Gefälschtes Imagevideo für Brandenburg "Mama, es stinkt - wir sind zu Hause"

In Brandenburg ist es ländlich und idyllisch, die Lebensqualität ist hoch, das zumindest verspricht eine Imagekampagne des Bundeslandes. Die ist jetzt von Umweltschützern gefälscht worden - und hat eine ganz neue Botschaft.
Gülle-Tankwagen (Archiv)

Gülle-Tankwagen (Archiv)

Foto: Wolfgang Weihs /dpa

Vielen Brandenburgern stinkt's. Massenzuchtbetriebe sorgen für eine erhebliche Geruchsbelästigung in der Nachbarschaft. Mit einer satirischen Kampagne unter dem Motto "Brandenburg. Es kann so einfach sein" kritisieren Tierschutz- und Umweltaktivisten vom Bündnis "Aufstand gegen Massentierhaltung" die Landesregierung - mit einem gefälschten Webauftritt und einem YouTube-Video, angelehnt an die offizielle Imagekampagne des Landes.

Unter dem Thema "Landwirtschaft und Zukunft" wird in dem Video um die Ansiedlung von Massentierhaltungsbetrieben in Brandenburg geworben. In dem Land seien die bürokratischen Hürden niedrig, die Behörden kooperativ, heißt es unter anderem.

Versehen sind der professionell anmutende Webauftritt und das Video mit dem Logo des Bundeslandes, dem Brandenburger Adler. Am Schluss des zweiminütigen Clips heißt es "Gefördert durch das Land Brandenburg". Die Website ist über die Domain es-kann-so-einfach-sein.net zu erreichen. Die offizielle Kampagne der Landesregierung ist dagegen über die Domainendung ".de" auffindbar .

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In dem Video werden zunächst mit Landschaftsbildern die Vorzüge des Bundeslandes gepriesen. Dann kommt ein angeblicher Schweinezüchter zu Wort. In Niedersachsen würden Behörden und Nachbarn Investitionen verhindern - "aber in Brandenburg, da geht noch was", heißt es. Ein Junge namens Kevin sagt in die Kamera: "Also, in Brandenburg stinkt's ein bisschen". Heimat erkennt er vor allem am Geruch: "Mama, es stinkt - wir sind zu Hause", sagt er.

Aus dem Off folgt eine Frauenstimme: "Was Umwelt- und Tierschutzauflagen betrifft, da lassen wir auch mal Fünfe gerade sein. Wirtschaftlicher Erfolg geht vor". Über Bildern eines Massentierbetriebes heißt es zum Schluss: "Was in Ihrem Stall passiert, ist Ihre Sache - da redet Ihnen keiner rein. Darauf haben Sie unser Wort."

"Die Landesregierung schmückt sich in ihrer neuen Imagekampagne mit Federn, die sie dem Land seit Jahren systematisch ausreißt", sagt eine Sprecherin der Aktion. Es entstünden immer neue Tierfabriken. "Die Anwohner werden vom Gestank der Gülle aus ihren Gärten und von ihren Terrassen vertrieben. Den Tieren geht es noch viel schlimmer", heißt es in einer Erklärung.

In dem Land gibt es derzeit Angaben des Landesamtes für Umweltschutz zufolge rund 630 bestehende Zucht- und Mastbetriebe.

Screenshot es-kann-so-einfach-sein.net

Screenshot es-kann-so-einfach-sein.net

Foto: es-kann-so-einfach-sein.net

Mit der satirischen Kampagne werfen die Macher der Regierung unter anderem vor, ein Volksbegehren gegen Massentierhaltung nicht umzusetzen. Die Regierung würde stattdessen den Ausbau der industriellen Tierhaltung vorantreiben, hieß es in der Stellungnahme.

Der Landtag hatte das Volksbegehren 2016 mit der Regierungsmehrheit von SPD und Linken in veränderter Form angenommen. Die Initiatoren hatten zuvor mehr Stimmen gesammelt als benötigt.

Forderung nach Verbandsklagerecht

Das Volksbegehren sollte mehr Tier- und Umweltschutz in der Nutztierhaltung verankern. Dazu zählte unter anderem, die Erweiterung der kommunalen Mitbestimmungsmöglichkeiten beim Bau von Ställen und der Gülleverwendung zu prüfen. Zudem sollten Tierschutzverbände ein Klagerecht erhalten - eine Forderung, die in dem Kompromiss jedoch nicht berücksichtigt wurde.

Das in dem Video erwähnte Land Niedersachsen hat dagegen im April 2016 unter der damaligen rot-grünen Landesregierung das Verbandsklagerecht für Tierschutzorganisationen eingeführt. Außerdem müssen dort bis spätestens 2020 Abluftsysteme in Mastanlagen verbaut werden.

BUND sieht Satire kritisch

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der zu den Unterstützern des Volksbegehrens gehört, sieht die gefälschte Kampagne kritisch. "Logos zu entfremden, ist problematisch", sagte der brandenburgische Landesgeschäftsführer Axel Kruschat. Dennoch sei die benannte Problematik wichtig.

Bisher sei wenig passiert seit der Annahme des Kompromisses vor zwei Jahren. So stehe die Prüfung der kommunalen Mitbestimmungsmöglichkeiten noch aus. "Kampagnen zu fälschen, ist nicht unser Stil", sagte Kruschat weiter, "aber man sieht, wozu einzelne Gruppen getrieben werden".

Der Regierungssprecher von Brandenburg zeigt sich weniger verständnisvoll: "Satire sollte (...…) nicht mit bösartigen Unterstellungen arbeiten. Nicht zu akzeptieren sind offizielle Landessymbole und die Behauptung, es sei ein Film des Landes", heißt es in einer Stellungnahme. Das Land prüfe rechtliche Schritte, sagte ein Sprecher.

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