Zehn-Punkte-Plan zu Dioxin Opposition wirft Aigner Ideenklau vor

Verbraucherschutzministerin Aigner: Mit Zehn-Punkte-Plan in die Offensive
Foto: FABRIZIO BENSCH/ REUTERSBerlin/Düsseldorf - Es soll der Befreiungsschlag für die Verbraucherministerin sein: Mit einem Zehn-Punkte-Plan will Ilse Aigner (CSU) im Dioxin-Skandal Durchsetzungsvermögen zeigen und ihren Ruf als Ankündigungsministerin loswerden. Doch kaum sind ihre Vorschläge auf dem Tisch, hagelt es Kritik. Der nordrhein-westfälische Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) warf Aigner Ideenklau vor.
Denn er sieht deutliche Parallelen zwischen dem Entwurf der Ministerin und den Vorschlägen, die die Düsseldorfer Landesregierung vorlegte. Zudem hatten die SPD-geführten Bundesländer am Donnerstag einen Zehn-Punkte-Katalog im Dioxin-Skandal präsentiert.
Der Zehn-Punkte-Plan der CSU-Politikerin enthalte wenig Neues verglichen mit den zehn Punkten, die Nordrhein-Westfalens Landesregierung vor einer Woche vorlegte, rügte Remmel. "Mehr als Ideenklau kann ich hier nicht feststellen." Aigner mache sich mit ihrem Krisenmanagement überflüssig. "Wenn das alles ist, brauchen wir keine Bundesverbraucherschutzministerin. Das schaffen die Länder auch alleine", sagte der Landesminister.
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Die Regierung in NRW hatte in ihrem Plan unter anderem die Trennung der Produktion von Futterfett und technischem Fett, eine verbindliche Rohstoffliste für Futtermittelzutaten sowie eine Zulassungs- und Zertifizierungspflicht für die Futtermittelindustrie gefordert. Mit teilweise identischen Vorschlägen ging nun auch Aigner an die Öffentlichkeit. "Frau Aigner schließt sich unseren Forderungen jetzt an", sagte Remmel. "Wir sind gespannt, ob sie bei der Umsetzung Wort hält oder ob es nur bei Ankündigungen bleibt wie so oft."
Kanzlerin weist Bericht über Kritik an Aigner zurück
Auch die SPD stufte die Vorschläge Aigners als unzureichend ein. "Sie läuft der Krise und den notwendigen Maßnahmen weiter hinterher", sagte SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber. Die Ministerin treffe keine Aussage zum Informantenschutz, zur Senkung der Grenzwerte, zur Beprobung aller Lieferungen und zur Volldeklaration aller Inhaltsstoffe.
Immerhin von Bundeskanzlerin Angela Merkel bekam Aigner Rückendeckung. "Die Kanzlerin hat von vornherein Frau Aigner unterstützt", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Die Ministerin sei eine treibende Kraft in der Bewältigung der aktuellen Krise gewesen und sei nun eine treibende Kraft bei den nötigen Konsequenzen.
Zuvor hatte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtet, in der CDU und bei Merkel herrsche erhebliche Unzufriedenheit über das kommunikative Erscheinungsbild, das Aigner geboten habe. Bei der Vorbesprechung der Unionsminister vor der Kabinettssitzung am vergangenen Mittwoch sei Merkel ungehalten gewesen, ohne Aigner unmittelbar und namentlich anzusprechen. Seibert wies diese Darstellung zurück. Aigner habe weiter das Vertrauen und die "volle Unterstützung" der Kanzlerin.
Auch Bürger wollen schärfere Kontrollen
Die Ministerin selbst räumte Fehler in ihrer Reaktion auf den ein. "Vielleicht hätte ich noch mehr kommunizieren müssen nach außen", sagte sie. Doch einen Rücktritt lehnte sie ab. "In meinem Haus wurden alle Schritte eingeleitet, die wir einleiten konnten", erklärte Aigner.
Laut einer Umfrage wollen die meisten Bürger angesichts des Dioxin-Skandals strengere Gesetze und Kontrollen bei Lebensmitteln. Wie das ZDF-"Politbarometer" ergab, sind 84 Prozent der Bundesbürger für mehr Strenge. Lediglich 15 Prozent meinten, dies sei nicht nötig.
Doch dem Tatendrang der Politiker misstrauen offenbar viele Bürger. Nur 43 Prozent glauben, dass es tatsächlich zu einer Verschärfung der Regelungen kommen wird. Eine Mehrheit von 55 Prozent bezweifelt dies.
Eine Gefahr für die eigene Gesundheit wegen dioxinverseuchter Produkte sehen 46 Prozent der Deutschen, 52 Prozent gaben sich sorglos. 79 Prozent erklärten, sie würden für bessere Lebensmittel auch einen höheren Preis zu bezahlen, nur 19 Prozent lehnen dies ab.