Bahn-Megaprojekt Gutachter warnen vor horrenden Kosten bei "Stuttgart 21"

Es ist derzeit das umstrittenste Bahnprojekt, und nun könnte es noch teurer werden: Ein neues Gutachten schätzt die Kosten von "Stuttgart 21" auf doppelt so hoch wie bislang angenommen. Die Bahn nennt die Rechnung nicht nachvollziehbar.
Gegner von "Stuttgart 21": Die Kosten für das Bauprojekt könnten weiter steigen

Gegner von "Stuttgart 21": Die Kosten für das Bauprojekt könnten weiter steigen

Foto: THOMAS KIENZLE/ AFP

Stuttgart - Die Zahlen werden den Unmut der Gegner von "Stuttgart 21" weiter anheizen: Nach einem Gutachten des Münchner Ingenieurbüros Vieregg & Rößler könnten die Kosten für den Ausbau des Bahnhofs und eine geplante ICE-Trasse doppelt so hoch sein, wie bisher von der Bahn und der Politik angenommen: Zehn Milliarden, so die Experten, wären dann fällig. Und das nur im günstigsten Fall.

Im Auftrag der Grünen hatte das Münchner Ingenieurbüro Vieregg & Rößler die Pläne noch einmal geprüft und kommt zu dem Ergebnis: Allein die neue Strecke nach Ulm, für die die Bahn bisher 2,9 Milliarden einkalkuliert hat, wird eher 5,3 Milliarden kosten. Und selbst das sei eine konservative Schätzung, denn 60 Kilometer der Linie sollen als Tunnel mitten durch die Alb führen. Wenn die Tunnelarbeiten problematisch werden, könnten schon dafür zehn Milliarden fällig werden.

Die Grünen warnten deshalb vor einer neuen Kostenexplosion. Ihr Verkehrsexperte Winfried Hermann sagte am Mittwoch: "'Stuttgart 21' und die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm drohen ein Fass ohne Boden zu werden." Der Bund müsse deshalb schnell die Reißleine ziehen. "Im Privatleben würde man von Betrug sprechen."

Die Bahn reagierte empört: "Eine solche Zahl disqualifiziert sich von selbst", sagte ein Sprecher der Bahn am Mittwoch. Sie wies die Zahlen als "falsch" und "nicht nachvollziehbar" zurück und wirft dem Gutachten Stimmungsmache vor: Mit "Horrorzahlen" werde versucht, die Bevölkerung zu verunsichern.

Der Bahn-Sprecher griff die Gutachter direkt an: Bereits 2008 habe es ein Papier von Vieregg & Rößler zu "Stuttgart 21" gegeben, in dem unzulässige Schlüsse gezogen worden seien. So hätte das Büro beispielsweise mit falschen Tunnellängen und -querschnitten gerechnet und nicht nachvollziehbare Baupreise unterstellt.

Vieregg & Rößler gelten als Experten bei Projekten der Bahn. Ihre Expertisen kippten bereits ein anderes Prestigeprojekt in Süddeutschland - den Münchner Transrapid. "Wir orientieren uns immer an schon fertiggestellten Projekten", sagte Vieregg.

kim/dpa
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