
Jahresbericht des Bundesrechnungshofes: Wo der Staat Millionen versenkt
Jahresbericht des Rechnungshofs Seid verschwendet, Millionen!
Berlin - Angela Merkel ist nicht gerade für überhastete Entscheidungen bekannt. Doch eine Äußerung vom G20-Gipfel in Brisbane könnte sie inzwischen als voreilig bereuen. In Australien versprach die Bundeskanzlerin nach dem Beschluss neuer Regeln für Banken, nie wieder werde es notwendig sein, "dass Steuerzahler dafür eintreten müssen, dass große Banken zusammenbrechen".
Merkels Behauptung führt in die Irre, das bestätigen jetzt Deutschlands oberste Rechnungsprüfer. In seinem Jahresbericht kritisiert der Bundesrechnungshof, die Abgabe zur Finanzierung eines deutschen Bankenrettungsfonds sei zu gering. "Bei größeren Stabilisierungsmaßnahmen wäre der Restrukturierungsfonds nach wie vor auf öffentliche Gelder angewiesen", heißt es in dem Bericht, der am Dienstag veröffentlicht wird und SPIEGEL ONLINE vorab in Auszügen vorlag.
Der Fonds wird durch eine Bankenabgabe finanziert und soll ein Volumen von 70 Milliarden Euro erreichen. Doch laut Rechnungshof wird diese Summe nach jetzigem Stand erst in etwa hundert Jahren erreicht. Denn während die Bundesregierung mit jährlichen Beiträgen von 1,2 Milliarden Euro rechnete, kam in den vergangenen Jahren im Durchschnitt nur die Hälfte der Summe zusammen. Der Grund: Viele Institute profitierten von Ausnahmeregeln und Freibeträgen, 38 Prozent zahlten sogar überhaupt keine Abgabe.
Der deutsche Bankenrettungsfonds wird ab 2016 schrittweise durch einen europäischen Fonds ersetzt, der ein Volumen von 55 Milliarden Euro erreichen soll. Angesichts der schlechten Erfahrung in Deutschland fordert der Rechnunghof das Bundesfinanzministerium nun auf, zumindest auf europäischer Ebene seien Ausnahmen und Freibeträge "weitgehend zu vermeiden".
Verworrene Verkehrsetats
Viel Tadel findet sich im Jahresbericht auch für Verkehrsprojekte. Diese gehören seit jeher zu den Steckenpferden der Rechnungsprüfer, da sie meist ebenso kostspielig wie kompliziert sind. In diesem Jahr hat die Kritik jedoch besonderes Gewicht. Schließlich plant die Bundesregierung zusätzliche Investitionen in Höhe von zehn Milliarden Euro, von denen ein großer Teil ins Ressort von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) fließen dürfte. Schon im vergangenen Jahr gingen allein 5,4 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt in den Straßenbau und 4,4 Milliarden Euro in das Schienennetz.
Doch die genaue Verwendung der gewaltigen Summen ist laut Bundesrechnungshof schwer durchschaubar. "Die Kostenentwicklung von Verkehrsinfrastrukturprojekten kann häufig nicht nachvollzogen werden", heißt es in dem Bericht. Künftig sollten die Vorhaben für alle Verkehrsträger einheitlich und damit vergleichbar im Bundeshaushalt aufgeführt werden.
Der Rechnungshof sieht unter anderem "substanzielle Schwächen" bei Vereinbarungen, die das Verkehrsministerium mit der Deutschen Bahn über die Instandhaltung von Strecken trifft. Die Angaben der Bahn hätten dabei in der Vergangenheit "kaum Auskunft" über den tatsächlichen Zustand der Anlagen gegeben. Auch eine neue Vereinbarung, die Dobrindt und Bahn-Chef Rüdiger Grube kürzlich unterzeichneten, kritisierten die Rechnungsprüfer in einer Stellungnahme als "noch nicht unterschriftsreif".
Als Beispiel für Fehlplanungen nennt der Rechnungshof unter anderem die neugebaute Eisenbahnstrecke Nürnberg-Erfurt. Diese sei auf thüringischer Seite mit geringeren Gleisabständen gebaut worden, was Kosten einsparte. Da in Bayern aber die herkömmlichen, größeren Abmessungen verwendet wurden, blieb dem Bericht zufolge ein Einsparpotenzial von mindestens 35 Millionen Euro ungenutzt.
Auch auf deutschen Straßen bemängelt der Rechnungshof wieder viele Projekte als unnötig. So sei auf der A14 für 700.000 Euro eine Anlage zur Steuerung des Verkehrsflusses gebaut worden, die weder durch das Verkehrsaufkommen noch die Zahl der Unfälle gerechtfertigt sei. Sachsen-Anhalt baute die Anlage zudem mit Bundesmitteln, obwohl das Verkehrsministerium sie nicht genehmigt hatte. Immerhin: Mittlerweile hat das Land dem Bund die Mittel erstattet. Weitere Beispiele in der Fotostrecke:

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