Skurrile Konjunkturindikatoren Lange Haare, kurze Röckchen - so sieht der Aufschwung aus

Rückt der Rocksaum nach oben, zieht die Konjunktur an: Mode- und Frisurtrends gelten unter Ökonomen als bewährte Konsumindikatoren. Beim Minirock ist der Zusammenhang zwischen Wirtschaft und Saumlänge sogar empirisch erforscht - eine Übersicht der skurrilsten Theorien.

Hamburg - Oh Schreck, oh Schreck, ein Bubikopf! Jetzt naht die Rezession. Das glaubt zumindest manch japanischer Ökonom. Denn im Land der aufgehenden Sonne hält sich hartnäckig die Vorstellung, die Haarlänge der Frauen sei Signal der wirtschaftlichen Entwicklung. Nach dem Motto: kurze Haare, kühle Konjunktur. Und laut einer Studie der Kosmetikfirma Kao tragen Japanerinnen ihre Haare im Moment gern kurz.

Im Westen schielen Wirtschaftsforscher Damen eher auf den Rocksaum, wenn sie neben dem ZEW-Index weitere, weichere Anzeichen dafür suchen, wie es um die Wirtschaft bestellt ist. Denn es gilt schon seit den Zwanzigern, dass die Wirtschaft boomt, wenn kurze Röcke in Mode sind. Im deutschen Wirtschaftswunder der fünfziger Jahre trug Frau gerne kniefrei, in der Rezession 1993 dagegen wadenlang.

Die seltsame Kopplung zwischen Rocksaum und Wirtschaftswachstum bestätigt sogar das altehrwürdige Institut für Demoskopie in Allensbach. "Wir beobachten seit vielen Jahren einen verblüffenden Zusammenhang zwischen Entwicklungen in der Wirtschaft und den schwer zu entschlüsselnden Signalen, die uns die Mode gibt", schreiben die Forscher in einer von mehreren Minirockstudien.

Zusammenhänge sehen Ökonomen auch zwischen Konjunktur und dem Konsum von Kosmetika. "On a bad day there is always a lipstick" - so geht schon ein uralter Werbeslogan der Firma Revlon. Dass das zu stimmen scheint, lässt sich sogar in Zahlen belegen: Kurz nach den Anschlägen vom 11. September schnellte beim Kosmetikhersteller Estée Lauder der Lippenstiftabsatz steil nach oben. Die Marke Origins verkaufte laut Zeitungsberichten gar doppelt so viele Lippenstifte wie sonst.

Den seltsamen Zusammenhang erklärt Martin Ruppmann, der Chef des deutschen Kosmetikverbands, SPIEGEL ONLINE so: "Der Lippenstift ist ein persönliches Wohlfühlutensil. Es ist ein Stück Luxus, das man sich immer leisten kann. Daher ist es in Krisenzeiten, in denen man sonst nicht viel zur Schau zu stellen hat, besonders beliebt."

Teurere Kosmetika und Parfüms werden in der Wirtschaftsflaute dagegen weniger konsumiert. "Durch Immobilienkrise und steigende Rohstoffpreise fiel das Weihnachtsgeschäft mit Kosmetik eher bescheiden aus", sagt Ruppmann.

Was also prognostiziert der Mode-Make-up-Index für 2008?

Laut Deutschem Modeinstitut sind "kniefreie Röcke und Kleider" en vogue. "Miniröcke darf man tragen, muss man aber nicht", steht im Trendbarometer geschrieben. Im Kommen seien weite Shorts, die "oft schon als Mini-Hosenrock durchgehen". Die Kosmetikbranche rechnet laut Ruppmann ebenfalls "mit einem guten Jahr". Aus der Perspektive der Konjunkturforscher also gute Aussichten.

Vor allzu viel Vertrauen in Röcke und Lippenstifte rät Ruppmann allerdings ab: "Kaufverhalten und Modetrends sind ein guter Spiegel aktueller Konjunkturentwicklungen und aktueller Hoffnungen und Ängste. "In die Zukunft schauen kann man mit Miniröcken aber sicher nicht."

Mehr lesen über

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten