Interaktive Grafik Wohnen Sie großzügig – oder beengt?

Ob Eigenheim oder Mietwohnung: So viel zu Hause waren wir noch nie – die einen allerdings auf viel, die anderen auf wenig Platz. Wie viel Wohnfläche haben Sie im Vergleich? Die interaktive Grafik zeigt es.
Neubaugebiet (in Oberhausen): So viel Zeit hat man noch nie in der eigenen Wohnung verbracht

Neubaugebiet (in Oberhausen): So viel Zeit hat man noch nie in der eigenen Wohnung verbracht

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Hans Blossey / imago images

Nach fast einem Jahr in der Pandemie sind die Erfahrungen höchst unterschiedlich, die Menschen mit Corona verbinden – in einem Punkt dürften sie sich jedoch fast alle gleichen: So viel Zeit hat man noch nie in der eigenen Wohnung verbracht. Wobei sich diese gemeinsame Erfahrung wiederum sehr verschieden anfühlen kann. Die einen lernen noch mehr zu schätzen, über ein eigenes Zimmer für jede Person und vielleicht sogar einen Garten zu verfügen. Die anderen erfahren hingegen jeden Tag aufs Neue schmerzhaft, wie klein ihre Wohnung doch ist. Wohnen gehört zu den zentralen sozialen Unterschieden, die die Pandemie noch prägnanter zum Vorschein bringt.

Vor zweieinhalb Jahren hatte ein breites Bündnis den Kampf gegen diesen Missstand versprochen: Im September 2018 beschlossen Bund, Länder und Kommunen zusammen mit mehr als einem Dutzend Verbände der Immobilien- und Wohnungsbranche, Mieterbund, Gewerkschaften und Baubranche ein ganzes Paket an Maßnahmen, um mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. An diesem Dienstag wollen die Beteiligten nun gemeinsam eine Bilanz ziehen.

Vergleich mit 41 Teilgruppen

Es ist unwahrscheinlich, dass diese Bilanz eindeutig ausfallen wird: Während Bundesbauminister Horst Seehofer (CSU) vorab mitteilte, die vereinbarten Maßnahmen seien umgesetzt worden, und sein Ministerium dazu eine nahezu abgearbeitete Checkliste  führt, widersprechen Vertreter von Gewerkschaften und Mieterbund: Es werde immer noch zu wenig und am Bedarf vorbei gebaut, zudem schwinde die Zahl der Sozialwohnungen weiter. Die politische Diskussion über ein mögliches Verbot von Einfamilienhäusern in großstädtischen Ballungsräumen hat das Thema Wohnraum zuletzt noch einmal aufgeheizt  und um einen neuen Aspekt erweitert.

Tatsächlich ist 2019 laut amtlicher Statistik in Deutschland die Zahl der Menschen in überbelegten (also zu kleinen) Wohnungen um 340.000 auf 6,4 Millionen gestiegen – in den Städten ist inzwischen rund jeder und jede Achte davon betroffen.

Doch wie wohnen Sie eigentlich – großzügig oder beengt? Auskunft darüber gibt eine interaktive Grafik des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Sie zeigt die Wohnflächensituation nicht nur der Gesamtbevölkerung, sondern für insgesamt 41 Teilgruppen – die sich hinsichtlich Wohnortgröße, Familienkonstellation, Einkommen, Miete und Eigentum, Gebäudeart, Bildung, Geschlecht, Alter oder Herkunft unterscheiden.

So können Sie Ihre eigene Position nicht nur innerhalb der gesamten Gesellschaft verorten, sondern zum Beispiel auch in der Teilgruppe der Alleinerziehenden oder der Mieter oder der Einfamilienhaus-Bewohnenden.

Tragen Sie dazu Ihre Wohnfläche sowie die Zahl der Personen in Ihrem Haushalt ein. Dann können Sie zwei verschiedene Gruppen auswählen, mit denen Sie sich vergleichen wollen. Das Tool zeigt Ihre Position in der jeweiligen Gruppe an – konkret also, wie hoch der Anteil der Menschen ist, die mehr beziehungsweise weniger Fläche als Sie zur Verfügung haben. Maßgeblich ist die Wohnfläche pro Person. Als Standard ist dabei auf der linken Seite die Gesamtbevölkerung ausgewählt. Durch die Auswahl einer Teilgruppe auf der rechten Seite sehen Sie nicht nur Ihre eigene Position in dieser, sondern auf einen Blick auch, ob diese Gruppe insgesamt vergleichsweise beengt oder großzügig wohnt. Zusätzlich können Sie sich statt der Pro-Kopf-Wohnfläche auch die des gesamten Haushalts anzeigen lassen – betätigen Sie dazu den Schalter über der Grafik.

Grundlage sind die aktuellsten Daten des SOEP (Sozio-oekonomisches Panel), für das jährlich viele Tausend Personen befragt werden und das als sehr zuverlässig und aussagekräftig gilt. Konkret bildet die Grafik die Wohnsituation des Jahres 2018 ab. Demnach liegt etwa bei 41 Quadratmeter Wohnfläche pro Person die Grenze zwischen oberer und unterer Hälfte der Bevölkerung, ab 83 Quadratmetern gehört man zu den oberen zehn Prozent.

Deutlich werden in der Grafik aber die großen Unterschiede in der Wohnsituation verschiedener Bevölkerungsgruppen, wie auch IW-Ökonom Pekka Sagner in einem begleitenden Kurzbericht  feststellt. So wohnen Eigentümer im Mittel etwa auf 48 Quadratmetern pro Person, Mieter nur auf 35 Quadratmetern. »Nur 23 Prozent der Mieter wohnen in Wohnungen, die größer als 100 Quadratmeter sind, bei den Eigentümern ist das Verhältnis nahezu umgekehrt«, so Sagner. Alleinstehende und Rentner haben im Mittel deutlich mehr Platz als Haushalte mit Kindern – aber auch als Paare ohne Kinder.

Allerdings schlagen sich nicht alle bekannten Faktoren für soziale Ungleichheit auch in der Wohnfläche nieder. So wohnen etwa Akademiker und Menschen mit Hauptschulabschluss und Berufsausbildung im Mittel auf gleich viel Raum, nämlich auf 50 Quadratmetern pro Kopf.

In diesem Zusammenhang ist die Unterscheidung zwischen Median- (also Mittel-) und Durchschnittswert wichtig: Der Median zeigt an, bei welchem Wert genau die Hälfte der Bevölkerung mehr und die andere Hälfte weniger Wohnraum hat – also bei 41 Quadratmetern. Für den Durchschnitt wird hingegen die Gesamtsumme der Wohnfläche in Deutschland durch die Wohnbevölkerung geteilt, dieser Wert liegt mit rund 45 Quadratmetern etwas höher, weil außergewöhnlich große Wohnflächen am oberen Ende der Skala in ihn einfließen. Da immerhin drei Prozent der Akademiker über mehr als 150 Quadratmeter pro Kopf verfügen, könnten sie im Durchschnitt also doch etwas großzügiger wohnen als Menschen mit Hauptschulabschluss, von denen nur ein Prozent auf derart großer Fläche lebt.

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