Bahnhofsprojekt Gericht verhängt Baustopp für Stuttgart 21

Überraschende Wende im Stuttgarter Bahnhofsstreit: Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat wichtige Bauarbeiten für das Projekt bis auf weiteres untersagt. Er gab damit einer Klage der Umweltschutzorganisation BUND statt - Grund ist der Juchtenkäfer.
Bauarbeiten für das Grundwassermanagement bei Stuttgart 21: Erst mal Stillstand

Bauarbeiten für das Grundwassermanagement bei Stuttgart 21: Erst mal Stillstand

Foto: Michele Danze/ dpa

Stuttgart - Das umstrittene Großprojekt Stuttgart 21 verzögert sich erneut. Grund ist diesmal eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zugunsten des Umweltverbandes BUND. Dieser hatte gegen einen Beschluss des Eisenbahn-Bundesamts (EBA) zur Planung des Grundwassermanagements aus dem Januar 2005 geklagt. Das Gericht gab den Umweltschützern recht, ihre Einwände zum Schutz bedrohter Arten seien nicht berücksichtigt worden. Der Beschluss des EBA sei deshalb rechtswidrig.

Die wesentliche Folge der Gerichtsentscheidung: Bestimmte Bauarbeiten am Grundwasserkonzept bei Stuttgart 21 müssen vorerst gestoppt werden. Bei dem Streit geht es vor allem um den Juchtenkäfer, der im nahe gelegenen Schlosspark vorkommt.

Die Gerichtsentscheidung bedeutet allerdings nicht, dass das Großprojekt damit gestorben ist. Den Antrag des BUND, den Bescheid zur Planänderung ganz aufzuheben, lehnten die Richter ab. Eine Gerichtssprecherin sagte, das EBA habe nun die Möglichkeit, ein ergänzendes Verfahren zum Grundwassermanagement durchzuführen und dabei die Einwände des BUND zu berücksichtigen.

So könnten eventuell die Käfer und ihre Larven geschützt werden, indem sie aus den zu fällenden Bäumen umgesiedelt werden. Wie lange diese Prüfung die Bauarbeiten am Grundwassermanagement unterbrechen wird, blieb zunächst unklar.

Die Bahn teilte mit, die Arbeiten am Grundwassermanagement auszusetzen. Es sei mit "zusätzlichen Auflagen zum Artenschutz zu rechnen". Eine Sprecherin versicherte, dass Bäume, auf denen mutmaßlich Juchtenkäfer lebten, nicht gefällt würden. Ansonsten gelte aber: Die fürJanuar geplanten Maßnahmen wie der Abriss des Südflügels seien "von dem Urteil unberührt und werden unverändert umgesetzt".

Konkret verlangt das Gericht Nachbesserungen beim Thema Artenschutz. Der BUND hatte dem Eisenbahn-Bundesamt vorgeworfen, in ihrem Planungsbeschluss gegen den Artenschutz verstoßen zu haben. Eine mögliche Gefahr für den Juchtenkäfer und für Vögel- und Fledermausarten sei nicht ausreichend geprüft worden, zudem hätte der BUND an dem Verfahren beteiligt werden müssen. Vor Gericht hatte die Bahn diese Vorwürfe zurückgewiesen.

Grundwassermanagement unverzichtbar für S21-Bauarbeiten

Zunächst wollte die Bahn laut dem Gericht das Grundwasser mittels drei dezentraler Entnahmestellen absenken. In der im Januar 2005 genehmigten Planänderung seien dann neue Nebenanlagen für das Grundwassermanagement vorgesehen gewesen.

Der BUND klagte, weil seiner Ansicht nach bestimmte Dinge beim Grundwassermanagement nicht beachtet wurden. Dabei geht es um Rohrleitungen, Grundwassermessstellen und Infiltrationsbrunnen. Laut den Richtern durften diese Nebenanlagen beim Grundwassermanagement nicht getrennt von der Umplanung des zentralen Technikgebäudes betrachtet werden.

"Das Eisenbahn-Bundesamt hätte die Frage prüfen und planungsrechtlich bewältigen müssen, welche naturschutzrechtlichen Folgen der Bau dieser Nebenanlagen im Bereich des mittleren Schlossgarten insbesondere für die vom Juchtenkäfer besiedelten Bäume mit sich bringt", begründeten die Richter ihre Entscheidung.

Das Grundwassermanagement ist unverzichtbar für Stuttgart 21. Es soll den Bau des Tiefbahnhofs in einer weitgehend wasserfreien Grube garantieren. Ursprünglich plante die Bahn, drei Millionen Kubikmeter Wasser zu entnehmen und wieder in den Boden einzuleiten. Sie hat nach Bohrungen aber festgestellt, dass sie in der siebenjährigen Bauzeit 6,8 Millionen Kubikmeter abpumpen muss.

mmq/cte/fdi/dpa/dapd/AFP
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