39-Milliarden-Dollar-Affäre Korruptionsskandal setzt Indiens Regierung unter Druck

Ein Schmiergeldskandal um Mobilfunk-Lizenzen bringt die Regierung in Indien in Bedrängnis. Ein Minister sitzt bereits in Haft, nun musste Ministerpräsident Singh einem Untersuchungsausschuss zustimmen. Der Filz verschreckt inzwischen ausländische Investoren.
Indiens Ministerpräsident Singh: Filz und Bestechung weit verbreitet

Indiens Ministerpräsident Singh: Filz und Bestechung weit verbreitet

Foto: RAVEENDRAN/ AFP

Indien

Manmohan Singh

Neu-Delhi - Es geht um gut vernetzte Milliardäre und gewaltige Schmiergeldsummen: Eine riesige Korruptionsaffäre erschüttert und bringt die dortige Regierung zunehmend in Bedrängnis. Ministerpräsident musste dem monatelangen Dringen der Opposition auf einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss nachgeben.

Das Gremium soll die Affäre um die Vergabe von Mobilfunk-Lizenzen aufarbeiten. Dem Rechnungshof zufolge gingen Indien bei der umstrittenen Lizenzvergabe bis zu 39 Milliarden Dollar durch die Lappen.

Die Zeitung "The Hindu" sprach vom größten Betrug in der Geschichte Indiens nach der Unabhängigkeit . Pikant: Sowohl Regierungsmitglieder als auch schwerreiche Unternehmer sollen in den Fall verwickelt sein. Die Polizei nahm bereits den ehemaligen Telekommunikationsminister fest. Im Mittelpunkt des Skandals steht der Milliardär Anil Ambani, Besitzer des zweitgrößten Mobilfunkkonzerns des Landes, Reliance Communications.

Die Affäre wirft zudem ein Schlaglicht auf die weit verbreitete Korruption in Indien. Die drittgrößte Wirtschaftsmacht Asiens wird von mehreren Milliardären dominiert, die Macht und Reichtum fast im Ausmaß russischer Oligarchen angehäuft haben. Der aktuelle Skandal stellt auch die engen Verbindungen zwischen der Geschäftswelt und der Politik in dem Land bloß. Nicht selten geben Abgeordnete auf der Rückseite ihrer Visitenkarte ihre Unternehmensadresse an.

Immer mehr Bürger sehen die Verwicklungen misstrauisch, die Justiz hakt genauer nach, und auch Medien berichten kritischer. So war das Verhör des Milliardärs Ambani bei der Bundespolizei ein großes Thema in den Nachrichten. "Die Vernehmung Ambanis wäre vor fünf oder zehn Jahren ein Ding der Unmöglichkeit gewesen", sagte der Korruptionsexperte von "The Hindu", Siddharth Varadarajan. Vor einigen Jahren hätten die Menschen die Unternehmenschefs im Land fast wie Helden verehrt. "Jetzt verbinden sie Wirtschaft mit Korruption wie nie zuvor", sagte er.

Filz und Bestechungsskandale werden für Indien auch zu einem wirtschaftlichen Problem. Denn ausländische Investoren zeigen sich zunehmend besorgt über den Sumpf und kehren dem indischen Markt den Rücken. Die indische Börse gab in diesem Jahr rund elf Prozent nach, ausländische Direktinvestitionen schrumpften sogar um 27 Prozent.

mmq/Reuters
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