Extremszenarien Wenn China abstürzt

Wanderarbeiter in Peking: Globale Sorgen um Chinas Verfassung
Foto: Kevin Frayer/ Getty ImagesDüster begann das Finanzjahr 2016. Gleich zweimal mussten Chinas Börsen in der ersten Januarwoche den Handel stoppen, weil die Kurse ins Bodenlose rutschten. Die Panik an den Handelsplätzen der zweitgrößten Wirtschaftsmacht hat Folgen für das globale Finanzsystem: Rund um den Globus brachen die Aktienkurse ein.
Der Ausblick für die kommenden Monate ist ebenso finster. Zwar haben sich die Weltbörsen zum Wochenausklang vorerst wieder gefangen. Doch Sorgen über das Ende des wirtschaftlichen Superzyklus in China bleiben. Börsenkenner rechnen bald mit neuen Kurseinbrüchen. Finanzexperten spielen schon Extremszenarien durch: Was droht der Welt, falls der große China-Crash kommt?
"Apocalypse Now" in Asien? Tsunamis an den Weltbörsen? Die Ökonomen sagen selbst: Das sind Prognosen mit geringer Eintrittswahrscheinlichkeit. Doch gehört es zu ihrem Brot-und-Butter-Geschäft, auch solche Voraussagen zu machen. Oder, wie es Arthur Kroeber von Gavekal Dragonomics, einem renommierten Analystenhaus für chinesische Wirtschaftsdaten, formuliert: "Paranoia ist mitunter wertvoll."
In den vergangenen Monaten haben sich unter anderem die Citibank (hier ), die Ratingagentur Fitch (hier ) und das Schweizer Institut UBS (nicht online, Zusammenfassung hier ) rabenschwarze Varianten der Zukunft ausgemalt. Die Annahmen und Berechnungswege der Experten variieren; doch die Ergebnisse ähneln sich im Kern: Sollte Chinas Wirtschaft abstürzen, gäbe es keinen Ratten-, sondern einen Drachenschwanz an Problemen. Weltweit.
Auslöser eines China-Crashs wären nach Meinung der Analysten folgende: Die Zahl der ausfallgefährdeten Kredite würde weiter steigen, die Kreditvergabe der Banken erlahmen, das Vertrauen der Verbraucher und Anleger schwinden, und die Landeswährung Yuan würde weiter abwerten.
Weit hergeholt sind diese Annahmen nicht. Die chinesische Wirtschaft hat schon jetzt mit all diesen Negativtrends zu kämpfen. Für einen Crash müssten sich die Entwicklungen allerdings weiter verschlimmern.
Die Folgen für China wären verheerend. Die UBS prognostiziert einen Einbruch des Wachstums von knapp sieben auf vier Prozent. Die Ratingagentur Fitch geht von einem Rückgang auf 2,3 Prozent aus. Citibank-Analyst Willem Buiter hält gar eine Rezession - also einen Rückgang der Wirtschaftsleistung - für möglich.
Schon jetzt sieht Buiter Chinas Wachstum bei nur noch vier Prozent, die offiziellen Angaben der chinesischen Statistikbehörde hält er für Bilanzkosmetik. Er ist nicht der Einzige, der das denkt. Viele andere Experten zweifeln ebenfalls an den Zahlen aus Peking .
Videoanalyse zu Chinas Börsenabsturz:
Wenn Chinas Wirtschaft wirklich abstürzt, dann zöge sie viele andere Länder mit in die Tiefe. Die UBS prognostiziert für diesen Fall eine Rezession im Nachbarland Japan; Australien, das China mit Rohstoffen versorgt, würde ebenfalls kaum noch wachsen. Insgesamt würde das Wachstum im asiatischen Raum in den kommenden drei Jahren von durchschnittlich 4,2 auf 1,8 Prozent zurückgehen, schreiben die UBS-Experten. Neben Japan würden vor allem Hongkong, Südkorea, Taiwan und Singapur hart getroffen.
Fitch prognostiziert einen Einbruch des globalen Wachstums von 3,1 auf 1,7 Prozent im Jahr 2017 und heftige Krisen in Ländern wie Chile, Brasilien, Russland, Mexiko und Südafrika. Gleich mehrere Wirtschaftssektoren bekämen obendrein weltweit Probleme. Besonders betroffen: die Öl- und Gasindustrie, Minenbauer, Chemiekonzerne und die Schifffahrt. Kaum betroffen wären dagegen Pharma- und Telekommunikationskonzerne.
Citigroup-Analyst Buiter fürchtet einen Einbruch des globalen Wachstums von vier auf zwei Prozent oder weniger. Chinas Bedeutung für die globale Produktion und den Welthandel seien gewaltig, schreibt er in seiner Analyse. Die Folgen für die Weltwirtschaft seien entsprechend heftig.