61 Milliarden Stunden Bundesbürger arbeiten so viel wie noch nie

So viel haben die Deutschen seit Beginn der Statistik noch nie gearbeitet: Im Jahr 2018 ist die Zahl der Arbeitsstunden auf über 61 Milliarden gestiegen - trotz Teilzeit-Boom.
Arbeitsplätze in Industrie, Logistik und Bau

Arbeitsplätze in Industrie, Logistik und Bau

Foto: Christian Charisius/ dpa

Deutschland geht in das zehnte Jahr des Aufschwungs - und schafft so viel wie noch nie, seit es die Statistik gibt: Im vergangenen Jahr ist die Zahl der insgesamt in der Bundesrepublik geleisteten Arbeitsstunden auf 61,1 Milliarden gestiegen. Das waren 1,4 Prozent mehr als noch 2017, teilt das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) mit. Der bisherige Höchststand stammte aus 1991, dem ersten Jahr der gesamtdeutschen Statistik.

"Die Arbeit geht uns wahrlich nicht aus, auch wenn das oft behauptet wird", sagt der Ökonom Enzo Weber, der den Bereich "Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen" am IAB leitet, dem Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit (BA).

Auch die Zahl der Erwerbstätigen erreichte 2018 einen Rekordstand von 44,8 Millionen, wie das Statistische Bundesamt bereits Anfang Januar mitgeteilt hatte. Das entsprach einem Zuwachs um 1,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Im Vergleich zum bisherigen Arbeitsstunden-Rekordjahr 1991 waren sogar über 5,5 Millionen Menschen mehr erwerbstätig.

Dass die Zahl der Erwerbstätigen im Vergleich noch deutlich stärker gestiegen ist als die Zahl der Arbeitsstunden, ist mit einem grundlegenden Strukturwandel auf dem Arbeitsmarkt zu erklären: dem Trend zur Teilzeit. Arbeiteten 1991 lediglich 17,9 Prozent aller Arbeitnehmer in Teilzeit, waren es im Jahr 2018 bereits 39,1 Prozent.

Entsprechend ist die durchschnittliche Zahl der Arbeitsstunden pro Erwerbstätigen im gleichen Zeitraum gefallen: Leistete eine Erwerbsperson im Jahr 1991 durchschnittlich 1553 Arbeitsstunden, waren es im vergangenen Jahr noch 1363. Allerdings sind darin auch 26,5 bezahlte sowie ebenso viele unbezahlte Überstunden enthalten - in den Neunzigerjahren waren es noch deutlich mehr Überstunden.

Die starke Zunahme von Teilzeitarbeit lässt sich zu einem großen Teil durch die erheblich gestiegene Erwerbsbeteiligung von Frauen im gleichen Zeitraum erklären. Allerdings stellt das Jahr 2018 eine Besonderheit dar: Zum ersten Mal seit Beginn der Statistik 1991 ist der Teilzeit-Anteil nicht weiter gestiegen, sondern stagnierte auf dem Niveau des Vorjahrs.

Die Entwicklung des deutschen Arbeitsmarkts seit der Wiedervereinigung ist bemerkenswert: Bis Mitte der Nullerjahre dauerte eine Phase des Niedergangs, in der die Zahl der Erwerbstätigen drastisch fiel und die Arbeitslosenzahl bis auf mehr als fünf Millionen Menschen Anfang 2005 stieg. Auch die Zahl der insgesamt geleisteten Arbeitsstunden erreichte damals mit 55,5 Milliarden einen Tiefstwert. Darauf folgte allerdings eine fast stetige Phase des Aufschwungs, die bis jetzt anhält und zu den aktuellen Rekordständen bei Beschäftigung und Arbeitsstunden führte. (Hier finden Sie eine ausführliche Analyse des deutschen Job-Booms und des Arbeitsmarkts seit der Wiedervereinigung.)

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fdi
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