Sieg für Cathy Hummels vor Gericht "Dieses Urteil ist für UNS!!!"

Ist es Schleichwerbung, wenn Influencer auf Verkaufsseiten von Luxuskleidung verlinken? Im Fall von Cathy Hummels ist es das nicht, entschied ein Gericht. Die Fußballerfrau sieht das als Sieg für die ganze Branche.
Cathy Hummels beim Prozessauftakt im Februar, zur Urteilsverkündung erschien sie nicht

Cathy Hummels beim Prozessauftakt im Februar, zur Urteilsverkündung erschien sie nicht

Foto: Tobias Hase/ dpa

Auf den ersten Blick wirkt an diesem Montag alles im Münchner Landgericht so wie bei jedem beliebigen Promiprozess. Gut zwei Dutzend Journalisten und TV-Leute haben sich mit ihren Kameras und Mikrofonen vor einem der Säle in Stellung gebracht. Eine Gerichtsangestellte kann sich mit ihren dicken Aktenordnern auf dem Arm nur mit Mühe den Weg durch den Pulk bahnen.

Die Fernsehteams warten auf Cathy Hummels, die Frau des Bayern-Fußballstars Mats Hummels. Doch in dem Verfahren geht es diesmal nicht um einen banalen Yellow-Press-Fall, wer etwa wen beleidigt oder mit wem ein Verhältnis hat. Das Gericht muss aufgrund einer Klage gegen Cathy Hummels darüber entscheiden, wie werblich die Beiträge sogenannter Influencer sein dürfen.

Es geht um einen neuen Medienzweig und viel Geld. Den Stars der Szene, zu denen auch Hummels zählt, folgen in sozialen Medien wie Facebook, YouTube oder Instagram Hunderttausende oder sogar Millionen. Schätzungen zufolge nehmen deutsche Unternehmen in diesem Jahr eine halbe Milliarde Euro in die Hand, um mit Influencern zu werben.

"Ich bin mir keiner Schuld bewusst"

Auch Hummels verdient Geld, indem sie bei Instagram unzählige Beiträge mit Fotos ihrer Outfits veröffentlicht. Luxusartikel oder andere Produkte wie Kinderwagen, die im Alltag der Mutter angeblich eine Rolle spielen, stellt sie dort ebenfalls vor. Zuletzt zählte sie fast eine halbe Million Follower. Doch weil sie in mehreren Instagram-Beiträgen die Hersteller ihrer Schuhe und Bekleidung nannte und die Webseiten der Unternehmen verlinkte, ohne dies als Werbung zu kennzeichnen, fing sich die 31-Jährige eine Klage ein. Der umstrittene Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) mahnte sie wegen unlauterer Werbung ab - genauso wie zahlreiche andere Influencer.

An diesem Montag warteten die Kamerateams vergeblich auf Hummels. Doch bereits bei der Verhandlungseröffnung im Februar hatte sie den Vorwurf zurückgewiesen, Firmenwerbung zu betreiben, ohne diese zu kennzeichnen: "Ich bin mir keiner Schuld bewusst", hatte die geschäftstüchtige Fußballerfrau damals gesagt. Sie habe für diese Beiträge wie einen Post über einen Pullover der Luxusmarke Miu Miu keine Gegenleistungen der Hersteller erhalten, weshalb es sich auch nicht um Werbung handle. Wenn sie Dinge poste, für die sie bezahlt werde - kennzeichne sie dies, so Hummels.

Hummels hatte argumentiert, sie habe die Verlinkungen zu den Herstellerseiten "aus reiner Begeisterung" eingefügt - und als Service für ihre Fans. Ihr Wirken bei Instagram vergleicht Hummels mit einer Frauenzeitschrift wie etwa "Brigitte". Dass eine Trennung zwischen einem redaktionellen Teil und einem Anzeigenteil wie bei einer Zeitschrift fehlt, klammert sie aus.

Das Gericht kann keinen Rechtsverstoß erkennen

Dennoch gibt ihr das Münchner Landgericht an diesem Montag recht. Es könne in den Posts keinen Rechtsverstoß erkennen. Der Verband habe Hummels nicht nachweisen können, dass für die strittigen Veröffentlichungen tatsächlich ein Honorar geflossen sei, argumentiert das Gericht. So lange Hummels für die Links kein Geld bekomme, dürfe sie das machen, sagt die Vorsitzende Richterin Monika Rhein. Influencer müssten gleichbehandelt werden wie Printmedien. Die Richterin stützt Hummels' Argumentation und fragt: "Warum soll das bei einem neuen, wenn auch sehr kommerziellen Medium anders sein?"

