Abgabe für höhere Einkommen Bundesfinanzhof weist Klage gegen Solidaritätszuschlag ab

Schild am Bundesfinanzhof: Entscheidung zu umstrittener Abgabe
Foto: Carsten Hoefer / picture alliance/dpaEin Ehepaar aus Bayern ist mit seiner Klage gegen den Solidaritätszuschlag gescheitert: Die Abgabe ist nicht verfassungswidrig, wie der Bundesfinanzhof in einer am Montag verkündeten Entscheidung urteilte.
Der Zuschlag zur Einkommensteuer sei auch in der seit 2020 geltenden Form noch vom Grundgesetz gedeckt, entschied das höchste deutsche Steuergericht in München. Bloße Zweifel daran reichten nicht aus, um den Soli dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, sagte der Vorsitzende Richter und Präsident des BFH, Hans-Josef Thesling.
Es sei unerheblich, ob die Ergänzungsabgabe zweckgebunden für den Aufbau Ost verwendet werde. Dies liege in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers. Der Soli sei damit vom Auslaufen des Solidarpakts unabhängig. Zudem bestehe nach wie vor ein Mehraufwand für den Staat aufgrund der Wiedervereinigung.
Die Bundesregierung kann damit weiter jährliche Einnahmen in zweistelliger Milliardenhöhe aus der Abgabe einplanen. Allerdings spricht sich Finanzminister Christian Lindner (FDP) selbst für eine Abschaffung des Solis aus.
Das Klägerpaar hatte vor dem BFH gegen die Zahlung des Solidaritätszuschlags in den Jahren 2020 und 2021 geklagt. Der Bund der Steuerzahler hatte die Kläger unterstützt und darauf gesetzt, Entlastungen für die Steuerzahler juristisch durchsetzen zu können.
Laut Urteil hat der Bund aber schlüssig dargelegt, dass die Wiedervereinigung weiter erhöhten Finanzbedarf verursacht, auch wenn die früheren Solidarpakte zur Finanzierung der Einheitslasten ausgelaufen sind. Der Bund hatte laut BFH zuletzt elf Milliarden Euro jährlich mit der mittlerweile noch von Besserverdienern und Unternehmen bezahlten Abgabe eingenommen. Kläger und Steuerzahlerbund argumentierten, dass der Solidaritätszuschlag in doppelter Hinsicht verfassungswidrig sei.
Richter folgten den Argumenten der Kläger nicht
Zum einen berief sich die Klage darauf, dass der ursprüngliche Zweck des Soli mit Auslaufen des Solidarpakts II 2019 entfallen sei. Dem folgte der Bundesfinanzhof jedoch nicht: »Eine Ergänzungsabgabe muss nicht von vornherein befristet oder für einen kurzen Zeitraum erhoben werden«, sagte BFH-Präsident Thesling.
Darüber hinaus warfen Steuerzahlerbund und Kläger dem Bund einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes vor, weil nur noch eine kleine Minderheit der Steuerzahler die Abgabe zahlen muss, die große Mehrheit jedoch nicht.
Finanzministerium will Klärung vor dem Verfassungsgericht
Finanzminister Christian Lindner (FDP) wirbt schon länger für eine Abschaffung des Solidaritätszuschlags, der inzwischen nur noch für Personen mit höheren Einkommen gilt. SPD und Grüne haben sich gegen Steuersenkungen für Reiche ausgesprochen. Im Koalitionsvertrag hatten die Ampelparteien das heikle Thema Solidaritätszuschlag ausgeklammert.
Aus Kreisen des Bundesfinanzministeriums hieß es nun, es habe die Entscheidung des Bundesfinanzhofs »zur Kenntnis« genommen. »Über den Solidaritätszuschlag wird das Bundesverfassungsgericht in einem anderen Verfahren entscheiden«, hieß es. »Die Bundesregierung hat ein Interesse an einer verfassungsgerichtlichen Klärung.«
Unabhängig von Rechtsfragen werde die Ergänzungsabgabe innerhalb der Koalition bekanntlich politisch und ökonomisch unterschiedlich bewertet, hieß es weiter. »Aus Sicht des Bundesfinanzministers wäre ihre Abschaffung ein Beitrag zur Stärkung der steuerlichen Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes und der Glaubwürdigkeit politischer Zusagen.«
Im Gesetz zur Rückführung des Solidaritätsausgleichs aus dem Jahr 2019 beschloss die damalige Große Koalition, dass Besserverdiener den Zuschlag weiter zahlen müssen, mehr als 90 Prozent der bisherigen Zahler wurden entweder ganz oder in Teilen entlastet.
Das Finanzministerium hatte keinen Vertreter zu dem Verfahren am Bundesfinanzhof entsandt. Aufgabe des Vertreters wäre es gewesen, den Soli vor Gericht zu verteidigen.
FDP klagt ebenfalls gegen Soli
Hätte der Bundesfinanzhof den Zuschlag für verfassungswidrig gehalten, hätte sich das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe damit befassen müssen. Eine Vorlage des Falls beim Bundesverfassungsgericht sei aber nicht geboten, entschied nun der Bundesfinanzhof.
Allerdings wollen Abgeordnete der FDP mit einer Verfassungsbeschwerde den Solidaritätszuschlag vor dem Bundesverfassungsgericht vollständig kippen.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Fassung hieß es, die oberen zehn Prozent der Einkommen müssten den Zuschlag weiter zahlen, die übrigen 90 Prozent seien ausgenommen. Tatsächlich wurden 96,5 Prozent der bisherigen Zahler finanziell bessergestellt. Wir haben die Stelle präzisiert.