Studie zu Arbeitskräftebedarf Deutschland braucht 260.000 Zuwanderer pro Jahr

Auch bei der Rente mit 70 und einer höheren Geburtenrate kommt der deutsche Arbeitsmarkt nicht ohne Fachkräfte aus dem Ausland aus, ergibt eine Studie der Bertelsmann Stiftung. Jährlich müssten deshalb 260.000 Menschen zuziehen.
BMW-Fabrik in München

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Foto: Joerg Koch/ Getty Images

Um den Arbeitskräftebedarf der Wirtschaft zu decken, braucht Deutschlandeiner Studie zufolge  in den nächsten 40 Jahren jährlich netto mindestens 260.000 Einwanderer. Ohne Migration werde das Angebot an Arbeitskräften angesichts der alternden Gesellschaft bis zum Jahr 2060 um rund 16 Millionen Personen - also um fast ein Drittel - massiv schrumpfen, schreiben die Forscher.

Bei der Ermittlung der Zuwandererzahl seien auch Potenziale der in Deutschland lebenden Arbeitskräfte eingerechnet worden, betonen sie. So seien eine höhere Geburtenrate sowie eine steigende Erwerbsbeteiligung von Frauen und Männern bereits berücksichtigt. "Doch selbst wenn Männer und Frauen gleich viel arbeiteten und in Deutschland eine Rente mit 70 eingeführt würde, könnte der Fachkräftebedarf nicht mit inländischen Mitteln gedeckt werden", schreibt die Bertelsmann-Stiftung als Auftraggeber der Studie. Deren Zahlen basieren auf Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und der Hochschule Coburg.

Die Forscher haben den Arbeitskräftebedarf bis zum Jahr 2060 prognostiziert. Demnach benötigt Deutschland vor allem mehr Fachkräfte aus Drittstaaten außerhalb der Europäischen Union (EU). Die Bertelsmann Stiftung verwies darauf, dass laut Ausländerzentralregister 2017 ohne Fortzüge nur gut 38.000 Fachkräfte nach Deutschland kamen.

Zuwanderer aus Drittstaaten sind entscheidend

Bis 2060 werden der Studie zufolge aber jährlich rund 146.000 Einwanderer aus Drittstaaten und etwa 114.000 Zuwanderer aus EU-Staaten benötigt, um den demografiebedingten Rückgang des Arbeitskräfte-Angebots auf ein "für die Wirtschaft verträgliches Maß" zu begrenzen.

Die Zuwanderung aus anderen EU-Ländern ist der Studie zufolge in den vergangenen Jahren noch kräftig ausgefallen - 2017 mit einem Saldo von etwa 250.000 Personen.

Die Forscher rechnen aber damit, dass die Einwanderung aus anderen EU-Ländern im Vergleich zu den vergangenen Jahren künftig abnehmen wird. Denn Wirtschaftskraft und Lebensqualität näherten sich innerhalb der EU voraussichtlich allmählich an und der Reiz sinke, einen Job in Deutschland zu suchen. Folglich komme der Zuwanderung aus außereuropäischen Drittstaaten eine wachsende Bedeutung zu.

Den jährlichen Bedarf von durchschnittlich 146.000 Migranten aus Drittstaaten schlüsseln die Forscher wie folgt auf:

  • Bis 2035 brauche der deutsche Arbeitsmarkt jährlich fast 98.000 Zuwanderer aus Nicht-EU-Ländern.
  • Zwischen 2036 und 2050 müssten dann alljährlich nahezu 170.000 Menschen aus Drittstaaten zuziehen.
  • Zwischen 2051 und 2060 würden schließlich beinahe 200.000 Zuwanderer aus Nicht-EU-Ländern benötigt.

Es sei dringend nötig, den Zuzug nach Deutschland besser zu steuern, fordern die Studienmacher. Das von der Bundesregierung kurz vor Weihnachten auf den Weg gebrachte Einwanderungsgesetz müsse daher schnell verabschiedet werden, forderte die Stiftung. Es sei zu begrüßen, dass sich das Gesetz auch an Menschen mit mittlerem Qualifikationsniveau richte - hier liege der höchste Bedarf. Allerdings reiche ein Gesetz nicht aus. Ohne eine anhaltende Willkommenskultur und attraktive Integrationsangebote werde der Fachkräftemangel nicht ausgeglichen werden können.

mmq/Reuters/dpa/AFP
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