Angst vor Pleite Griechen-Krise treibt Goldpreis in die Höhe

Börse in Athen: "Gier und Angst treiben den Goldpreis"
Foto: LOUISA GOULIAMAKI/ AFPLondon/Frankfurt am Main - Hoffnungen auf eine weitere wirtschaftliche Erholung und das Ausbleiben von Hiobsbotschaften aus Griechenland haben die Anleger zum Wochenschluss wieder etwas zuversichtlicher gestimmt. Der deutsche Leitindex Dax stieg am Freitag um 0,9 Prozent auf 6227 Zähler und machte damit seinen Vortagesverlust wieder wett. "Ich glaube, der Markt freut sich schon, dass es eben keine neuen schlechten Nachrichten aus Griechenland gibt", erklärte ein Händler.
Doch die Lage bleibt angespannt, vor allem eine mögliche Staatspleite in Griechenland treibt die Investoren um. An den europäischen Börsen sind Rohstoffe so begehrt wie schon lange nicht mehr, insbesondere Gold. So schnellte der Preis für eine Feinunze (31,1 Gramm) am Freitag in die Höhe - und kostete mit 863 Euro so viel wie nie. In der für Rohstoffmärkte üblichen Notierung in Dollar kletterte der Preis auf 1156,85 Dollar und damit knapp unter das Jahreshoch von 1161,50 Dollar, das Mitte Januar erreicht wurde.
"Gier und Angst treiben den Goldpreis" - so beschreiben Experten der Commerzbank die Lage an den Rohstoffmärkten. Die großen börsennotierten Goldfonds verzeichnen demnach immer stärkere Geldzuflüsse und kaufen damit das Edelmetall. Der Branchenprimus SPDR Gold Trust habe allein gestern einen Zuwachs von fast zehn Tonnen gemeldet, erklären die Commerzbank-Experten. Der Fonds verfüge damit über ein Rekordvolumen von mehr als 1400 Tonnen Gold.
"Die Leute wenden sich den sicheren Anlagehäfen zu", sagte Afshin Nabavi, Chefhändler bei MKS Finance. Er rechne daher mit weiteren Kursgewinnen. Im Schlepptau des Goldes markierte Silber mit 18,34 Dollar ein Elf-Wochen-Hoch. In Euro gerechnet erreichte es mit 13,69 Euro sogar den höchsten Stand seit mehr als zwei Jahren.
Rendite weiter knapp unter Rekordhoch
Die Rekordjagd dürfte nach Ansicht der Experten auch in den kommenden Tagen kaum nachlassen. Denn auch wenn am Freitag neue Hiobsbotschaften ausgeblieben sind: Die Zukunft Griechenlands steht offenbar auf der Kippe, die Spekulationen über eine Pleite des Landes reißen nicht ab. Zwar dementiert die Regierung in Athen jede neue Negativ-Schlagzeile. Doch aller Beruhigungsversuche zum Trotz verschlechtert sich die Stimmung weiter.
So werden auch die Bedingungen, zu denen sich das Land am Kapitalmarkt mit frischem Geld versorgen kann, kaum besser. Im Vormittagshandel am Freitag lag die Rendite von zehnjährigen griechischen Staatsanleihen um 4,25 Prozentpunkte höher als bei Bundesanleihen mit der gleichen Laufzeit - und damit nur knapp unter dem Rekordwert vom Vortag. Am Donnerstag hatte dieser sogenannte Risikoaufschlag mit mehr als 4,50 Punkten den höchsten Stand seit der Euro-Einführung erreicht. "Offenbar reichen schon einige negative Schlagzeilen, um die Renditeaufschläge bei den Staatsanleihen weiter auseinanderzutreiben", urteilten die Commerzbank-Experten.
Doch in Athen gibt man sich trotzig: Ungeachtet der hohen Zinsen und Risikoaufschläge will Griechenlands sozialistische Regierung am 13. April Anleihen mit einer Laufzeit von 26 Monaten und 52 Monaten platzieren. Am 20. April solle ein neuer Anlauf mit dreimonatigen Anleihen folgen, berichtete die griechische Presse unter Berufung auf die zuständige Behörde (ODDIH) in Athen. Wie hoch die Beträge sein werden, wurde zunächst nicht bekannt. Nach Berechnungen der Commerzbank müssen die Griechen allein am 20. April Staatsanleihen im Wert von 8,2 Milliarden Euro tilgen.
Industrieproduktion bricht im Februar ein
Ökonomen und Beobachter bezweifeln indes inzwischen, dass die Griechen die Mammutaufgabe aus eigener Kraft werden lösen können. Mit einem Staatsdefizit von rund 13 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im vergangenen Jahr ist Griechenland der größte Schuldensünder unter den 16 Euro-Ländern.
Volkswirte der Landesbank Hessen-Thüringen erklären: "Die Botschaft der Anleger ist vergleichsweise einfach: Sie wollen den Bail-out und unseres Erachtens wird es letztendlich auch dazu kommen." Sollten die Euro-Länder den Griechen finanziell aus der Klemme helfen, kämen nach Berechnungen der Citibank auf Deutschlands Steuerzahler Kreditkosten von bis zu 5,4 Milliarden Euro zu. Die Bundesregierung schweigt sich dazu aus.
Auch in Griechenland selbst wächst die Skepsis. "Schwarzer Donnerstag", titelte die konservative Zeitung "Kathimerini" am Freitag. Auch wenn es "noch so schmerzlich" sein werde, sollte Athen die gemeinsame Hilfe der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF) beantragen, hieß es.
Die den regierenden Sozialisten nahestehende Zeitung "To Vima" äußerte am Freitag die Meinung, eine Gruppe von zwölf IWF-Sachverständigen, die seit Mittwoch in Athen ist, erörtere bereits mit der Regierung Bedingungen und Höhe möglicher IWF-Kredite. So wird immer offener diskutiert, den EU-Notfallplan zu nutzen, um eine drohende Staatspleite abzuwenden - und das, obwohl es zum Beispiel von der EZB fast täglich Rückendeckung für die Athener Regierung gibt.
EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hatte am Donnerstag erneut den Reformkurs gelobt und Sorgen beschwichtigt: "Nach allen Informationen, die ich habe, ist ein Ausfall griechischer Staatskredite kein Thema." Am Freitag bekräftigte Trichet dies in einem Interview mit einer italienischen Zeitung.
Obendrein muss Griechenland aber weitere Rückschläge hinnehmen. So brach die Produktion im verarbeitenden Gewerbe im Februar binnen Jahresfrist um 9,2 Prozent ein, wie das Statistikamt in Athen am Freitag mitteilte. Noch im Januar lag das Minus lediglich bei 2,5 Prozent. Allein die Industriefirmen stellten 7,6 Prozent weniger her als im Februar 2009, noch im Januar lag der Rückgang nur bei 0,6 Prozent.
Die griechische Industrie bekommt das Sparprogramm der Regierung in Athen schmerzlich zu spüren. Auch im März gab die Binnennachfrage deutlich nach, wie aus der jüngsten Umfrage des Markit-Instituts hervorgeht. Die Firmen machten die Sparmaßnahmen wie etwa die höhere Mehrwertsteuer für die Geschäftseinbußen verantwortlich.