Amerikanische Haushaltskrise China droht USA mit Geldentzug

Chinas Präsident Hu Jintao, US-Präsident Barack Obama: Angespannte Beziehung
Foto: Alex Wong/ dpaPeking- Es sind nur knappe Kommentare, doch sie bergen eine enorme Sprengkraft: Gleich mehrere staatliche Stellen in China haben die USA wegen ihrer Schuldenkrise kritisiert. Die Regierung in Peking hoffe, dass die USA eine verantwortungsvolle Haltung einnähmen und die Interessen der Investoren garantierten, sagte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums am Donnerstag - eine ungewöhnlich deutliche Einmischung in die US-Politik.
Der regierungsnahe Ökonom Yu Bin ging noch weiter: Da die Vereinigten Staaten derzeit schlechter daständen als erwartet, müsse China die möglichen Risiken seiner großen Beteiligungen an den US-Schulden ernsthaft prüfen, sagte er.
Die Äußerungen aus China sind für die Amerikaner extrem brisant: Die Volksrepublik ist der mit Abstand größte Gläubiger der USA. Mehr als eine Billion Dollar soll der chinesische Staatsfonds in den vergangenen Jahren in US-Anleihen angelegt haben. Auf diese Weise haben die Chinesen den amerikanischen Schuldenexzess mitfinanziert. Würden sie nun ihre Unterstützung zurückziehen, hätte dies für die USA verheerende Folgen.
Schlechtes Zeugnis von chinesischer Rating-Agentur
Anlässe für die chinesische Kritik gibt es derzeit genug. Seit Wochen streiten die beiden großen amerikanischen Parteien im Kongress über ein Sparpaket und eine Anhebung der gesetzlichen Schuldengrenze von derzeit 14,3 Billionen Dollar - bisher ohne Ergebnis. Wenn es zu keiner Einigung zwischen Demokraten und Republikanern kommt, wären die USA ab dem 2. August zahlungsunfähig.
Der Streit der US-Politik - ebenso wie die Schuldenkrise in Europa - beunruhigt auch die Anleger. Viele investieren nun lieber in Gold: Am Donnerstag erreichte der Goldpreis ein neues Rekordhoch. Eine Feinunze (31 Gramm) kostete zeitweise 1589,56 Dollar.
Wegen der Probleme der USA hat nun auch die Rating-Agentur Moody's dem Land mit einem Entzug der Bonitäts-Bestnote AAA gedroht. Bereits im April hatte die Agentur Standard & Poor's einen solchen Warnschuss abgegeben. Sollten die Bonitätswächter ihre Noten für die USA tatsächlich senken, hätte dies schwerwiegende Folgen: Die Zinsen für neue Staatsanleihen würden schlagartig steigen, bisherige Anleihe-Gläubiger müssten mit Kursverlusten rechnen.
Die chinesische Rating-Agentur Dagong sieht die Kreditwürdigkeit der USA noch stärker bedroht als die großen und wichtigeren US-Agenturen. Dagong hatte seine Bewertung für die Vereinigten Staaten schon im November von AA auf A+ zurückgestuft und droht nun mit einem weiteren Schritt nach unten. Selbst wenn sich der Kongress und das Weiße Haus noch über die Erhöhung der Schuldengrenze einigen, werde die Herabstufung voraussichtlich erfolgen, schreiben die Chinesen in ihrer neuesten Bewertung der USA. Zur Begründung hieß es, die US-Regierung habe "keine bedeutende Politik zur Verringerung des Defizits".
Für Westeuropäer ist China schon mächtiger als die USA
Auch die Geldpolitik der US-Notenbank Federal Reserve macht China offenbar Sorgen. Fed-Chef Ben Bernanke hatte am Mittwoch angedeutet, die Notenbank könnte ein weiteres Stützungspaket für die US-Wirtschaft auflegen und erneut Staatsanleihen aufkaufen. Der chinesische Regierungsökonom Yu erklärte, sein Land beobachte derzeit, ob die US-Notenbank neue Maßnahmen in die Wege leite, die China möglicherweise schaden könnten.
Die neueste Kontroverse zwischen China und den USA ist auch Teil des Machtkampfs um die führende Stellung in der Welt. Laut einer aktuellen Umfrage glauben die meisten Westeuropäer, dass China die USA bereits als führende Weltmacht abgelöst hat oder dies noch tun wird. Zu diesem Ergebnis kommt das Forschungsinstitut Pew, das Bürger in 22 Ländern befragt hat. Obwohl viele Westeuropäer Zweifel gegenüber dem Machtanspruch der Vereinigten Staaten haben, genießen die USA in den meisten der befragten Länder weiterhin ein positives Image.