Deklarationen Balkanstaaten wollen ihre Volkswirtschaften stärker an die EU anpassen
Die Wirtschaft auf dem Westbalkan steckt in der Corona-Pandemie in einer schweren Krise. Dabei macht das Bruttoinlandsprodukt aller sechs Länder jetzt schon, wie der "Standard" jüngst errechnet hat , weniger als ein Prozent der Wirtschaftsleistung der EU aus. Trotzdem hoffen die Länder auf einen Beitritt zur Gemeinschaft – und wollen nun ihre Wirtschaft und ihre Bemühungen um den Klimaschutz stärker der EU anpassen.
Vertreter Albaniens, Serbiens, Nordmazedoniens, Bosnien-Herzegowinas, Montenegros und des Kosovo unterzeichneten hierfür zwei Deklarationen zu einem regionalen gemeinsamen Markt und zu einer "Grünen Tagesordnung". Das Video-Gipfeltreffen erfolgte im Rahmen des sogenannten Berliner Prozesses, einer Initiative von Bundeskanzlerin Angela Merkel, mithilfe derer die Länder an die EU herangeführt werden sollen.
Merkel mahnt: "Vertragt euch"
Die CDU-Politikerin begrüßte per Video die Ergebnisse des Balkangipfels für die Wirtschaft und den Klimaschutz. "Glückwunsch zu den Fortschritten, die gemacht wurden", sagte sie. Die Schaffung eines regionalen gemeinsamen Marktes sei gerade in den jetzigen Zeiten ein "wichtiger Meilenstein und eine gute Botschaft an die Wirtschaft", so Merkel. Die Kanzlerin lobte auch, dass es gelungen sei, die Grüne Agenda zu verabschieden. "Trotz der Herausforderung von Covid-19 ist der Klimaschutz ein langfristiges und wichtiges Thema." Merkel setzt darauf, dass die EU noch während der deutschen Ratspräsidentschaft in diesem Jahr Beitrittsgespräche für Nordmazedonien starten kann.
Gastgeber des Gipfeltreffens waren der Ministerpräsident Bulgariens, Boiko Borissow, und sein Kollege aus Nordmazedonien, Zoran Zaev, der trotz der Corona-Pandemie nach Sofia kam. Zaev wurde dort persönlich von Borissow begrüßt, der in den vergangenen zwei Wochen an Covid-19 erkrankt war, nach einem negativen Test jetzt aber nicht mehr unter Quarantäne steht.
Die Konferenz soll die Annäherung von Albanien, Kosovo, Nordmazedonien, Serbien und Bosnien-Herzegowina an die EU vorantreiben. "Vertragt euch", mahnte Merkel. Hintergrund ist die Drohung von Bulgarien, die EU-Beitrittsgespräche mit Nordmazedonien noch zu verhindern, wenn dieses nicht anerkenne, dass die eigene Sprache nur ein Dialekt des Bulgarischen sei.
Markt von etwa 20 Millionen Menschen
Der regionale gemeinsame Markt hat das Ziel, die Volkswirtschaften der Balkanstaaten durch die Freizügigkeit von Menschen, Waren, Dienstleistungen und Kapital zu verbinden, wie die bulgarische Regierung mitteilte. Die regionale "Grüne Tagesordnung" sei im vollen Einklang mit den Bemühungen der EU im Kampf gegen den Klimawandel, hieß es. "Lasst uns nicht vergessen, dass der Westbalkan ein Markt von etwa 20 Millionen Menschen ist", sagte Borissow. Dies würde den jüngeren Menschen Perspektiven geben, die jetzt "mit schnellem Tempo" auswanderten. Das aktuelle Gipfeltreffen werde zur stärkeren Zusammenarbeit in der Region beitragen, sagte auch Nordmazedoniens Regierungschef Zaev.