer ist. Am günstigsten sind Lebensmittel in Rumänien.

Auch wenn man sich die Preise gesondert für Fleisch anguckt, ergibt sich ein ähnliches Bild: Hier liegt Deutschland 5,9 Prozent über dem europäischen Durchschnitt. Am teuersten ist Fleisch in Österreich mit 45,7 Prozent über dem EU-Mittelwert - und in Frankreich (30,7 Prozent). Am günstigsten ist Fleisch dagegen in Polen und Rumänien.

Ähnlich sieht es bei Brot und Getreideerzeugnissen aus: Die kosten in Deutschland 1,6 Prozent mehr als das mittlere Preisniveau. Am meisten Geld hinlegen muss der Verbraucher hier wieder in Österreich (36 Prozent über EU-Mittelwert) und Schweden (+23,3 Prozent), am wenigsten in Rumänien, wo man nur gut die Hälfte des europäischen Durchschnitts bezahlen muss.

Milch, Käse und Eier kosten in Deutschland dagegen nur 96,7 Prozent des EU-Mittelwerts. Billiger ist Polen mit nur 71,2 Prozent, teurer Irland mit 121,2 Prozent. Auch Belgien und Schweden sind hier mit je 112,4 Prozent teurer.

Wie kommt dann der Eindruck der billigen deutschen Lebensmittelpreise zustande? Das zeigt ein Blick auf den Anteil der jährlich Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt, kurz: BIP), den die Einwohner eines Landes für Lebensmittel ausgeben. Bei den Deutschen war das im Jahr 2018 nur 4,7 Prozent - während die Rumänen 15 Prozent und die Polen 8,6 Prozent des BIP dafür berappten. Übersetzt heißt das: Wir in Deutschland geben nur einen Bruchteil unseres Wohlstands für Lebensmittel aus.

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