Bundesgerichtshof Sparkassen-Kundin kämpft um weibliche Ansprache

Eine Frau will durchsetzen, dass sie von ihrer Sparkasse als Kundin angesprochen wird - nicht als Kunde. An diesem Dienstag urteilt der Bundesgerichtshof darüber. Die Entscheidung könnte weitreichende Folgen haben.
Marlies Krämer

Marlies Krämer

Foto: Uli Deck/ dpa

Haben Frauen ein Recht auf eine weibliche Ansprache in Formularen? Darüber urteilt der Bundesgerichtshof (BGH) am Dienstag um 9 Uhr. Geklagt hat eine Sparkassen-Kundin aus dem Saarland, die die Entscheidung nach eigenen Worten "mit Lampenfieber" von zu Hause aus verfolgt.

Die Klägerin Marlies Krämer, 80, fühlt sich mit männlichen Formulierungen wie "Kunde" oder "Kontoinhaber" nicht angesprochen und pocht auf die Ansprache als "Kundin" oder "Kontoinhaberin". Entscheidend wird sein, ob und inwiefern die Klägerin durch die unweibliche Formularsprache wegen ihres Geschlechts benachteiligt wurde.

Würde die Klägerin recht bekommen, müssten mehr als 800 verschiedene Sparkassenformulare umgeschrieben werden - und mehr als 1600 Kreditinstitute in Deutschland hätten ein Problem. Auch könnte ein solches Urteil Folgen für alle Formen der Vertragssprache haben, meint die Dortmunder Juraprofessorin und Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes, Maria Wersig.

Für den Fall, dass Marlies Krämer vor dem höchsten deutschen Zivilgericht unterliegt, will sie weiterkämpfen - und notfalls bis vor den Europäischen Gerichtshof ziehen. "Ich sehe das überhaupt nicht mehr ein, dass ich als Frau totgeschwiegen werde", sagt Krämer.

"Sprache ist der Schlüssel zur Gleichberechtigung"

Die Seniorin hat schon andere Rechtsstreitigkeiten für sich entschieden: So verzichtete sie in den Neunzigerjahren so lange auf einen Pass, bis sie als "Inhaberin" unterschreiben konnte. Später sammelte sie erfolgreich Unterschriften für weibliche Wetter-Hochs. Davor wurden Frauennamen nur für Tiefs verwendet.

Der von manch einem belächelte Formularstreit ist für sie alles andere als eine Petitesse. Es geht für sie ums Grundsätzliche: "Sprache ist der Schlüssel zur Gleichberechtigung", sagt sie.

In den Vorinstanzen war die Seniorin erfolglos gewesen. Schwierige Texte würden durch die Nennung beider Geschlechter nur noch komplizierter, argumentierte das Landgericht Saarbrücken. Zugleich verwies es darauf, dass die männliche Form schon "seit 2000 Jahren" im allgemeinen Sprachgebrauch bei Personen beiderlei Geschlechts als Kollektivform verwendet werde.

Aktenteichen: VI ZR 143/17

ssu/dpa-AFX

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