Angst-Einlagen Europas Banken parken halbe Billion Euro bei EZB

Euro-Logo vor der EZB-Zentrale in Frankfurt am Main: Sorge bei den Banken
Foto: dapdFrankfurt am Main - Es ist ein Alarmzeichen für den Bankensektor: Die kurzfristigen Einlagen bei der Europäischen Zentralbank (EZB) sind am Dienstag zum ersten Mal über die Schwelle von 500 Milliarden Euro gestiegen. Die Banken parkten für einen Tag 501,93 Milliarden Euro bei der Notenbank, wie diese mitteilte. Noch zu Wochenbeginn lag der Wert der sogenannten Übernacht-Einlagen bei 493,27 Milliarden Euro. Seit Wochen steigen die Beträge stetig.
Diese eintägigen Einlagen gelten als eine Art Angstindikator der Finanzbranche. Je stärker sich die Banken gegenseitig misstrauen, desto mehr nutzen sie die EZB als eine Art Tresor und legen dort tageweise überschüssiges Geld an. Bei der Notenbank gilt es als sicher, die Institute müssen aber extrem niedrige Zinsen in Kauf nehmen. Die EZB zahlt nur einen Minizins von 0,25 Prozent.
Wie verunsichert die Banken sind, zeigt der Vergleich mit anderen Unsicherheitsphasen. Denn so viel wie derzeit hatten die Geldhäuser nicht einmal während der Finanzkrise 2008 bei der EZB gebunkert. Im Schnitt betrugen die eintägigen Einlagen im Jahr 2008 rund 50 Milliarden Euro. Im Jahr 2009 lag der Wert schon bei knapp 110 Milliarden Euro. Im Jahr 2010 stiegen die eintägigen Einlagen im Durchschnitt dann auf 145 Milliarden Euro, bevor sie im vergangenen Jahr auf durchschnittlich 102 Milliarden Euro zurückgingen.
Im Jahr 2007 - also vor der damaligen Finanzkrise - hatte der Höchststand der "Angstkasse" bei der EZB lediglich 9,1 Milliarden Euro betragen.
Banken nutzen EZB-Kredit nicht wie erhofft
Dass die Banken Geld bei der Notenbank parken, hat Auswirkungen auf den sogenannten Interbankenmarkt, über den sich die Geldhäuser normalerweise mit Darlehen versorgen. Dieser droht auszutrocknen. Die Institute können derzeit nicht einschätzen, welche Risiken durch Staatsanleihen angeschlagener Euro-Länder bei den Konkurrenten schlummern.
Die EZB hat zudem für eine extrem hohe Liquidität im Bankensektor gesorgt, indem sie Ende 2011 mit einem Dreijahreskredit fast 500 Milliarden Euro in das Bankensystem gepumpt hat. Doch die Hoffnung, dass die Institute mehr Kredite an Unternehmen und untereinander weitergeben und damit die Wirtschaft ankurbeln, erfüllte sich bisher nicht. Denn es scheint, dass die Banken einen Teil dieser Mittel wieder bei der EZB parken.
Spanien zahlt weniger Zinsen für Anleihen
Auch für hochverschuldete Staaten ist die angespannte Situation an den Finanzmärkten ein Problem, denn Investoren sind beim Kauf von Staatsanleihen sehr vorsichtig geworden. Am Dienstag gab es aber auch eine gute Nachricht. Spanien konnte sich bei einer Geldmarktauktion zu deutlich geringeren Zinsen finanzieren. Mit einer Versteigerung von Papieren mit Laufzeiten über 12 und 18 Monate sammelte das spanische Schatzamt nach eigenen Angaben 4,88 Milliarden Euro ein.
Die Nachfrage nach den Papieren war höher als das Angebot. Auch musste das Land deutlich weniger Zinsen als bei vergleichbaren Auktionen zahlen. Für Papiere mit zwölf Monaten Laufzeit lag die durchschnittliche Rendite, die Spanien Anlegern bieten musste, bei 2,05 Prozent. Bei der vorigen Auktion waren es noch 4,05 Prozent. Bei 18-Monats-Papieren musste Spanien nur noch einen durchschnittlichen Zins von 2,4 Prozent bieten nach zuletzt 4,2 Prozent.
Spanien steht im Visier der Finanzmärkte. Die Rating-Agentur Standard & Poor's hat das Land zusammen mit acht weiteren Euro-Ländern bei der Kreditwürdigkeit herabgestuft. Zuletzt war die EZB bei Auktionen immer wieder als Feuerwehr eingesprungen und hatte Staatsanleihen kriselnder Länder gekauft. Allein in der vergangenen Woche erwarb die Notenbank Papiere im Wert von 3,7 Milliarden Euro. Seit Mai 2010 hat die Zentralbank damit Anleihen von schuldengeplagten Euro-Ländern wie Italien und Spanien im Gesamtwert von 217 Milliarden Euro aufgekauft. Die Käufe sind vor allem in Deutschland höchst umstritten, da Kritiker die Unabhängigkeit der EZB in Gefahr sehen.