Simbabwe Geschäftsleute prophezeien das Ende von Mugabe
Berlin - Wenn der weiße Farmer aus Simbabwe lacht, dröhnt es im Zimmer. Sein Oberkörper wackelt, er schüttelt sich, aber man wird das Gefühl nicht los, dass er sich nicht wirklich freut - seine Augen lachen nicht mit. Ob er Angst habe vor der Situation in Simbabwe, wird er gefragt. Angst, in einem Land zu leben, wo weiße Landwirte bedroht werden von wütenden Einheimischen, aufgestachelt von Präsident Robert Mugabe. Von den einst rund 4000 weißen Bauern sind nur noch 300 übrig geblieben.
"Angst?", fragt er zurück. "Nein, das kann ich nicht sagen." Er wühlt in seiner Erinnerung und sagt dann: "Ich wurde schon einmal verprügelt, aber das ist ein paar Jahre her und außerdem hatte ich nur ein paar blaue Flecken, nicht mehr." Dröhnendes Lachen. "Ich lebe nach wie vor mit Frau und Kind in dem Land." Dann fügt er doch noch hinzu: "Vielleicht ist das ein Fehler. Hoffentlich nicht." Man fragt sich, ob er verrückt ist oder gnadenlos optimistisch.
Der simbabwische Farmer mit westlichen Wurzeln ist Teil einer Delegation von simbabwischen Geschäftsleuten, die zum Deutschen Industrie- und Handelskammertag nach Berlin gekommen ist. Gemeinsam wollen sie Vertretern der deutschen Wirtschaft, des Wirtschafts- und Entwicklungshilfeministeriums die Situation in ihrem Land erklären, wo der 84-jährige Mugabe gerade so etwas wie eine Wahl veranstaltete und anschließend, trotz des Siegs des Oppositionsführers Morgan Tsvangirai, im Amt blieb.
"Es herrscht blanke Paranoia", sagt einer der Geschäftsleute. Keiner von ihnen will seinen Namen veröffentlicht wissen, der weiße Farmer möchte nicht einmal, dass man das Land nennt, aus dem er stammt. "Es gibt nicht mehr viele ausländische Unternehmer in Simbabwe", sagt er. "Die Botschaft von Simbabwe in Berlin liest sehr genau mit, wer was sagt. Die wüssten sofort, wer ich bin. Und prompt stehen wieder Schläger vor meinem Haus."
Trotz dieser Situation glauben diese simbabwischen Geschäftsleute an eine glänzende Zukunft. "Simbabwe war mal eine starke Wirtschaftsnation im südlichen Afrika. Noch im Jahr 2000 florierte das Land", sagt einer. "Wir sind ein landwirtschaftlich geprägter Staat, Tabak, Baumwolle und so weiter. Aber auch den Bergminen und beim Abbau von Graphit und von Platin ging es gut. Der Tourismus blühte." Und nirgendwo in Afrika sei die Analphabetenrate so niedrig wie hier: weniger als zehn Prozent, sagt einer stolz.
Mugabe übernahm 1980 die Macht, nach der Unabhängigkeit von der britischen Kolonialherrschaft. Seither lässt er sich als Befreier feiern - obwohl er sich in den vergangenen Jahren zunehmend von der schwarzen Mittelklasse entfernt hat. Menschen, die ihm widersprachen, ließ er einschüchtern, verprügeln, aushungern, zuletzt auch einfach totschlagen.
180 Facharbeiter einer Firma an einem Tag verschwunden
Seither gibt es nicht nur eine Fluchtbewegung unter den weißen Bauern - auch rund drei Millionen Einheimische haben das Land in den vergangenen acht Jahren verlassen: gut ausgebildete Menschen.
Einer internationalen Studie zufolge zählen die Simbabwer zu den unglücklichsten Menschen der Welt. "Kürzlich las ich in einer Zeitung, dass an einem einzigen Tag 180 Facharbeiter einer Bergbaufirma abgehauen sind", erzählt ein Unternehmer. "Die sind alle nach Australien verschwunden und arbeiten nun dort in einem Bergwerk."
Kein Wunder, dass auch viele westliche Unternehmen Simbabwe den Rücken kehren. Gerade erst schloss der deutsche Konzern Siemens seine Niederlassung in der Hauptstadt Harare. "Simbabwe steht heute nicht mehr im geschäftlichen Fokus unseres Hauses", teilt der Konzern SPIEGEL ONLINE auf Anfrage mit. "Unser Geschäftsvolumen in Simbabwe ist außerordentlich gering und zudem in den letzten Jahren stetig rückläufig gewesen. Wir haben uns dafür entschieden, das Siemens-Büro in Simbabwe zu schließen und die wenigen noch vorhandenen Geschäftsaktivitäten künftig aus Südafrika heraus zu tätigen."
