Kritik an Ex-Arbeitsministerin von der Leyen Tausende Arbeitslose aus Statistik verschwunden

Es war ein Prestigeprojekt der damaligen Arbeitsministerin von der Leyen: Langzeitarbeitslose sollten Bürgerarbeiter werden, der Staat gab Zuschüsse. Nun stellt sich heraus: Zehntausende Teilnehmer sind erneut arbeitslos oder fielen gleich ganz aus der Statistik.
Arbeitsagentur (in Duisburg): Ab in die Bürgerarbeit - und dann?

Arbeitsagentur (in Duisburg): Ab in die Bürgerarbeit - und dann?

Foto: Martin Gerten/ dpa

Hamburg - Das Projekt Bürgerarbeit startete als großes Versprechen. Jeder Langzeitarbeitslose sollte eine Chance bekommen, gelobte die damalige Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) im Sommer 2010 und schuf für diese Klientel öffentlich geförderte Jobs. Mehr als drei Jahre später zeigt sich nun: Der Großteil der Teilnehmer fiel zurück in die Arbeitslosigkeit oder ganz aus der Statistik. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Fraktion im Bundestag hervor, die SPIEGEL ONLINE vorliegt.

Nach Angaben des Arbeitsministeriums sind im Zuge der Bürgerarbeit rund 87.000 Erwerbslose aktiviert, also intensiver als andere Langzeitarbeitslose von Jobcentern betreut worden. 45.000 von ihnen wurden zu Bürgerarbeitern, bekamen also Jobs etwa als Vorleser in Altenheimen, Straßenfeger oder Gärtner und wurden bei einer 30-Stunden-Woche öffentlich mit rund 900 Euro brutto gefördert. Finanziert aus Mitteln des Bundes sowie des Europäischen Sozialfonds ESF.

Was nach Ablauf der Maßnahme aus den Menschen wurde, ist ernüchternd: Etwa 40 Prozent der Erwerbslosen landeten wieder in der Arbeitslosigkeit. Nur 20 bis 25 Prozent waren im Betrachtungszeitraum vom Juli 2010 bis November 2012 ein halbes Jahr nach dem Ausscheiden aus der Bürgerarbeit in sozialversicherungspflichtigen Jobs gelandet. Bis zu 23 Prozent waren danach weder arbeitslos gemeldet noch in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. Wo diese Personen tatsächlich geblieben sind, kann die Regierung nicht beantworten.

"Ein Programm zur Bereinigung der Statistik", kritisiert die Linke

"Dieses Programm diente anscheinend vor allem zur Bereinigung der Statistik", kritisiert die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linken, Sabine Zimmermann. Auf Erwerbslose sei offensichtlich Druck ausgeübt worden, sich nicht noch einmal arbeitslos zu melden, also sich lieber gleich zurückzuziehen, mutmaßt sie. Hinweise dafür gibt es in der Antwort der Bundesregierung jedoch nicht.

Ex-Arbeitsministerin von der Leyen (CDU) hatte die Bürgerarbeit 2010 befristet bis Ende 2014 im gesamten Bundesgebiet eingeführt, nachdem erste Experimente in Orten wie Bad Schmiedeberg oder Barleben erfolgreich gewesen waren: Dort konnte die Zahl der Arbeitslosen innerhalb kürzester Zeit deutlich gedrückt werden.

Ähnlich wie bei Ein-Euro-Jobs sollen langzeitarbeitslose Bürgerarbeiter langsam wieder in den ersten Arbeitsmarkt zurückgeführt werden. Vorausgesetzt wird, dass ihre Jobs von öffentlichem Interesse sind - und keine normalen Stellen verdrängen, wie auch immer das in der Realität gewährleistet werden kann.

Laut Bundesregierung arbeiten die meisten Bürgerarbeiter im Gesundheits- und Sozialwesen (32 Prozent), danach folgen Erziehung und Unterricht (22 Prozent), die öffentliche Verwaltung (12 Prozent) sowie sonstige Dienstleistungen.

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