Wachsende Kluft Arbeitnehmer ohne deutschen Pass verdienen gut 900 Euro weniger

Beschäftigte ohne deutsche Staatsangehörigkeit haben im Schnitt deutlich schlechtere Löhne. Besonders stark trifft das auf Menschen aus EU-Ländern zu.
Hat Auswirkungen auf das Gehalt: der Deutsche Pass (Symbolbild)

Hat Auswirkungen auf das Gehalt: der Deutsche Pass (Symbolbild)

Foto: Rolf Vennenbernd/ dpa

Der Lohnunterschied zwischen Arbeitnehmern aus Deutschland und dem Ausland wird zunehmend größer. In den letzten zehn Jahren hat er sich fast verdreifacht. Das berichtet die »Neue Osnabrücker Zeitung «. Sie beruft sich dabei auf Angaben des Arbeitsministeriums, das auf eine Anfrage aus der AfD-Fraktion antwortete.

Vollzeitbeschäftigte, die keinen deutschen Pass haben, verdienten demnach Ende 2020 durchschnittlich 2638 Euro brutto im Monat. Das sind 903 Euro weniger als jene mit deutschem Pass. 2010 lag der Unterschied noch bei 317 Euro.

Besonders stark wuchs die Schere zwischen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen aus Deutschland und solchen aus dem EU-Ausland: Dieser Abstand hat sich innerhalb des letzten Jahrzehnts mehr als verzehnfacht, von 91 Euro auf 1003 Euro Lohnunterschied. Während das Durchschnittseinkommen deutscher Beschäftigter in dieser Zeit stieg, fiel das Einkommen dieser Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sogar. Im Schnitt verdienen sie 97 Euro weniger als vor zehn Jahren. Insgesamt ist das Gehalt der Beschäftigten ohne deutschen Pass dagegen gestiegen – nur eben nicht so stark wie das der Deutschen.

In der »Neuen Osnabrücker Zeitung« begründete der AfD-Abgeordnete René Springer die Zahlen damit, dass eine freizügige Einwanderungspolitik so die Löhne drücke. Tatsächlich geht aus den Zahlen des Ministeriums aber hervor, dass der Zuwachs von Arbeitskräften ohne deutschen Pass zurückgeht. Dem Chef der Arbeitsagentur Detlev Scheele zufolge ist dies besorgniserregend. Er sprach von wachsendem Bedarf an ausländischen Arbeitskräften am Arbeitsmarkt, um die »Zukunftsfähigkeit Deutschlands« nicht zu gefährden.

Viele Faktoren spielen eine Rolle – auch Diskriminierung


Experten und Expertinnen nennen den Lohnunterschied »Migration Pay Gap« – analog zum Gender-Pay-Gap, der ungleiche Löhne unter den Geschlechtern beschreibt. Genau erforscht sind die Gründe dieser Lohnlücke nicht. Gegenüber der »Süddeutschen Zeitung«  sprach Herbert Brücker vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung von einer Vielzahl an Faktoren.

Eine Rolle spielen demnach die aktuelle Arbeitsmarktsituation, das Geschlecht, die Branche, die Qualifikation und das Alter der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, das im Durchschnitt bei Migranten und Migrantinnen in Deutschland geringer sei. Doch auch, wenn diese Voraussetzungen gleich seien, bleibe eine Lohnlücke. Der Grund dafür könne Diskriminierung sein, so Brücker.

jlk/dpa
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