Der ohnehin schleppende bilaterale Handel zwischen Deutschland und Simbabwe sank 2007 nach Angaben der Bundesagentur für Außenwirtschaft noch einmal um 15,1 Prozent. Von Januar bis Oktober lag das Volumen bei nur 119,3 Millionen Euro. 2008 dürfte es noch weniger sein.
Bis zu drei Millionen Prozent Inflation
Dennoch geben die simbabwischen Geschäftsleute, die nach Berlin gereist sind, die Hoffnung nicht auf. Einer kramt einen Geldschein aus seiner Jackentasche hervor, einen lilafarbenen Lappen. Fünf Milliarden Simbabwe-Dollar ist er wert, eine Fünf mit neun Nullen - in Euro umgerechnet sind das trotzdem nur ein paar Cent. Vor zehn Jahren lag die Inflation in Simbabwe schon bei 32 Prozent, im April 2008 betrug sie 150.000 Prozent - und stieg jetzt, im Juli, je nach Quelle, auf 2,5 Millionen oder sogar drei Millionen Prozent.
Ein simbabwischer Industrieboss sagt: "Wir haben unseren Angestellten im Juni das Zwölffache des Lohnes gezahlt, den wir ihnen Anfang Juni zugesagt haben. Nur so hatten sie im Moment der Auszahlung die entsprechende Kaufkraft. Die meisten Firmen können sich das aber nicht leisten."
Und trotzdem blickt er zuversichtlich in die wirtschaftliche Zukunft? "Na klar", sagt er in einem Ton, der keinen Zweifel aufkommen lässt. "Die Wirtschaft wird das Problem von alleine lösen." Jahrelang habe Mugabe immer mehr Geld drucken lassen - übrigens auch mit Hilfe der deutschen Firma Giesecke & Devrient. "Es ist eine Frage von Wochen oder Monaten, bis Mugabe für seine Simbabwe-Dollar keine Devisen mehr bekommt. Und dann ist er am Ende."
Der Westen zögert, China investiert
Ein anderer verweist auf Chinas Engagement in dem Land. "Wir würden viel lieber mit westlichen Staaten Handel betreiben. Aber wenn der Westen nicht will, gehen wir eben zu den Chinesen." Die wüssten genau, dass Mugabe nicht mehr lange im Amt bleibe. Deren wachsende Wirtschaft sei "hungrig nach Rohstoffen, die wir ihnen bieten können."
Auf den Westen wollen sich die simbabwischen Manager und die weißen Farmer nicht verlassen, heißt es. Der stehe Mugabe zwar zu Recht kritisch gegenüber, die USA haben gerade erst eine Uno-Resolution gegen Simbabwe vorgelegt, wonach Mugabe und seine Riege mit einem Reiseverbot und das Land mit wirtschaftlichen Sanktionen belegt werden soll. Doch nicht an eine simbabwische Zukunft zu glauben, sei unklug.
Gemeinsam mit weiteren Partnern will der Farmer, der so häufig lacht, eine private Entwicklungsbank gründen. Wohl auch, weil Hilfe von ausländischen Förderbanken vorerst nicht zu erwarten ist. So schuldet Simbabwe allein der deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) noch rund 100 Millionen Euro.
Die neue Entwicklungsbank soll möglichst nur mit Hilfe simbabwischer Finanziers entstehen und unbedingt in privater Hand bleiben. "Damit wäre sie unabhängig von politischen Einflüssen", sagt ein Geschäftsmann. "Dann kann sie Bauern Kredite geben für Pflanzen und Saatgut, für Maschinen, Chemikalien und Düngemittel."
Der Farmer ergänzt: "Leider können wir uns auf den Westen nicht verlassen." Die Europäer handelten von oben herab und die Idee der USA, das Land mit Wirtschaftssanktionen zu belegen, träfe nicht die richtigen Leute. Trotzdem werde er sich freuen, wenn die G-8-Staaten klare Worte für Mugabe fänden. Wichtig sei aber nur, dass westliche Unternehmen Simbabwe nicht vergessen. Denn irgendwann, sagt er, sei Mugabe weg. "Und dann kann in Simbabwe wieder richtig Geld verdient werden."