Richterin am Landgericht München Monika Rhein bei der Urteilsverkündung

Richterin am Landgericht München Monika Rhein bei der Urteilsverkündung

Foto: Sina Schuldt/ DPA

Informierte Leser wüssten, dass Hummels mit ihrem Instagram-Profil kommerzielle Interessen verfolge, sagt Rhein. Insofern handle es sich auch nicht um unlautere Werbung.

Nicht immer hatte Richterin Rhein das so eindeutig gesehen: Im Laufe des Verfahrens hatte sie durchaus Zweifel an der Influencer-Branche erkennen lassen. "Früher war Influenza eine Krankheit, heute ist es ein Berufsbild", hatte die Juristin gesagt.

Das greift Hummels nun auf, als sie sich auf ihrem Instagram-Account über die Entscheidung freut. "Ich wünsche mir, dass 'Influencer' zu sein ernst genommen wird UND nicht weiterhin als Grippevirus bezeichnet wird", schreibt sie dort. Sie wolle weiter dafür kämpfen, dass Influencer "das gleiche Recht zugesprochen bekommen wie Fernseh- und Printmedien". Und: "Dieses Urteil ist für UNS!!!"

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Der Verband Sozialer Wettbewerb dagegen ist enttäuscht: "Das Urteil steht im Widerspruch zu einer Reihe von Entscheidungen, welche zugunsten des VSW ergangen sind", sagt Geschäftsführer Ferdinand Selonke. Nach eigenen Angaben hat der VSW zahlreiche Abmahnungen gegen Influencer ausgesprochen. Der Verband sieht sich als erfolgreicher Vorkämpfer gegen Schleichwerbung in sozialen Medien.

Im Fall der bekannten Influencerin Pamela Reif, die zuletzt gut 4,1 Millionen Follower hatte, folgte das Landgericht Karlsruhe dem Abmahnverband im März. Die 22-Jährige muss Tags zu Markenherstellern in ihren Instagram-Fotos seither als Werbung kennzeichnen. Der VSW hatte in drei Fällen eine Unterlassungsverfügung gegen die 22-Jährige erwirkt. "Der kommerzielle Zweck muss kenntlich gemacht werden", sagte der Richter damals. Besonders die überwiegend jungen Menschen, die zu Reifs Followern gehörten, seien leicht zu beeinflussen und müssten geschützt werden. Reifs Anwalt kündigte an, in Berufung vor das Oberlandesgericht (OLG) zu gehen.

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Das Münchner Landgericht hofft ebenfalls, dass der Fall Hummels vor dem OLG München landet. "Wir sind schon gespannt, was die zweite Instanz sagt", sagt Rhein.

Ob der VSW im Fall Hummels jedoch weitermachen wird, ist jedoch unsicher. Der Verband will zwar "sorgfältig prüfen, ob gegen die Entscheidung Berufung eingelegt wird". Doch man ist zurückhaltend, Selonke verweist darauf, dass das Münchner Gericht den Hummels-Fall einen "Einzelfall" nenne. Tatsächlich urteilte Rhein, dass sich aufgrund des Urteils "keine allgemeingültigen Aussagen für alle Influencer oder Blogger treffen lassen". Jeder Fall müsse einzeln betrachtet werden.

Bislang fehlt ein Grundsatzurteil des BGH zum Thema. 2014 hatten die Karlsruher Richter im Fall eines Printmediums entschieden, dass der Zusatz "sponsored by" kein Ersatz für die Kennzeichnung einer Werbung als "Anzeige" ist.

Generell ist der Nachweis von Schleichwerbung ohnehin nur schwer zu führen. So kann etwa bei einem Post zwar tatsächlich kein Geld oder keine Sachleistung des Konzerns fließen. Doch wer weiß schon, ob der mögliche Werbedeal einige Wochen später auch ohne die Jubelmeldung des Influencers zustande gekommen wäre.

Allerdings kann allein der Verdacht, man betreibe Schleichwerbung, die Glaubwürdigkeit eines Mediums untergraben - offenbar jedoch nicht im Fall von Hummels: Die Zahl ihrer Follower ist seit Beginn des Prozesses Mitte Februar sogar noch einmal um gut 20.000 gestiegen.

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