IW-Chef über Alterssicherung Wirtschaftsforscher Hüther bringt 42-Stunden-Woche ins Spiel

Längere Wochenarbeitszeiten statt später in Rente: Um die explodierenden Kosten des Rentensystems zu decken, hat der Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft einen neuen Vorschlag gemacht – und verweist auf andere Länder.
Ältere Stahlarbeiter: Viele Tätigkeiten können nicht bis ins hohe Alter ausgeübt werden

Ältere Stahlarbeiter: Viele Tätigkeiten können nicht bis ins hohe Alter ausgeübt werden

Foto:

Arno Burgi/DPA

2000 waren nur zehn Prozent der 60- bis 64-Jährigen rentenversicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt waren es mehr als 40 Prozent. Geht es nach dem Willen vieler Ökonomen, sollten zur Sicherung des Rentensystems schon bald noch deutlich mehr Ältere arbeiten. Viele fordern, das reguläre Eintrittsalter auf 70 Jahre anzuheben.

Gegen die langfristig sinkenden Einkünfte der Rentenversicherung hat der Wirtschaftsforscher Michael Hüther jedoch einen anderen Vorschlag. Er spricht sich für eine 42-Stunden-Woche als Regelarbeitszeit aus. Die diskutierte Heraufsetzung des Renteneintrittsalters hält der Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) dagegen für politisch schwer umsetzbar. Das sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe .

Stunden sollen bezahlt werden, geht nicht um Lohnkürzung

Tatsächlich hat sich die Ampelkoalition nicht auf Rentenkürzungen oder ein höheres Renteneintrittsalter einigen können. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte zuletzt gesagt, einen flexiblen Übergang in den Ruhestand halte er für richtig. »Aber die Vorstellung, dass man im Stahlwerk oder an der Supermarktkasse, als Polizistin oder als Krankenschwester bis 70 arbeiten soll, die können nur Leute haben, die in einer ganz anderen Welt leben.«

Nach aktueller Rechtslage wird die Altersgrenze für die Rente ohne Abschläge bis 2029 schrittweise von 65 auf 67 Jahre angehoben. Das wird Experten zufolge jedoch nicht reichen, um die Finanzierung der Rente dauerhaft sicherzustellen. Auch die Rentenversicherung hatte sich deshalb zuletzt offen für eine neue Debatte über längeres Arbeiten gezeigt.

IW-Chef Hüther sagt dagegen nun: »Es braucht die 42-Stunden-Woche. Die Stunden werden natürlich bezahlt – es geht nicht darum, durch die Hintertür am Lohn zu kürzen.« In der Schweiz werde pro Woche bereits zwei Stunden mehr gearbeitet als in Deutschland, in Schweden eine Stunde mehr. »Wenn man das aufsummiert, dann würde man bis 2030 den demografisch bedingten Verlust an Arbeitsvolumen kompensieren.«

Womöglich könnte eine längere Wochenarbeitszeit im Vergleich zum höheren Renteneintrittsalter tatsächlich Vorteile haben. Zum einen berücksichtigte sie, dass bestimmte körperlich fordernde Tätigkeiten mit immer höherem Alter immer schwieriger zu bewerkstelligen sind. Zum anderen käme sie dem Bedürfnis vieler Babyboomer aus den geburtenstarken Jahrgängen entgegen, lieber früher als später auszusteigen. Inwieweit eine längere Arbeitszeit für die jüngeren Generationen verkraftbar ist – und ob sie diese mittragen oder dann häufiger Teilzeit arbeiten, ist allerdings offen.

apr/dpa
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren