Neues Gutachten Bundestagsexperten halten Mindestlohn-Ausnahmen für verfassungswidrig

Gegenwind für die Union: Studenten oder Rentner dürfen nicht einfach vom geplanten flächendeckenden Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro ausgenommen werden. Dieses Fazit zieht laut einem Zeitungsbericht der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags. Offenbar gibt es verfassungsrechtliche Bedenken.
Gebäudereinigerin: Mindestlohn-Ausnahmen für Rentner verfassungswidrig?

Gebäudereinigerin: Mindestlohn-Ausnahmen für Rentner verfassungswidrig?

Foto: Z1003 Jens BŸttner/ picture alliance / dpa

Berlin - Die schwarz-rote Regierung darf nach Auffassung von Experten bestimmte Arbeitnehmer nicht einfach vom geplanten Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro ausnehmen. Dies könne gegen den Grundsatz im Grundgesetz verstoßen, alle Menschen gleich zu behandeln. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags, das der "Süddeutschen Zeitung" einem Bericht  zufolge vorliegt. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen demnach vor allem beim Ausschluss von Rentnern und Studenten vom Mindestlohn, wie ihn maßgebliche Unionspolitiker fordern.

In dem Gutachten, das die grüne Fachpolitikerin Brigitte Pothmer angefordert hatte, heißt es laut Zeitung, der allgemeinverbindliche Mindestlohn sei eine Schutzvorschrift für Arbeitnehmer. Ausnahmen davon könnten "eine verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung darstellen, wenn die in Rede stehende Personengruppe zu den Arbeitnehmern zu zählen ist und sich von der allgemeinen Gruppe nicht so wesentlich unterscheidet, dass eine unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt wäre". Dies gelte prinzipiell auch für Saisonarbeiter, Rentner oder Studenten mit Arbeitsvertrag.

Zuletzt sagte Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU), ein Rentner, der sich etwas dazuverdient, müsste nicht den Mindestlohnregeln unterliegen - der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer hatte dies als "nicht abwegig" bezeichnet. Ähnlich äußerte sich die stellvertretende CDU-Chefin Julia Klöckner.

Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) wandte sich indes gegen Ausnahmen wie sie Wirtschaftsverbände auch für Langzeitarbeitslose, Taxifahrer oder Jugendliche fordern. Rechtlich unproblematisch sind laut Bundestaggutachten Ausnahmen bei ehrenamtlich Tätigen, Auszubildenden oder Praktikanten in der Ausbildung, weil es sich hierbei nicht um Arbeitnehmer handelt. Dass für diese Gruppen der Mindestlohn nicht gelten soll, ist in der Koalition mittlerweile unumstritten.

In dem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes wird der Zeitung zufolge auch darauf hingewiesen, dass Ausnahmen bei Jugendlichen und jungen Arbeitnehmern gerechtfertigt sein könnten, um "falsche Anreize zu vermeiden. Jugendliche sollten mit der Aussicht auf eine Entlohnung nach Mindestlohn nicht verleitet werden, auf eine Berufsausbildung zu verzichten."

nck/dpa
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